Tödliches Vermächtnis - Lethal Legacy
auch sonst von jedem Ort der Welt.«
»Also könnte Tina, oder jemand, mit dem sie zusammengearbeitet hat, von ihrem eigenen Computer zu Hause nachgesehen haben, ob ein bestimmtes Buch verfügbar ist?«
»Ohne weiteres.«
»Könnten Sie uns zeigen, wie das geht?«
Jill schien keine Eile zu haben, Mikes Bitte nachzukommen. Sie blickte auf ihre Uhr, aber so früh war noch nicht mit Angestellten zu rechnen.
»Kommen Sie. Ich möchte sehen, wie es funktioniert.«
Jill ging hinter die Theke und loggte sich in einen Computer ein. Wir beobachteten, was sie in die Suchmaske eingab. Mike trat hinter sie und blickte ihr über die Schulter.
»Wir haben einige frühe Ausgaben in der zentralen Kinderbuchabteilung, aber diese Sammlung befindet sich nicht mehr hier im Haus. Tina wusste das. Sie hätte den Bestellschein dafür nicht hier abgegeben.« Jill fuhr mit dem Finger über den Bildschirm. »Mal sehen, wir haben eine Ausgabe in der Abteilung für Sondersammlungen. Eine Ausgabe von 1866 in Arents.«
»Was ist Arents?«
»George Arents war zu Beginn des 20. Jahrhunderts einer der Geschäftsführer von P. Lorillard. Sie wissen schon, eine der großen Tabakfirmen. Er hat uns 1944 seine Bibliothek vermacht - sie wird als Tabaksammlung bezeichnet, weil sie ausschließlich Bücher und Objekte enthält, die sich auf dieses Thema beziehen.«
»Was hat Alice im Wunderland damit zu tun?«, fragte Mike.
»Die Raupe mit der Wasserpfeife«, sagte ich. »Die auf dem Pilz sitzt und Opium raucht.«
»Genau. Dann gibt es noch eine Ausgabe von 1866 in der Berg-Sammlung«, sagte Jill. »Ein ziemlich seltenes und sehr wertvolles Stück. Das Exemplar, das der Autor Alice Liddell geschenkt hat, mit einer persönlichen Widmung. Die erste autorisierte Ausgabe, in einem Einband aus blauem Saffianleder. Wenn Sie wollen, können Sie es sich ansehen.«
»Alice Liddells Vater war Dekan des Christ Church College in Oxford«, erklärte ich Mike und Mercer. »Charles Dodgson - er schrieb unter dem Pseudonym Lewis Carroll - war Mathematiktutor am College und mit den Liddells befreundet. Er hatte seine Geschichten von dem Mädchen, das in ein Kaninchenloch fällt, erst Alice erzählt, die ihn vermutlich dazu inspirierte, und das Buch erst später veröffentlicht.«
Jill Gibson überflog den Katalog. »Das ist alles, was ich für 1866 finden kann.«
»Was ist mit der Hunt-Sammlung?«, fragte Mercer und stützte die Ellbogen auf den Tisch.
»Mal sehen«, sagte sie und scrollte nach unten. »Es gibt eine Ausgabe von 1865, die aber nicht autorisiert ist. Der Autor und der Illustrator waren mit der Qualität der Abbildungen unzufrieden. Und dort sind auch Briefe von Carroll und einige seiner Originalaufnahmen von Alice. Vielleicht wissen Sie es nicht, aber Carrolls Hobby war die Fotografie.«
»Ich habe einen Teil der Bilder gesehen - wie die zehnjährige Alice halbnackt für ihn posierte«, sagte ich. »Das hat vermutlich die Spekulationen über Lewis Carrolls mutmaßliche Pädophilie ausgelöst.«
»Die Wahrheit werden wir wohl nie erfahren«, sagte Jill.
»Coop wäre der Sache auf den Grund gegangen. Sie hätte dem alten Knaben was in die Wasserpfeife gestopft, um seinen Sexualtrieb auszuschalten, und ihn hinter schwedische Gardinen geschickt.« Mike schob die Kopie des Bestellzettels vor die Tastatur. »Hören Sie, Jill, irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass Sie diese Schrift schon mal gesehen haben.«
Ihr Blick blieb auf den Bildschirm geheftet. »Das habe ich nicht gesagt. Vielleicht war ich zu schnell. Es ist gut möglich, dass Tina das selbst geschrieben hat. Ich hätte keine voreiligen Schlüsse ziehen sollen. Hier ist noch das Originalexemplar von Lewis Carrolls Tagebuchaufzeichnungen für den Zeitraum, in dem er an dem Buch arbeitete. Das befindet sich ebenfalls in der Hunt-Sammlung.«
»Pat McKinney hält Tina für eine Fälscherin, Jill. Sie auch?«
»Sie war eine Künstlerin, Detective. Sie war sehr gut in ihrem Fach.«
»Sehen Sie sich den Zettel bitte noch einmal an, Jill. Warum sträuben Sie sich?«
Sie verschränkte die Hände auf dem Tisch und schaute auf die Kopie.
»Gerade noch waren Sie sich absolut sicher, dass Tina Barr das hier nicht geschrieben hat. Vielleicht weil sie die Schrift erkannt haben?« Mike stand jetzt so nah bei ihr, als hätte er sie auf der Stelle festgenagelt, um sie zu einer Antwort zu nötigen. »Sie zitterten wie Espenlaub, als ich Ihnen vor der Bibliothek dieses Blatt hier gezeigt
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