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Tödliches Rätsel

Tödliches Rätsel

Titel: Tödliches Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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Athelstan.
    »Wo Dame Broadsheet und der Vikar der Hölle sie am wenigsten erwarten.«
    »Ich bin froh, daß wir hergekommen sind«, sagte Athelstan. »Ich möchte ein Wort mit der jungen Clarice reden. Ich glaube nämlich nicht, daß Alcest die ganze Nacht bei ihr war, als Chapler starb.«
    »Eins nach dem anderen«, knurrte Cranston.
    Mindestens eine Viertelstunde standen sie so da. Cranstons Unbehagen wurde immer deutlicher; er trat von einem Fuß auf den anderen, fluchte vor sich hin und klopfte sich auf den Mantel, wo der wunderbare Weinschlauch hätte sitzen müssen. Die Straßen füllten sich. Kaufleute und Wandergesellen erschienen, Händler bauten ihre Stände auf, und Ladenjungen mit schweren Lidern schleppten Ware aus den Lagerräumen. Schuldner aus dem Fleet-Gefängnis, die den Tag aneinandergekettet verbringen mußten, bettelten um eine Kleinigkeit für sich selbst und für die anderen im Schuldnerloch. Zwei Abrahamsmänner tanzten vorbei, bis auf einen Lendenschurz so nackt, wie sie auf die Welt gekommen waren, Gesichter und Körper mit Holzkohlenstaub beschmiert. Sie sangen und tanzten. Einer trug eine Metallschüssel mit brennender Holzkohle auf dem Kopf. Er erzählte jedem, der es hören wollte, er und sein Kamerad seien Gog und Magog, und sie wollten nach Sodom und Gomorrha, um Gottes Urteil zu vollstrecken.
    »Weißt du, wo das ist?« kreischte einer von ihnen Cranston an. »Kennst du, Bruder, die Wege des Herrn?«
    »Ja, geht nur geradewegs die Cheapside hinunter und dann beim Pranger links«, knurrte Cranston. »Und jetzt verpißt euch und laßt mich in Ruhe!«
    Die beiden Abrahamsmänner tanzten davon.
    »Sir John Cranston! Sir John Cranston! Gott segne Euch! Gott segne Euch und alles, was in Eurer Hose steckt!«
    Der Bettler erstarrte, als Cranston eine schinkengroße Pranke hob. »Nicht jetzt, Eichhornkopf! Nicht jetzt!« fauchte er.
    Eichhornkopf fing die Münze, die Cranston ihm zuwarf, geschickt auf und verschwand in einer nahen Pastetenbäckerei. Cranston spähte die Gasse hinunter und straffte sich, als am Haus die Tür aufging. Ein Hofgalan kam herausstolziert, und die Tür fiel hinter ihm ins Schloß. Andere folgten: ein Knecht mit zwei Eimern, eine junge Dame mit herausfordernd wippenden Hüften. Athelstan wollte schon verzweifeln, als die Tür sich plötzlich wieder öffnete. Mit großen Augen verfolgte er das Spektakel, das sich nun entfaltete. Ein altes Wib wollte auf die Straße hinausflüchten. Ein Schwarm von — wie es aussah — Kindern hing an ihren staubigen Röcken und zerrte an ihrem Mantel, und die Alte schleifte sie mit. Plötzlich rutschte sie aus, und die graue Perücke fiel ihr vom Kopf.
    »Das ist der Vikar!« brüllte Cranston. »Flaxwith!«
    Schon hatte der Büttel seinen Hund losgemacht, und Samson stürzte sich wie ein Pfeil mitten in das Pandämonium. Der Vikar der Hölle, dem seine Verkleidung nun nichts mehr nützte, versuchte verzweifelt, sich der Winzlinge zu erwehren, die ihn wie Fliegen umschwärmten. Samson schnappte nach seiner Wade, und der Vikar heulte vor Schmerzen auf. Wieder rutschte er auf einem Schlammklumpen aus und verschwand im Gebrodel der Leiber. Samson, der offenbar annahm, er habe seine Aufgabe erfüllt, nahm sich jetzt die Wade eines Büttels vor, der heranstürzte, um zu helfen. Fenster wurden aufgerissen, und eine Menschenmenge strömte zusammen, während Cranston und Athelstan hinzustürmten. Flaxwith schwang seinen Knüppel. Samson hatte sich vom würzigen Kochdunst aus Dame Broadsheets Küche ins Haus locken lassen und jagte nun drinnen nach saftigeren Happen. Cranston schlug mit der flachen Seite seiner Klinge um sich, bis die Ordnung wiederhergestellt war. Der Vikar der Hölle, der in seinem zerrissenen Kleid und mit seinem mit Kreide geweißten Gesicht ziemlich lächerlich aussah, wurde gefesselt von zwei Bütteln in die Mitte genommen. Hin und wieder ließ ihn die von Samson zerbissene Wade vor Schmerzen zusammenzucken, oder er funkelte die Winzlinge wütend an.
    »Wir haben ihn!« krähte einer der kleinen Männer, sprang auf und ab, und sein runzliges Gesicht strahlte vor Freude. »Sir John, wir haben ihn erwischt, wie er sich runterschleichen wollte. Hab gesehen, wie er das Mädchen küßt. Noch nie hab ich gesehen, daß ’ne Beldame so küßt!«
    Cranston kümmerte sich nicht weiter um den Vikar der Hölle. Er beglückwünschte die Winzlinge, die wie Kinder umhertanzten und die Münzen umklammerten, die er in die

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