Tödliches Lachen
und zuckte einigermaßen zufrieden mit den Schultern. Dann holte sie sich eine Dose Bier aus dem Kühlschrank und nahm auch die Zigaretten mit ins Bad, entkleidete sich und setzte sich in das heiße Wasser, auch wenn sie erst am Vormittag geduscht hatte, doch das war im Schnelldurchgang gewesen, nur um den ekelhaften Geruch vom Tatort abzuwaschen. Und sie wollte sich für Georg ganz besonders schön machen, auch wenn ihre innere Stimme immer lauter wurde. Unangenehm laut. Erschreckend laut.
Durant machte die Dose Bier auf, trank einen Schluck, rauchte eine Zigarette und nahm das Telefon in die Hand. Sie hatte sich seit ihrer Rückkehr aus dem Urlaub erst einmal kurz bei ihrem Vater gemeldet und ihm berichtet, wie schön es war und dass sie gesund angekommen sei. Da standen ihre beiden Koffer noch unausgepackt mitten im Wohnzimmer, und sie war müde von dem langen Flug. Auch wenn Georg ganz tief in die Tasche gegriffen und First Class gebucht hatte, war dieser neunstündige Flug äußerst anstrengend gewesen. Sie hatte eine Menge Fotos gemacht, die sie irgendwann in der nächsten Zeit entwickeln lassen würde.
Georg meinte, es wäre besser, wenn sie sich eine Digitalkamera und einen PC zulegen würde, so könnte sie sich die Entwicklung der Bilder sparen und vor allem selbst aussuchen, welche davon sie behalten wolle und welche nicht. Er riet ihr zu einem Computer, Hellmer und Kullmer taten und auch noch dieser Herr Schreck und dessen Kollege Nestroy.
Sie wählte die Nummer ihres Vaters, der sich nach dem achten oder neunten Läuten meldete, als Julia Durant bereits wieder auflegen wollte.
»Hi, Paps, ich bin’s, dein Töchterlein.«
»Hallo, ich hab gar nicht mit deinem Anruf gerechnet Entschuldige, aber ich bin etwas außer Atem, weil ich Besuch habe. Gibt es etwas Wichtiges?«
»Nein, nein, ich wollte nur mal so hören …«
»Es ist wichtig. Aber es geht jetzt wirklich nicht, ich mache zur Zeit Vertretung für Pfarrer Heinrich … «
»Du machst Vertretung für Heinrich?«, fragte sie ungläubig, war ihr Vater doch schon vor beinahe zehn Jahren in den Ruhestand gegangen. Lediglich im seelsorgerischen Bereich war er noch immer tätig.
»Er hat sich die Gallenblase entfernen lassen. Pass auf, wir telefonieren nachher so gegen neun… «
»Da bin ich mit Georg verabredet. Morgen?«
»Ja. Sag mir nur die Uhrzeit.«
»Wie jetzt?«
»Ich bin auf jeden Fall um sechs zu Hause und werde mir den Termin auch freihalten. Die Predigt für Sonntag hab ich zum Glück schon fertig. Und sollte es ganz dringend sein, du weißt, du kannst mich jederzeit anrufen, auch nachts um drei. Vergiss das nicht. So, und jetzt muss ich wieder in mein Büro. Kopf hoch und mach dir nicht zu viele Gedanken.«
Sie hielt den Hörer in der Hand und starrte ihn verwundert an. Weiß der wieder Sachen, die ich ihm noch gar nicht gesagt habe? Mach dir nicht zu viele Gedanken! Woher weiß er, dass im Moment alles über mir zusammenbricht und ich nicht mehr weiß, wo mir der Kopf steht? Und verdammt, ja, ich mach mir Gedanken, viel zu viele wieder mal. Scheiße, scheiße, scheiße!
Sie trank die Dose leer, blieb noch eine Viertelstunde im Wasser, ging dann hinaus und trocknete sich ab, während das Wasser ablief. Sie verbrachte eine Dreiviertelstunde vor dem Spiegel, bis ein Blick auf die Uhr sie daran erinnerte, dass sie schon in weniger als zwanzig Minuten beim Italiener sein sollte. Und Georg hasste es, wenn man ihn warten ließ. Er legte Wert auf Pünktlichkeit, sie war für ihn eine der Grundtugenden eines ordentlichen und verantwortungsbewussten Menschen. Als sie sich einmal eine halbe Stunde verspätete, weil sie an einem Tatort aufgehalten wurde, war er bereits wieder gegangen und hatte ihr eine SMS geschickt und ihr mitgeteilt, dass er nicht glaube, dass sie noch komme. »Gute Nacht« - war das Letzte, was er geschrieben hatte. Sie hatte versucht ihn telefonisch zu erreichen, was ihr erst nach drei schier endlosen Tagen gelungen war. Aber das war Vergangenheit, es lag über ein Jahr zurück.
Dennoch beeilte sie sich, zog sich die Sachen an, die sie vorhin aufs Bett gelegt hatte - einen dunkelblauen Rock, der knapp oberhalb des Knies endete, eine gelb-blau gemusterte Bluse und einen dazu passenden Blazer. Sie betrachtete sich noch einmal im Spiegel, legte etwas Chanel No. 19 auf, ein Duft, den er besonders an ihr mochte (auch wenn sie ihn spätestens .seit heute nicht mehr so gern riechen mochte, weil sie mit einem Mal eine
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