Tödliches Vermächtnis - Lethal Legacy
Tina Barr umringten und mit hochgehaltenen Tüchern abschirmten.
»So hat man sie gefunden?«
»Ja, ihre Leiche war in eine Plane gewickelt, genau wie die Sachen, die hier zum Abtransport aufgeladen wurden.«
»Wurde sie -«
»Sie ist vollständig bekleidet. Es sieht nicht nach einer Vergewaltigung aus, Alex.«
Die Gerichtsmedizinerin, eine füllige, kleine dunkelhäutige Frau, kam unter den Tüchern hervor, hinter denen sie die Leiche einigermaßen ungestört untersucht hatte. Mercer und ich gingen zu ihr.
»Detective Wallace, Ms Cooper.« Die Ärztin zog ihre Handschuhe aus und reichte sie ihrem Assistenten. »Die Rahmenbedingungen sind nicht optimal, aber wenn Sie mir in mein Behelfsbüro folgen möchten, können Sie sich die junge Frau selbst ansehen.«
Mike kniete neben der Leiche und betrachtete Tina Barrs Gesicht. Er bewegte sich nicht, als ich mit Mercer das provisorische Leichenhaus betrat.
»Wie Sie sehen, Ms Cooper, hat ihr der Mörder die Kehle aufgeschlitzt.«
Dr. Assif leierte ihre vorläufigen Befunde mit monotoner Stimme herunter. Der Detective, der hinter Tinas Kopf stand, hielt seine Taschenlampe auf die Leiche gerichtet, während sie sprach.
»Er hat sie regelrecht abgeschlachtet«, sagte Mike, ohne aufzublicken. »Mercer, kannst du Hal Sherman sagen, dass ich noch mehr Fotos brauche?«
Das Gesicht der Frau, mit der ich noch vor einigen Tagen gesprochen hatte, war kaum zu erkennen. Ein langer Schnitt verlief in einer klaffenden Wunde quer über den Hals und hatte die Muskelstränge unter der Haut freigelegt. Die Augen starrten ausdruckslos in den Nachthimmel, und der Mund stand weit offen.
»Er arbeitet gerade an der Plane. Die Spurensicherung überlegt noch, wie man das Ding ins Labor schaffen kann, ohne Spuren zu zerstören«, sagte Mercer. »Er ist gleich wieder hier.«
Barrs Leiche lag auf einem sauberen Laken der Gerichtsmedizin.
»Sie muss literweise Blut verloren haben«, sagte ich. Ihr kurzärmeliger Pullover mit V-Ausschnitt war mit dunklen Flecken übersät.
»Die Klamotten sehen schrecklich aus«, sagte Mike. »Aber an der Plane ist nichts.«
»Wahrscheinlich weil sie schon zirka einen Tag tot war, als sie in die Plane gewickelt wurde«, sagte Dr. Assif.
»Irgendwelche Kampfspuren?«, fragte ich.
»Ich werde mehr wissen, wenn wir sie ausgezogen haben«, sagte die Medizinerin. »Aber momentan sieht es nicht danach aus. Keine Druckstellen an den Armen oder am Oberkörper. Keine Abwehrverletzungen. Wir ziehen ihr vor dem Transport noch Tüten über die Hände, aber ich sehe auch keine abgebrochenen Fingernägel.«
»Wie ist das möglich?«
»Lassen Sie mich erst einmal die Wundränder und das Wundmuster am Hals untersuchen, Ms Cooper. Dann kann ich genauer sagen, ob sie von hinten angegriffen wurde und was für eine Art Waffe Sie suchen müssen.«
»Geben Sie mir Bescheid, falls es eine kleine, scharfe Klinge ist, ein Schablonenmesser beispielsweise«, sagte Mike.
Ich dachte daran, wie Alger Herrick die große Seite aus dem alten Buch getrennt hatte.
»Sollte man nicht denken, dass sie Zeit hatte, sich gegen den Angreifer zu wehren oder zumindest zu schreien?«
»Sie gehen davon aus, dass Ihr Opfer langsam verblutet ist«, sagte Assif. »Anhand der Röntgenbilder
werde ich vielleicht sagen können, ob die Verletzung eine tödliche Embolie ausgelöst hat.«
Mike stand auf. »Gut möglich, Doc.«
»Wenn eine der großen Halsvenen durchtrennt wird«, erklärte die Gerichtsmedizinerin, »gelangt wegen des entstehenden Unterdrucks Luft in die Gefäße. Diese Luft vermischt sich mit Blut, es bilden sich Luftblasen, und es kommt zu einem Gefäßverschluss in einer der Herzkammern.«
»Das heißt, Tina konnte vielleicht noch ein, zwei Atemzüge machen, bevor die Embolie einen Kollaps herbeiführte«, sagte Mike.
Ich hörte den beiden zu, ohne den Blick von dem grauenhaften Bild ihres entstellten, verzerrten Gesichts abwenden zu können.
»Die Leiche ist sehr gut erhalten«, sagte Assif. »Sie muss an einem kühlen, geschützten Ort gewesen sein. Keine kleinen Tiere, nicht einmal Insekten.«
Hal Sherman, ein altgedienter Spurensucher, steckte seinen Kopf durch einen Spalt zwischen zwei Laken. »Ich dachte, ich hätte dir schon alles gegeben, was du brauchst, Chapman. Hallo, Alex - ziemlich fieser Schnitt, hm?«
»Mach ein paar Kopfaufnahmen von oben, okay?«, sagte Mike. »Ich will auch noch ihre Taschen durchsehen, also bleib noch hier.«
Hal beugte sich mit seiner
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