Toedliches Versprechen
ihren Spind, schob ihre Handtasche in das oberste Fach und tauschte Jeans und T-Shirt gegen die Krankenhauskluft. Automatisch griff sie nach ihrem Stethoskop, das sie in die Tasche ihres Kittels schob und dann nach ihrer Kaffeetasse. Die nicht an ihrem Platz stand.
Hannah sah genauer hin. Sie nahm ihre Handtasche wieder aus dem Schrank, um dahinter nachzusehen. Nichts. Sorgfältig durchsuchte sie den Schrank. Ihre Tasse war weg.
Das bedeutete wohl, dass sie sie in der Kaffeeküche stehen lassen hatte. Sie schloss ihren Spind ab und suchte in der kleinen Küche weiter. Doch sie fand ihre Tasse nicht.
Ihre gute Laune ließ nach. Offensichtlich hatte sie vergessen, die Tasse in den Spind zu räumen und einer ihrer Kollegen hatte sie runtergeworfen und war zu feige, es zuzugeben. Das machte sie sauer. Sie hatte die Tasse von einem kleinen Mädchen bekommen, dessen gebrochenen Arm sie gegipst hatte. Die Kleine hatte den Becher bemalt und mit krakliger Schrift Dr. Hannah draufgeschrieben. Sie liebte diese Tasse.
Entnervt schenkte sie ihren Kaffee in einen der weißen Klinikbecher und setzte sich an den PC, um ihren Terminplan aufzurufen. Auf dem Monitor ploppte eine Erinnerung auf. Anastasia Jankowskys Behandlung lag zwei Wochen zurück. Hannah erinnerte sich an das Mädchen, das mit dem Fahrrad gestürzt war und dessen Stirnplatzwunde sie genäht hatte. In Fällen wie diesem überprüfte sie zwei Wochen nach der Behandlung, ob die Patientin noch einmal in die Klinik zurückgekehrt war, um die Fäden ziehen zu lassen. Und ob alles okay gewesen war. Der Computer verweigerte ihr den Zugriff auf die Akte. »Was soll das denn jetzt?«, murmelte sie und gab noch einmal ihr Passwort ein. Der Zugang zu den Unterlagen war gesperrt. Verdammt. Jetzt verschwor sich sogar ihr PC gegen sie.
Bevor sie sich weiter ärgern konnte, ging ihr Piepser los. Motorradunfall, zwei Verletzte. Sie sprang auf. Ehe sie den Fahrstuhl erreichte, der sie in die Notaufnahme brachte, hatte sie ihre Tasse und den PC vergessen.
10.
A m Dienstagabend machten sich Josh und Dominic die zweite Nacht in Folge auf den Weg zu dem exklusiven Gebäude, in dem James Callen das Penthouse bewohnte.
Callen wurde seit Monaten rund um die Uhr überwacht. Sie lösten die Kollegen vom Dezernat für organisierte Kriminalität für die Nacht ab, um herauszufinden, was Callen trieb. Wenn er seine Finger bei den Morden an Jessica Monroe und Peter Swanson im Spiel hatte, würden sie es herausbekommen.
Dominics Handy klingelte. Ein Blick auf das Display zauberte ein Lächeln in sein Gesicht. »Hey, Baby.« Er hörte ein paar Sekunden zu, bevor er mit den Augen rollte. »Ja sicher. Bis gleich.« Er legte auf und warf Josh einen Seitenblick zu. »Sag jetzt nichts, okay? Halt am nächsten Supermarkt.«
Josh verkniff sich einen Kommentar. Er parkte vor einem Dairy Queen und wartete, bis sein Partner zwei Sorten Eis und ein paar Flaschen Kräuterlimonade gekauft hatte. Dann fuhr er nach Somerville. Elena saß – der Inbegriff der schwangeren Schönheit – in einem Schaukelstuhl auf der Veranda und winkte ihnen zu. Dominic sprang aus dem Wagen und brachte ihr seine Einkäufe. Josh sah zu, wie er sie innig küsste, dann ihr T-Shirt ein Stück nach oben schob und seine Lippen auf den Babybauch drückte.
Kurz darauf saß er wieder im Wagen und sie waren auf dem Weg zu Callens Adresse. Dominic stöhnte neben ihm. »Ich schwöre dir, diese Frau treibt mich in den Wahnsinn. Wenn das Baby nicht bald kommt …«, wiederholte er zum hundertsten Mal.
»Das sah aber gerade anders aus.«
»Du hast ja recht.« Dominic grinste. »Sie ist einfach die fantastischste Frau der Welt. Wenn du es schaffst, dir so eine Frau zu angeln, dann lässt du sie nie mehr gehen. Aber mein Stammhalter könnte sich wirklich langsam auf der Welt blicken lassen. Ich habe in letzter Zeit wenig Schlaf bekommen. Andauernd hat Ellie Rückenschmerzen oder muss aufs Klo. Und ständig dieser Mandelgeruch. Sie kaut das Zeug, weil es angeblich gegen ihr Sodbrennen hilft. Ich sage dir was.« Er drehte sich zu Josh und zog die Sonnenbrille ein Stück nach unten. »Wenn sie aufhören würde, soviel Eis in sich hineinzustopfen, hätte sie auch kein Sodbrennen mehr. Aber das würde ich ihr niemals ins Gesicht sagen. Ich möchte nämlich gern noch eine Weile am Leben bleiben und meinen Sprössling genießen.«
Josh hielt an einer roten Ampel. »Glaubst du ernsthaft, das wird besser, wenn dein
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