Tödliches Vermächtnis - Lethal Legacy
Blitzlichtkamera über Tina Barr, während Dr. Assif beiseitetrat.
»Haben die im Büro schon den Wetterdienst angerufen, Mercer?«, fragte Mike. »Wann geht die Sonne auf?«
»Sechs Uhr dreizehn.«
»Dann sag dem Lieutenant, dass wir um sechs Uhr elf an die sechzig, vielleicht auch achtzig Uniformierte
brauchen, um alles systematisch abzusuchen«, sagte Mike. »Und es ist mir egal, wo der Polizeipräsident die Leute hernimmt. Sie müssen alles in Augenschein nehmen, was hier weggeschafft wird, und mit jedem reden, der beim Auf- und Abbau geholfen hat. Außerdem müssen sie im Gras nach einem Messer oder einer Klinge suchen - nach etwas Scharfem, das als Tatwaffe infrage kommt. Wahrscheinlich ist es komplette Zeitverschwendung, aber es muss sein.«
»Du denkst, dass Tina bereits vor dem Spiel hier abgeladen wurde?«, fragte ich.
»Schwer zu sagen. Die Außenseite der Plane sieht schlimm aus. Über und über mit Fußabdrücken bedeckt. Vielleicht ist sie hier abgeladen worden, während die Arbeiter mit dem Ausladen beschäftigt waren. Im Park muss es von Menschen nur so gewimmelt haben, als die Vorbereitungen für das Spiel getroffen wurden.«
Mike schob Tina Barrs Pullover hoch und griff mit seiner behandschuhten Hand in ihre rechte Hosentasche. Nichts.
Ich ging neben ihm in die Hocke.
»Große Güte, Coop. Was hast du denn gemacht? Hast du eine Knoblauchzehe in dein Chanelfläschchen getan?«
Ich hielt mir die Hand vor den Mund. »’tschuldige.«
»Gibt es etwas, von dem ich nichts weiß? Wirst du von einem Vampir verfolgt? Wenigstens hattest du mit Joanie Zeit für ein gutes Essen.« Mike griff über Tinas Leiche hinweg in die andere Hosentasche. »Hier ist etwas.«
Er setzte sich auf die Fersen und hielt ein kleines laminiertes Schild an einer langen Kette hoch. »Ihr Bibliotheksausweis«, sagte Mike. »Wahrscheinlich ist sie
vor lauter Sehnsucht gestorben, weil sie wieder in die Bibliothek reinwollte, um ein Buch zu holen.«
Ich stand auf und wandte mich ab. Es war sinnlos. Ich konnte Mike nicht ändern und ihm seinen makabren Humor austreiben, mit dem er die Schattenseiten seiner Arbeit kompensierte.
»Oder weil sie rauswollte«, sagte ich.
Er sah mich zum ersten Mal seit meiner Ankunft an. »Kein schlechter Gedanke. Er hätte sie nicht weit schleppen müssen, aber wo wäre sie in der Bibliothek gewesen, dass niemand was davon mitbekommen hat? Da sind doch Leute, die recherchieren und für ihr Studium arbeiten. Ich für meinen Teil glaube an einen symbolischen Akt. Jemand will uns etwas mitteilen, indem er sie direkt hinter der Bibliothek ablädt.«
Hal fotografierte den Ausweis von allen Seiten, bevor ihn Mike in eine Papiertüte fürs Labor steckte. Dann griff er erneut in Barrs Hosentasche und zog einen zusammengefalteten Zettel heraus.
»He, Coop. Ist das nicht ein Bestellschein?«
Er hielt mir das kleine Papierrechteck so hin, dass ich es sehen konnte. »Ja«, sagte ich. »Es steht Tinas Name drauf und das Datum vom Dienstag.«
Mike hob die Ecke an; das Blatt war noch mit einem rosa und einem gelben Zettel verbunden. »Hier sind immer noch die zwei Durchschläge. Sieht so aus, als hätte sie ihn nicht abgegeben.«
»Welches Buch wollte sie haben?«
» Alice im Wunderland , eine Ausgabe von 1866. Mercer, hast du eine Tüte dafür?«, fragte Mike. »Vielleicht wurde ihr klar, dass sich hinter ihrer Vermieterin, Minerva Hunt, in Wirklichkeit der verrückte Hutmacher verbirgt.«
»Einen Augenblick, Mike«, sagte Hal Sherman. »Auf der Rückseite ist etwas geschrieben.«
Er fotografierte die Vorderseite des Zettels, dann drehte Mike ihn um.
»Was steht da?«, fragte ich.
Hal beugte sich vor und las: »›Was Menschen Böses tun …‹«
»Ist das alles?«, sagte Mike.
»Warum? Hast du mehr erwartet?«
»›Was Menschen Böses tun, das überlebt sie.‹« Mike nahm den Zettel, nachdem Hal auch von der Rückseite ein Foto gemacht hatte, und stand auf. »Wie geht’s weiter, Coop?«
»›Das Gute wird mit ihnen oft begraben.‹«
Mike zwinkerte Hal zu. » Julius Caesar , Detective Sherman.«
»Ein wahrer Dichter, Mikey«, sagte Hal und trat zur Seite. »Ich bin beeindruckt.«
»Coop kennt ihren Shakespeare. Ich kenne meine römischen Generäle.«
Einer von den Cops, die die Laken hielten, gab Mike zu verstehen, dass man Tina Barr für den Transport in einem Leichensack verladen wollte.
Wir standen einen Augenblick schweigend da und verabschiedeten uns von der Ermordeten, jeder auf
Weitere Kostenlose Bücher