Töte, Bajazzo
Sie gezwungen hat, sich auf die andere Seite zu stellen, Signore Santini, kann bei mir mit einem derartigen Verhalten auf keinen Fall rechnen.«
»Das ist schade.« Er hatte so gesprochen, als wollte er mich bedauern.
»Warum?«
»Ist Ihnen Ihr Leben denn so wenig wert, Mister Sinclair?«
Ich lächelte, obwohl mir danach nicht zumute war. »Natürlich nicht, Signore Santini, aber ich möchte Ihnen trotzdem etwas sagen. Ich bin nicht bereit, einen Rückzieher zu machen. Die Eundeslade ist einfach zu wichtig für mich. Ich will sie nicht zerstören, ich möchte sie nur haben, ich möchte wissen, wo sie sich befindet, ich will durch ihre Hilfe etwas erreichen.«
»Was denn?«
»In Einzelheiten kann ich Sie nicht einweihen, dabei hoffe ich auf Ihr Verständnis. Ich möchte die Lade auch nicht für mich behalten, es geht mir um andere Dinge. Nur sie ist in der Lage, eine gewaltige Gefahr zu stoppen, die praktisch seit Beginn der Zeiten besteht und sich im Prinzip nicht verändert hat.«
»Was meinen Sie? Das Dunkle…«
»Korrekt, das Böse. Es hat sich manifestiert, damit es auch von den Menschen begriffen wird, wobei ich den Begriff Hölle bewußt vermeide. Aber es ist da, es will auch immer bleiben, nur möchte ich dem einen Riegel vorschieben.«
Santini lachte. Den Grund kannte ich nicht. Jedenfalls hatte sein Lachen nicht fröhlich geklungen. »Das ist doch Unsinn, Sinclair! Was wollen Sie denn? Was glauben Sie denn, wer Sie sind? Ein zweiter Erlöser oder so etwas?«
»Überhaupt nicht. Ich bin ein Mensch, der zufällig in einen fremden Kreislauf hineingeriet und nun versuchen will, ihn zu stoppen. Ich weiß, daß meine Freunde und ich oft genug gegen Windmühlenflügel ankämpfen, aber ich muß weitermachen. Ich stecke einfach zu tief in diesem Sumpf.«
Santini ballte die Hände. »Dagegen hat auch niemand etwas. Sie sollen weitermachen, Mister Sinclair, aber Sie sollen nicht auf allen Hochzeiten tanzen. Verabschieden Sie sich von einem Fest, Ihnen bleibt noch genug zu tun.«
»Stimmt. Nur bin ich nicht der Typ, der aufgibt.«
Er stöhnte. »Sie wollen also am Ball bleiben, wenn ich Sie richtig verstanden habe.«
»Auch bei der Bundeslade, falls das Ihre nächste Frage vorwegnimmt.«
»Keine Reue?«
»Nein, nicht wie bei Ihnen. Ich brauche auch nichts zu bereuen. Wer mich daran hindern will, an die Idee heranzukommen, der steht auf der anderen Seite, auf der des Bösen. Daran sollten Sie immer denken, Signore Santini.«
»Dann habe ich meine Pflicht getan!« preßte er dünnlippig hervor.
»Das hört sich endgültig an.«
»Ist es auch.«
»Was werden Sie tun?«
Er drehte sich zu mir und hob die Schultern. »Fragen Sie mich lieber, was die anderen tun werden.«
»Wer sind diese anderen, zum Henker?«
»Der Bund.«
»Das weiß ich. Wer steckt dahinter? Wenn er sehr alt ist, könnte er doch zurückreichen bis in die Zeit König Salomos und der Königin von Saba.«
»Das ist nicht schlecht gedacht.«
»Dies jedoch traue ich ihnen beiden nicht zu. Ich weiß zu wenig von ihnen, aber daß sie…«
»Machen Sie sich keine Gedanken, Mister Sinclair. Es hat keinen Sinn. Die Lade sollte für Sie gestorben sein.«
»Ist sie aber nicht. Es gibt diesen Bund, der sicherlich mein Feind ist. Wenn ich mich recht erinnere, hat ein gewisser Melenik die Lade aus Jerusalem geholt und sie in den Süden geschafft. Komme ich der Sache schon näher? Stehen die Mitglieder des Bundes auf Meleniks Seite? Melenik ist der Sohn der Königin und des Königs.«
»Ich werde nichts mehr sagen.«
»Dann weiß ich Bescheid.«
Ein Geräusch war zu hören. Etwas brach mit einem lauten Knacken.
Unwillkürlich schaute ich schräg durch die Frontscheibe in die Höhe.
Schon krachte ein Schatten auf die Kühlerhaube. Zuerst dachte ich an einen großen Vogel, aber Geier oder Kondore lebten hier nicht. Es war eine kleine Gestalt, die mich an einen Zwerg erinnerte, der sich zusammengekugelt hatte und plötzlich den Kopf hob.
Der Kopf war viel zu breit für die Gestalt. Kein Clown oder Bajazzo, obwohl eine gewisse Ähnlichkeit vorlag. Die Gestalt hatte beinahe ein menschliches Gesicht, das jedoch durch das zweite dahinterliegende zu einer Grimasse verzerrt worden war, denn das zweite Gesicht zeigte ein breites Froschmaul mit mörderischen Zähnen. Da wußte ich, wer mich besucht hatte.
Es war eine Kreatur der Finsternis!
Und wie auf ihren Befehl hin bewegte sich Santini nach rechts und umklammerte mit seinen dünnen
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