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Toete John Bender

Toete John Bender

Titel: Toete John Bender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincent Voss
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Kameratasche. Tom war erleichtert, dass er sie nicht verloren hatte. Der Verschleiß auf Outdoor-Camps war enorm und sehr kostspielig.
    Er holte die Kamera heraus und schaltete sie an, um den Batterie- und Speicherstand zu kontrollieren. Was war das? An das letzte Foto auf dem Display konnte er sich nicht erinnern. Es zeigte Wolfgang, der unter der Jurte schlief, und war an diesem Morgen um 03:07 Uhr geschossen worden. So lange waren sie wach gewesen? Tom war irritiert. Neugierig sah er sich die weiteren Fotos an. Wolfgang, Wolfgang, Wolfgang; erst mit dem Lagerfeuer im Vordergrund und dann immer näher kommend, bis auf dem letzten Bild nur das Gesicht des Schlafenden gezeigt wurde.
    03:04 Uhr. Wieder eine Fotostrecke über wenige Bilder. Frederik in seinem Schlafsack, Frederiks Gesicht in Nahaufnahme. Was hatte das zu bedeuten? Hatten er und Jens diese Fotos geschossen? Ihm wurde flau im Magen bei dem Gedanken.
    Doris. Sascha. Wolfgang. Immer das gleiche Muster. Silvia in ihrem Schlafsack. Silvias geöffneter Schlafsack. Silvias hochgezogenes Schlaf-T-Shirt. Tom schwitzte. Was sollte das? Wer hatte diese Fotos geschossen? Die Fotos zeigten nichts Unanständiges an sich, aber die Tatsache, dass Silvias Schlafsack während des Schlafens geöffnet und ihr Hemd hochgezogen worden war, erzeugte Übelkeit bei ihm. Schon zur Schulzeit hatte er solche Späße gehasst und … na ja … sich dann doch daran beteiligt, aber stets darauf geachtet, nicht in die Lage des bedauernswerten Opfers zu gelangen.
    Er betrachtete weitere Fotos. Jens. Eindeutig in ihrem Zelt. Und zum Abschluss er selbst, wie er unter der Jurte im Sand schlief. Es raubte ihm den Atem! Keiner von ihnen konnte die Fotos gemacht haben, sondern nur der Fremde! Er hatte gewartet, bis sie alle schliefen, war in aller Seelenruhe ins Zelt gegangen, hatte die Kamera geholt und Fotos geschossen. Hastig sah Tom sich die Fotostrecke an, auf der er zu sehen war. Beim letzten Bild stockte er. Es zeigte einen Zettel auf dem schlafenden Tom. Auf diesem stand in dicken Buchstaben in einer wohlbekannten Schrift: TÖTE JOHN.

    ***

    T om versuchte, den Schock zu verarbeiten. Er hatte zwei Zigaretten vor dem Zelt geraucht, war auf und ab gegangen und konnte sich nicht beruhigen. Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, und vor lauter Verzweiflung erwog er, die Veranstaltung zu beenden. Zumindest überlegte er, welche Konsequenzen dieser Schritt für ihn und seine Firma bedeuten würde. Sie fühlten sich im Vergleich zu den bisherigen Umständen gar nicht so schlimm an, aber je genauer er darüber nachdachte, desto schwerwiegender wogen die Folgen. Mindestens einen Großkunden würde er auf Dauer verlieren. Die Beiträge würde er zumindest zum Teil zurückerstatten müssen, aber die Kosten hätte er dennoch zu tragen. Es schnürte ihm die Luft ab.
    Tom ging zurück ins Zelt, um sich die Fotos ein weiteres Mal anzuschauen. Er setzte sich im Schneidersitz an den Eingang, sah hinaus, versicherte sich, dass ihn keiner sehen konnte, zündete sich eine weitere Zigarette an und betrachtete noch einmal Bild für Bild. Danach nahm er sich einen Notizblock, sah sich wieder alle Bilder an und schrieb zu jedem Notizen: Uhrzeit, Motiv, Besonderheiten im Hintergrund. Unabhängig von den Bildern verglich er dann die dazugehörigen Notizen miteinander. Er stellte fest, dass die Aufnahmen von Jens nicht dem gleichen Muster folgten. Es gab kein Bild aus mittlerer Entfernung, lediglich drei Porträtbilder. Tom stutzte. War es vielleicht zu eng im Zelt gewesen? Er legte sich auf Jens' Schlafplatz und hielt die Kamera in die Position, von der er vermutete, aus ihr wären die Fotos geschossen worden. Sicherheitshalber knipste er drei Bilder und verglich sie mit den anderen. Er, Tom, hatte draußen geschlafen. Neben Jens wäre also Platz für den Fotografen gewesen. Tom zerwühlte seinen und Jens' Schlafsack so, dass sie an Volumen und Form einen menschlichen Körper nachbildeten, und schoss ein Foto aus der Entfernung, die ihm die gestrige Situation zugelassen hätte. Er sah sich das Bild an. Immerhin – ein Großteil des Körpers wäre erkennbar gewesen. Das Bild hätte sich in das Schema der anderen Bildreihen gefügt, ohne aufzufallen. Warum also wurde bei Jens nicht so vorgegangen?
    Tom überlegte, während er Ordnung im Zelt schaffte. Die Antwort gefiel ihm nicht, weil Jens die Fotos offenbar selbst geschossen hatte! Tom schnaufte und schüttelte den Kopf. Der Gedanke war für ihn nur

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