Toedliches Versprechen
Montgomery. Sie hat Sie gemeldet.«
»Ach ja?« Äußerlich gelassen schlug Griffin den Weg zum Büro seines Chefs ein. Innerlich kochte er. Was hatte sie jetzt wieder getan, um ihn auf die Palme zu bringen?
Nach einem kurzen Klopfen wurde er in das Büro seines Vorgesetzten gebeten. Gefolgt von Jenkins trat er ein. Neben dem Dekan erwartete ihn der übergewichtige Chef der Campuspolizei, von dem jeder wusste, dass er aus dem aktiven Polizeidienst ausgeschieden war, weil er ein erhebliches Alkoholproblem hatte. Die Stelle auf dem Campus hatte ihn noch tiefer in Selbstmitleid versinken und noch tiefer in die Flasche blicken lassen.
»Nehmen Sie Platz, Professor Gordon.« Sie warteten, bis er sich an den Konferenztisch gesetzt hatte, bevor sein Dekan fortfuhr. »Eine Studentin namens Nadine Montgomery hat sich bei der Campuspolizei gemeldet. Sie sagt, sie wird von Ihnen belästigt und verfolgt.«
Er warf einen Blick, in den er, wie er hoffte, eine gehörige Portion Fassungslosigkeit packte, in die Runde. »Wie kommt sie darauf, so etwas zu behaupten?«
»Kennen Sie die Frau?«
»Ja, natürlich. Ich bin ihr ein paar Mal begegnet. Sie arbeitet als Kellnerin in einer Bar, die ich hin und wieder besuche. Bis jetzt dachte ich eigentlich immer, ich würde mich gut mit ihr verstehen.« Er machte ein betroffenes Gesicht und schüttelte den Kopf. »Ich begreife das nicht. Ein paar Studenten haben erzählt, sie sei ein bisschen merkwürdig seit der Trennung von ihrem Freund im vergangenen Winter. Aber das sie so etwas behauptet …«
Der Polizeichef warf einen Blick auf das Blatt, das vor ihm lag. »Haben Sie am Hinterausgang der Bar auf sie gewartet?«
Er kratzte sich nachdenklich am Kopf. »Hören Sie, ich habe ihr ein paar Mal angeboten, sie im Wagen mitzunehmen und an ihrem Wohnheim abzusetzen. Schließlich habe ich als Professor eine gewisse Fürsorgepflicht, auch wenn sie keine meiner Studentinnen ist. Ich möchte nicht morgens aufwachen und erfahren, dass sie nachts überfallen wurde, weil ich sie nicht nach Hause gefahren habe. Aber sie hat immer abgelehnt, weil sie mit einer Freundin fahren konnte. Das hat mich aber nicht davon abgehalten, ihr auch weiterhin meine Hilfe anzubieten. Wenn mich das zu einem Verbrecher macht, dann tut es mir leid.«
Der Captain räusperte sich. Wahrscheinlich dachte er gerade inbrünstig an die Wodkaflasche, die in seiner Schreibtischschublade auf ihn wartete. Auf dem Campus war allgemein bekannt, wie sehr er Konfrontationen hasste. Er wurde nur tätig, wenn er keine andere Wahl mehr hatte. »Sie sollen Miss Montgomery auch in der Bibliothek und vor ihren Hörsälen aufgelauert haben.«
Griffin stieß ein kleines Lachen aus. »Captain, ich bin Professor für englische Geschichte. Natürlich treffe ich Miss Montgomery in der Bibliothek. Wie Hunderte anderer Studenten. Was die Hörsäle betrifft, ich weiß nicht, was sie studiert.«
Wieder ein Blick auf das Blatt. »Jura.«
»Ah, da haben wir’ s. Zwei meiner Vorlesungen finden in dem Gebäude statt, in dem sich die juristische Fakultät befindet.« Er schwieg einen Moment und warf einen ernsten Blick in die Runde. »Meine Herren, Sie sollten Miss Montgomery ihr Verhalten nicht zum Vorwurf machen. Sie scheint die Trennung von ihrem Freund noch nicht überwunden zu haben. Warum sie mich einer solchen Lächerlichkeit bezichtigt, weiß ich nicht. Aber ich kann es ihr nachsehen. Junge Menschen steigern sich gern in ihre Gefühle hinein. Aber Sie müssen sich keine Sorgen machen. Die Frauen, für die ich mich interessiere, spielen nicht mehr mit Puppen. Wenn das alles war, würde ich jetzt gern zu meiner Vorlesung gehen. Die Studenten warten.«
Mit einem Nicken des Dekans war er entlassen. Lächelnd verließ er den Raum. Als er die Tür hinter sich zugezogen hatte, lehnte er sich gegen die Wand und schloss die Augen. Rote Punkte tanzten hinter seinen Lidern, seine Fingerspitzen kribbelten und in seinem Inneren tobte ein heiß glühender Tornado. Sie war zu weit gegangen. Ihn bei der Campuspolizei zu melden, die ihn dann gemeinsam mit seinem Dekan verhörte, trieb ihre Beziehung auf ein neues Level. Aus dem Spiel war ernst geworden. Und das würde er sie spüren lassen.
Nachdem Nadine ihn angeschwärzt hatte, ließ sie sich ständig von jemandem begleiten, wenn sie zwischen den Hörsälen wechselte, und saß nicht mehr allein in der Bibliothek. Es dauerte zwei Tage, bis er sie endlich allein erwischte, um sie zu fragen, ob ihr
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