Toedliches Versprechen
Dominic und Josh um. »Und Sie, meine Herren, verlassen die Galerie. Auf der Stelle.«
16.
D ie Platzwunde auf der Stirn des Bauarbeiters war schnell versorgt. Kurz ließ die Situation sie an Josh denken. Nur, dass diese Verletzung hier weniger schlimm war, als sein Baseballabenteuer. Sie desinfizierte die Stirn des Mannes sorgfältig und verschloss den Schnitt mit einigen Schmetterlingspflastern. Dann schickte sie ihn zum Röntgen.
Genervt klopfte sie die Taschen ihres Kittels ab. Ihr Kugelschreiber war abhandengekommen. Sie musste sich im Ärztezimmer dringend einen neuen holen. Mit der Leihgabe einer Schwester füllte sie die Krankenakte des Mannes auf ihrem Klemmbrett aus. Sie rief in der Radiologie an, um den Patienten anzumelden und entschied, sich schnell einen neuen Kugelschreiber zu besorgen, solange es ruhig war.
Als sie das Ärztezimmer betrat, blieb sie wie angewurzelt stehen. »Dr. Barnes«, entfuhr es ihr. »Ich wollte mir gerade einen Stift holen.« Sie plapperte. Aber das, was sich gerade vor ihren Augen abspielte, brauchte einen Moment, um in ihr Gehirn vorzudringen.
»Vielleicht diesen hier?« Ihr oberster Chef hielt ihr ihren roten Kuli hin.
»Ja, danke.« Hannah griff danach, zog ihre Hand aber in letzter Sekunde zurück. »Was geht hier vor?« Ihr Blick glitt zu ihrem Spind und den beiden Wachmännern des Krankenhauses, die ihn durchwühlten.
Langsam begriff sie.
Sie durchwühlten ihren Schrank.
»Was machen Sie mit meinen Sachen?«, fuhr sie die Männer an.
»Beruhigen Sie sich, Dr. Montgomery. Sie handeln auf meine Weisung.« Wie Eis klirrte die kultivierte Stimme des Klinikleiters durch den Raum.
»Aber was … warum …«
»Da ist es, Sir.« Einer der Männer hielt mehrere Packungen Diazepam in der Hand und reichte sie ihrem Boss.
»Vielen Dank. Begleiten Sie mich bitte, Dr. Montgomery.« Ohne ihre Reaktion abzuwarten, wandte er sich zum Gehen.
»Das geht nicht. Ich bin im Dienst.«
»Sie werden abgelöst.« Ohne sich umzudrehen, verließ er das Ärztezimmer und steuerte auf die Fahrstühle zu, die ihn in das oberste Stockwerk bringen würden, wo sein Büro lag. Hannahs Herz begann, vor Angst zu klopfen. Etwas stimmte hier nicht. Stumm folgte sie Dr. Barnes in sein Büro und nahm auf dem Stuhl, der ihr vor seinem Schreibtisch zugewiesen wurde, Platz.
Der Klinikleiter setzte sich ebenfalls und führte ein kurzes Telefonat. Sekunden später stand der Anwalt der Klinik neben dem Schreibtisch.
»Können Sie mir das erklären, Dr. Montgomery?«, fragte Barnes mit einem Blick auf die Medikamentenschachteln.
»Ich habe keine Ahnung, Dr. Barnes. Ich weiß nicht, was das Ganze soll.«
Er runzelte die Stirn. Er schien mit einem Schuldeingeständnis gerechnet zu haben und ärgerte sich jetzt darüber, dass er dieses nicht einfach bekommen würde. »Sie waren dabei, als wir die Medikamente aus Ihrem Schrank geholt haben.«
»Ja, sicher. Aber ich habe sie nicht hineingelegt.«
»Ihr Kugelschreiber, Schwester Gerty hat bestätigt, dass es Ihr Stift ist, lag im Medikamentenschrank. Und zwar genau da, wo die fehlenden Packungen hätten liegen müssen.«
»Dr. Barnes, ich weiß nicht, wie er da hingekommen ist. Ich habe nichts aus dem Schrank genommen, was ich nicht für Patienten gebraucht hätte und sauber eingetragen habe. Bitte glauben Sie mir.« Sie hasste sich dafür, wie flehend ihre Stimme klang.
»Leugnen ist eines der Symptome, das mit einer psychischen Auffälligkeit einhergeht. Ich vermute, Sie sind mental instabil. Und das wahrscheinlich schon seit Längerem.«
»Was?« Hannah sprang auf.
»Nehmen Sie wieder Platz.«
Der Anwalt breitete mehrere Blätter vor ihr aus und sie begann, langsam zu lesen, was da vor ihr lag. Sie fühlte sich, als ob sie unaufhaltsam auf eine Klippe zulief, gezogen von einem unsichtbaren Band. Sie wusste, wenn sie die Kante erreichte, würde sie abstürzen. Doch sie konnte nicht anhalten oder umkehren. Sie ging einfach immer weiter. Ihr Herzschlag wurde ruhiger. Etwas Unwiderrufliches kam auf sie zu. Als sie die Blätter senkte, sah sie ihrem Boss fest in die Augen. »Was hier steht, ist nicht wahr, Dr. Barnes. Ich habe nie jemanden mit einer Blinddarmentzündung abgewiesen. Ich erinnere mich an den Patienten und ich bedaure seinen Tod. Aber er war vorher nicht in der Notaufnahme. Zumindest nicht in der des St. Josephs. Was die andere Anschuldigung betrifft, ich arbeite immer sauber, akkurat und steril. Das war noch nie anders und
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