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Tödliches Rätsel

Tödliches Rätsel

Titel: Tödliches Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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dicke Eichenholztür mit Metallbeschlägen, die verschlossen und verriegelt gewesen war. Wie war der Mörder hinein- und mit dem gestohlenen Silber wieder herausgekommen? Wenn er an der Tür geklopft hatte, so hatte Drayton ihn vielleicht eingelassen, aber wer konnte die Tür hinter ihm verschlossen und verriegelt haben? Und Athelstan dachte an das Haus: Wie hatte der Mörder hinauskommen und dabei jedes Fenster und jede Tür hinter sich schließen können? Athelstan öffnete die Augen wieder und schüttelte den Kopf. Als er auf den Tisch schaute, war sein Käse verschwunden. Der Ordensbruder drohte seinem Kater mit dem Finger.
    »Du sollst nicht begehren deines Nachbarn Käse, Bonaventura.«
    Die kleine, rosige Zunge des Katers schaute hervor. Athelstan dachte als nächstes über die Morde an den Schreibern vom Grünen Wachs nach. Chapler war brutal mit einem Schlag auf den Kopf getötet worden und dann von der London Bridge in die Themse geworfen worden. Aber warum? Wer wollte einen Schreiber umbringen? Aus welchem Grund? Und wer war dieser geheimnisvolle junge Mann, dem Chapler begegnet und der wahrscheinlich für den Mord an Peslep verantwortlich war? Und der Reichtum des letzteren — war das unrecht Gut? Und die Kollegen der beiden? Wieso spürte Athelstan bei ihnen diese Atmosphäre von... Seine Gedanken kamen ins Stocken: Ja, Bosheit war es gewesen, eine Atmosphäre der Gottlosigkeit. Und die Rätsel? Was hatte das zu bedeuten: Ein König besiegte seinen Gegner, aber am Ende lagen Sieger und Besiegter zusammen am selben Ort? Und das zweite Rätsel, das dann auf Pesleps Leiche gelegen hatte?
    Mein erster ist wie aufgeblas’ne Pracht, die vorne knallt und hinten kracht.
    Athelstan schüttelte den Kopf. »Es ist genug, daß ein jeglicher Tag seine eigene Plage habe«, erklärte er.
    Zumindest, gottlob, hatte Cranston ihn nicht ausgefragt. Was der Coroner nicht wußte — und auch sonst niemand in Southwark — , war dies: Der Pater Prior schien sich vorgenommen zu haben, Athelstan in die Hallen von Oxford zu entsenden. Athelstan hatte protestiert und dabei gemerkt, wie sehr er seine kleine, arme Pfarrgemeinde am Südufer der Themse liebte. Außerdem war Cranston sein Freund — trotz der blutrünstigen Morde, die sie immer zusammen aufzuklären hatten.
    Athelstan seufzte; das Brüten würde ihn nicht weiterbringen. Er ließ Bonaventura den Rest des Käses auffressen und kletterte die Stiege zu der kleinen Dachkammer hinauf, in der er schlief. Oben setzte er sich auf das Bett und griff nach dem Buch, das seine Mitbrüder in Blackfriars ihm so freundlich geliehen hatten: die Schriften des Abtes Richard von Wallingford, jenes hervorragenden Gelehrten und Instrumentenbauers, der hundert Jahre zuvor die große Uhr von St. Alban’s gebaut hatte.
    Ich muß einmal hin und sie mir anschauen, dachte Athelstan. Er blätterte in dem Folianten und studierte Wallingfords Zeichnung des Albion, eines ausgeklügelten Astrolabiums, aber er konnte sich nicht darauf konzentrieren; seine Gedanken hüpften umher wie die Flöhe. Draytons Leichnam, eingeschlossen in der Kontorkammer. Peslep, erstochen auf dem Abort. Chaplers Leiche. Die Rätsel — und noch etwas, das er an diesem Tag gesehen oder gehört hatte, das seinem müden Hirn jedoch entfallen war. Er merkte, daß Bonaventura heraufkam und es sich hinter ihm gemütlich machte.
    »Nach der Regel meines Ordens«, murmelte er »muß ein Dominikaner allein schlafen, Bonaventura! Was soll denn der Pater Prior denken?«
    Er schloß die Augen und versank in einem Traum in dem er mit Sir John Cranstons Hilfe eine wunderbare Uhr auf dem Kirchturm von St. Erconwald baute.
     
    Ein paar Stunden später beendeten die Schreiber in der Kanzlei vom Grünen Wachs die Arbeit des Tages. Sie waren still gewesen, dachte Master Lesures. Doch es war nicht das respektvolle Schweigen angesichts des Todes zweier Kollegen, sondern etwas anderes — als hätten sie Angst. Er trat in die Mitte des Schreibzimmers und läutetet seine kleine Handglocke.
    »Das Tagewerk ist getan!« verkündete er. »Es wird also Zeit, daß wir eine kleine Erfrischung zu uns nehmen und unseren Dienst beschließen. Vielleicht trinken wir auf die Erinnerung an unsere toten Kameraden?«
    Die anderen waren einverstanden und rutschten von ihren hohen Schemeln herunter. Ihre Federkiele ließen sie auf ihren Pulten liegen oder sie verstauten sie in den Taschen an ihren Gürteln. Dann standen sie in einer kleinen Gruppe beieinander

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