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Tödliches Vermächtnis - Lethal Legacy

Titel: Tödliches Vermächtnis - Lethal Legacy Kostenlos Bücher Online Lesen
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errichten - heute ist dort die Frick Collection untergebracht. Lenox holte die erste Gutenberg-Bibel nach Amerika, außerdem verdanken wir ihm das signierte Originalmanuskript von George Washingtons Abschiedsrede und die umfangreichste Sammlung von Erstausgaben der Werke Bunyans und Miltons.«
    Jill Gibson lebte förmlich auf, und ihre Augen strahlten vor Begeisterung über all diese Schätze.

    »Und was hat die Astors und die Lenoxes zusammengebracht?«, fragte ich.
    »Das war Samuel Tilden, gegen Ende seines Lebens. Er war Junggeselle und wollte sein riesiges Vermögen dem Gemeinwohl zugutekommen lassen.«
    »Ein Vollblutpolitiker bis zum Schluss«, sagte Battaglia. »Tilden verlor die Präsidentschaftswahl gegen Rutherford Hayes, aber er war einer der besten Gouverneure, die der Bundesstaat New York je hatte.«
    »Tilden war auch Anführer einer Bürgerbewegung, die dagegen protestierte, dass es in New York keine öffentliche Bibliothek und keinen Lesesaal zur kostenfreien Nutzung gab. Also gründete er eine Stiftung, um der Stadt nach seinem Tod eine Bibliothek zu vermachen. Sein Plan war, die bereits existierenden Privatsammlungen zusammenzulegen und sie mit zusätzlichen Mitteln auszustatten. Die Tilden-Stiftung und die Bibliotheken von Astor und Lenox schlossen sich im Jahr 1895 zu dieser neuen Kultureinrichtung zusammen - der New York Public Library .«
    »Öffentlich?«, fragte Battaglia.
    Jill Gibson lächelte. »Öffentlich zugänglich, aber eine private, gemeinnützige Körperschaft unter der Leitung eines sich selbst ergänzenden Kuratoriums.«
    »Ein verschwiegener, unbeugsamer Haufen, wenn du mich fragst.«
    »Da hast du recht, Paul. Bis heute liegt alle Macht allein bei diesem Gremium.«
    »Und das Gebäude selbst?«, fragte ich.
    »Das Kuratorium forderte die Stadt auf, einen Standort zur Verfügung zu stellen und für den Unterhalt des Gebäudes und des Grundstücks aufzukommen - der Anfang dieser frühen öffentlich-privaten Partnerschaft. Die Stadt entschied sich für den Reservoir Square - ein
riesiges, düsteres, stillgelegtes Areal mit dem Croton-Wasserspeicher, damals eine zentrale Kreuzung in Manhattan zwischen der Fifth Avenue und Bryant Park.«
    »Ach ja, natürlich. Der Speicher wurde abgerissen, um die Bibliothek zu bauen«, sagte ich und dachte dabei an das riesige, vor langer Zeit erbaute unterirdische Wasserversorgungssystem der Stadt.
    »Im Keller der Bibliothek kann man noch das Fundament des Wasserspeichers sehen«, sagte Gibson. »Die Bibliothek wurde sechzehn Jahre nach Gründung der Stiftung, im Jahr 1911, eingeweiht und als großartigster Bildungstempel ihrer Zeit gefeiert. Die Baukosten beliefen sich auf neun Millionen Dollar - nach heutigen Maßstäben wären das knapp zweihundert Millionen Dollar.«
    »Was ist mit den Hunts?«, fragte ich. »War deren Sammlung Teil der ursprünglichen Schenkung?«
    »Jasper Hunt II. hatte es nicht so eilig, bei der Sache mitzumachen. Ihm behagte es nicht, die wertvollen Bücher seines Vaters herzugeben - und auch die nicht, die er selbst erworben hatte. Und weil er zögerte, wollten ihn die ursprünglichen Kuratoriumsmitglieder nicht dabeihaben.«
    »Wer waren sie?«, fragte Battaglia.
    »Einundzwanzig reiche weiße Männer, die ihre besten Jahre schon hinter sich hatten. Diese Beschreibung dürfte am ehesten zutreffen, Paul. Was die soziale Stellung, das Geschlecht und den ökonomischen Status anging, wurde ganz bewusst im Hinblick auf die harmonische Zusammenarbeit eine homogene Zusammensetzung der Gruppe angestrebt«, sagte Gibson. »Die Kuratoriumsmitglieder entstammten den Familien Schuyler und Cadwalader, Bigelow und Butler. Jasper Hunt hatte das Geld, aber nicht die Klasse.«

    »Weil er exzentrisch war?«, fragte ich.
    Jill Gibson lachte. »Aus seinem Nachlass geht hervor, dass seine Exzentrik eher Teil seines Charmes war. Aber für dieses Gremium gehörten die Hunts praktisch zu den Outlaws.«
    »Trotz der Geschäftsverbindung zu den Astors?«
    »Jasper Hunt I. hatte als John Jacob Astors Stallbursche angefangen. Kennen Sie das berühmte Astor-Zitat in Bezug auf Immobilien?«
    »Nein.«
    »›Könnte ich mein Leben noch einmal von vorn beginnen, würde ich jeden Quadratzentimeter von Manhattan aufkaufen‹«, sagte Jill. »Diesem Ziel kam er ziemlich nahe. Astor fand Gefallen an dem jungen Hunt und übernahm ihn noch vor dessen zwanzigstem Lebensjahr in seine Immobilienfirma. Er finanzierte seine ersten Ankäufe und führte ihn an

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