Tödliches Vermächtnis - Lethal Legacy
Höflichkeiten ausgetauscht, und ich wusste, dass sie einen guten Ruf hatte.« Herrick stellte seine Teetasse auf den Kaminsims. »Es schien die perfekte Gelegenheit für uns beide zu sein - ich mit meiner Sammlung und sie mit ihren Fähigkeiten.«
»Hatte sie nicht bereits für jemanden gearbeitet?«
»Ja, für Jasper Hunt. Sie wurde eingestellt, um für den Alten einige Projekte zu machen.«
»Er hat sie nicht selbst eingestellt?«
»Jasper? Der ist doch mittlerweile völlig plemplem, Detective. Zumindest habe ich das gehört. Wahrscheinlich war es eins seiner Kinder, das sich die väterlichen Schätze unter den Nagel reißen will.« Herrick nahm einen Schluck Tee. »Sie haben doch bestimmt schon mit ihnen gesprochen?«
»Sagen Sie mir, was Sie wissen«, sagte Mike.
»Talbot ist ein Büchermensch. Ein Sammler. Sein Vater hat ihn immer bevorzugt, weil Tally das gleiche Gespür, die gleiche Wertschätzung für Bücher hat, wie er selbst - schon von klein auf. Er dürfte jetzt an die fünfzig sein, ein bisschen jünger als ich. Er kümmert sich vor allem um die Immobiliendynastie der Familie, um sie weiterzuentwickeln und an seine Kinder weiterzugeben.«
»Vater und Sohn kommen also gut miteinander aus?«
Alger Herrick strich mit dem Finger über den Kaminsims. »Andere, die Jasper näherstehen, können Ihnen darüber sicher mehr sagen als ich.«
»Aber Sie kennen die Gerüchte. Sie müssen sich etwas dabei gedacht haben, als Sie Tina Barr abgeworben haben.«
»Nur das übliche Gerede in der Bibliothek«, sagte Herrick. »Dass Tally langsam ungeduldig wird und hofft, der Familie einen Teil des väterlichen Vermögens zu erhalten. Dass er sicherstellen will, dass nicht alles weggegeben wird. Gerüchte in der Art.«
»Auch nicht an die Bibliothek?«, fragte Mike. »Obwohl er selbst im Kuratorium sitzt?«
»Ich habe den Eindruck, dass Tally an diesem Punkt seines Lebens die Kontrolle über etwas Substanzielles anstrebt. Etwas Eigenes. Bei einem Mann wie ihm stellt sich in dem Alter das Gefühl ein, dass ihm etwas zusteht. Sein Großvater war so exzentrisch, dass niemand recht weiß, was von dem Vermögen noch übrig ist. Ein Großteil des Geldes ist bereits weg, und Jasper selbst hat immer wieder mit einer Testamentsänderung gedroht. Aber wie gesagt, das sind alles nur Gerüchte.«
»Und Minerva?«
Alger Herrick hob seine Teetasse. »Wenn wir über diese Schlange sprechen wollen, brauche ich etwas Stärkeres, Detective. Mir wird schon schlecht, wenn ich nur ihren Namen höre.«
»Warum denn das?«
»Die scheint Sie zu faszinieren, Ms Cooper.« Herrick ertappte mich, als ich meinen Blick auf eine wunderschön gezeichnete, mit goldenen Windrosen geschmückte Landkarte der europäischen Küstenlinie richtete. »Sehen Sie ruhig genauer hin.«
Mike zog Herricks Aufmerksamkeit wieder auf das Thema zurück. »Warum mögen Sie Minerva Hunt nicht?«
»Weil sie ein Leichtgewicht ist, Mr Chapman. Eine absolute Null. Minerva hat zeit ihres Lebens alles auf dem silbernen Tablett serviert bekommen, und sie
weiß bis heute nicht, was sie damit anstellen soll. Für die Geschäfte der Familie hat sie sich noch nie interessiert, es sei denn dafür, was für sie dabei herauskommt. Da die Leidenschaft für Bücher Tallys Sache war, kam sie für sie nicht mehr infrage. Aber auch als Mensch hat sie Jasper sehr enttäuscht, wie ich weiß«, sagte Herrick. »Das hat er mir vor Jahren anvertraut.«
»Wie lange kennen Sie Jasper Hunt schon?«
»Ach du liebe Güte. Vermutlich mein halbes Leben. Die Sammlerwelt ist klein. Nur sehr wenige Menschen haben die Mittel, sich auf diesem Markt zu tummeln. Jasper hatte früher eine Wohnung in London, da wo ich ein Haus besitze. Er war immer dort, bei den großen Verkäufen und Auktionen. Ich habe viel von ihm gelernt, seit der Zeit, als ich nur ein eifriger junger Mann war. Jasper Hunt hatte ein brillantes Auge.«
»Wann haben Sie Tally und Minerva kennengelernt?«, fragte Mike.
»Ich glaube, da studierten die beiden noch. Tally in Oxford, wo auch sein Vater ein Studienjahr absolviert hatte. Der Alte wollte mich mit Minerva verkuppeln.« Herrick schüttelte bei der Erinnerung den Kopf. »Er stellte mich an einem Wochenende vor. Sie hatte gerade ihr Studium am Bryn Mawr College aufgenommen.«
»Sie waren mal ein Paar?«, fragte Mike.
»Um Himmels willen, nein. Ich war bereits verlobt. Sie kennen Minerva, oder?«
»Flüchtig.«
»Sie ist knallhart. Ich weiß nicht, wie Sie es
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