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Tödliches Vermächtnis - Lethal Legacy

Titel: Tödliches Vermächtnis - Lethal Legacy Kostenlos Bücher Online Lesen
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luftigsten Teil der Bibliothek zu verlegen. Die Idee ist heute noch gut. Haben Sie während Ihres Studiums auch hier gearbeitet, Alex?«
    »Im Lesesaal? Ja.«
    »Bei der letzten Restaurierung wurde der Originalzustand vollständig wiederhergestellt. Sie werden ihn kaum wiedererkennen«, sagte Jill und blieb auf dem Treppenabsatz stehen.
    Jurij nahm einen Schlüssel von dem Schlüsselbund an seinem Gurt. Während er die schweren Holztüren aufschloss, blickte ich hinauf zu dem Gewölbe
in der Rotunde, das mit einem wunderschönen Deckengemälde geschmückt war: Prometheus, der den Menschen das Feuer brachte.
    Jurij ließ uns den Vortritt. Mike und Mercer gingen voran, und beide schienen von der Schönheit und der Größe des Rose Reading Room überwältigt zu sein.
    »Gehen Sie nur weiter«, sagte Jill. »Der Saal ist zirka zweitausend Quadratmeter groß und bietet siebenhundert Leseplätze. Er ist einer der größten nicht unterteilten Räume der Stadt, mit einer Länge von gut hundert Metern. Für mich ist er das Herzstück der Bibliothek.«
    Von einem Ende zum anderen reihten sich die Tische, die jeweils durch Gänge voneinander getrennt waren. Alle Tische waren mit Leseleuchten und Steckdosen für die Laptops ausgestattet.
    »Hier drinnen leuchtet es jetzt ja richtig«, sagte ich. Durch die großen, mehrfach unterteilten Fenster zu beiden Seiten flutete das Morgenlicht herein.
    »Stellen Sie sich nur vor«, sagte Jill. »Im Zweiten Weltkrieg hatte man die Scheiben geschwärzt, und bis vor ein paar Jahren, als die letzte Restaurierung stattfand, war es hier drinnen ganz dunkel.«
    Ich überquerte den Parkettboden, auf der Suche nach dem Tisch, an dem ich vor über fünfzehn Jahren Tag für Tag an meiner Abschlussarbeit gesessen hatte. Ich warf einen Blick zur Decke - vielleicht die schönste der Stadt -, um meinen Bezugspunkt zwischen den Kronleuchtern wiederzufinden, eine vergoldete Putte, deren einst matte Flügel wieder in altem Glanz erstrahlten. Sie war, so wie in meiner Erinnerung, umrahmt von mit Engeln und Satyrn geschmückten Kassetten und leuchtenden Malereien
von weißen Kumuluswolken am blauen Himmel im Stil der Alten Meister.
    Ich setzte mich in einen Stuhl und legte den Kopf in den Nacken, um die Deckengemälde mitsamt ihren wieder auf Hochglanz gebrachten Details zu betrachten.
    »Mach’s dir nicht allzu bequem, Coop«, sagte Mike. »Wie ist das Prozedere, Jill? Sagen wir, Tina wollte dieses Buch, diese spezielle Ausgabe von Alice im Wunderland , bestellen. Was hätte sie tun müssen?«
    Jill ging in die Mitte des langen Raums, der durch den Bibliothekskatalog untergliedert war.
    »Sie wäre hierhergegangen, wie sie es so oft getan hat«, sagte Jill und legte ihre Hand auf den Tresen. »Tina - oder jeder andere Benutzer - reicht einem Bibliotheksmitarbeiter den Bestellschein und bekommt eine Nummer ausgehändigt. Der oder die Angestellte wird dann das Buch in einer der Sammlungen oder im Magazin ausfindig machen und es per Rohrpost anfordern.«
    »Rohrpost?«, fragte Mike. »Ich dachte, die wäre mit den Planwagen ausgemustert worden.«
    »Im Bibliothekswesen sind alte Systeme sehr langlebig. Wir versuchen gerade, ein zeitgemäßes - das heißt elektronisches - Verfahren einzuführen, aber das wird noch Jahre dauern.«
    »Hätte sie ein Referenzschreiben gebraucht?«
    »Tina ist hier gut bekannt, Detective. Als Neuling brauchen Sie eine Empfehlung, aber wenn wir jemanden kennen, ist das nicht nötig. Ihre Empfehlungsschreiben befinden sich ja noch in den Akten.«
    »Das macht einen Insider-Job noch leichter«, sagte Mike. »Die Angestellten gewöhnen sich an die Leute, die sie regelmäßig hier sehen.«

    »Das stimmt.«
    Mike holte die Papiere wieder aus der Tasche und strich sie auf dem Tresen glatt.
    »Woher weiß der oder die Angestellte, um welche Ausgabe von Alice im Wunderland es sich handelt?«
    Jill lehnte sich mit dem Rücken an die Holztrennwand und wendete sich an uns alle. »Man hätte Tina gebeten, die Suchkriterien einzuschränken. Dann hätte man im Zettelkatalog nach den verschiedenen Ausgaben geforscht.«
    »Dann nichts wie los«, sagte Mike. »Wo ist der Katalog?«
    »Nicht mehr in kleinen Holzkästen, falls Sie das denken, Detective. Diese Bände da an der Wand - achthundert Stück - sind Kopien des ursprünglichen Katalogs. Der Rest ist heute online. Das Programm heißt CATNYP - Catalog of the New York Public Library . Er ist selbstverständlich von hier aus zugänglich, aber

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