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Toete John Bender

Toete John Bender

Titel: Toete John Bender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincent Voss
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schwer zu ertragen, dennoch musste er ihn weiter ergründen. Angenommen, Jens hatte die Fotos geschossen. Warum? War der Fremde sein Komplize? Hatte Jens die CB-Funkanlage zerstört und dafür gesorgt, dass das Versorgungsboot sie nicht erreicht hatte? Warum? Tom rieb sich die Schläfen und überdachte die Beziehung, die sie hatten. Bis kurz vor diesem Trip war seine Meinung über Jens nicht allzu gut gewesen. Er wusste, Jens würde gerne zum Senior-Coach aufsteigen, aber Tom sah ihn noch lange nicht auf dieser Position. Wenn er ehrlich mit sich war, würde er Jens nie Senior-Coach werden lassen. Dafür war dieser in seinen Augen ein zu großer Low-Performer. Und ja, er hätte ihn, solange es gegangen wäre, mit leeren Versprechungen an seine Firma binden wollen. Jens hatte keine Familie, also hätte Tom auch kein schlechtes Gewissen gehabt, ihn so lange wie möglich auf dieser niedrigen Besoldungsstufe verweilen zu lassen. Vielleicht wusste Jens um diese Aussicht, vielleicht war er deswegen gekränkt und sann nach Rache?
    Tom stöhnte auf. Die Situation überforderte ihn, brachte ihn an seine Grenzen. Ein ungewohntes Gefühl, da er sich doch selbst als Macher und Schaffer sah, der für Probleme stets eine Lösung parat hatte. Also, noch einmal von vorn: Jens wollte die Veranstaltung zum Scheitern bringen und ihm eins auswischen. In der Nacht schießt er Fotos von allen Beteiligten, um ihn, Tom, zu verwirren? Zu zermürben? Ein Psychospielchen also. Dabei unterläuft ihm der Fehler, sich selbst nicht im selben Modus operandi aufgenommen zu haben. Könnte Jens dieser Fehler unterlaufen sein? Tom dachte lange über diese Frage nach. Ja, er glaubte schon. Wenn dem so wäre, wie sollte er sich jetzt verhalten? Tom versuchte, die aufkeimende Wut nicht seine Entscheidung beeinflussen zu lassen. Nur – es gelang ihm nicht.
    Mit diesem Wissen die Veranstaltung abzusagen, kam für ihn nicht mehr infrage! Es wäre für ihn eine Niederlage gewesen. Außerdem galt es jetzt, den Widersacher zu überführen – wenn es denn Jens war. Er musste vorsichtig sein.
    Tom bemerkte, dass er sich von seinen Gefühlen leiten ließ. Geduldig wollte er weitere Beweise sammeln. Er sah auf seine Uhr. Fünf vor Zwölf. Es wurde Zeit, zu den anderen zu gehen.

    ***

    T om erblickte Jens bei Doris und Wolfgang. Es wurde mit vielen Gesten diskutiert, offenbar hatten sich die Gemüter erhitzt. Sowohl Doris als auch Jens redeten auf Wolfgang ein. Tom suchte die anderen drei und sah sie sich rege in den Dünen unterhalten. Aus der Ferne betrachtet brauchte er sich um diese Gruppe keine Sorgen zu machen, also eilte er zu Wolfgang, Doris und Jens.
    Jens bemerkte ihn als Erster und kam auf ihn zu. »Probleme, Tom! Über das Thema Empathie sind die beiden irgendwie auf ihre Familien zu sprechen gekommen, und das hat Wolfgang sehr mitgenommen«
    Tom sah ein Feixen oder Lächeln in Jens' Blick und deutete es als Häme. »Und was ist daran so lustig?«
    »Ich, äh, ich weiß nicht, es kam so unerwartet und … heftig. Wolfgang weint! Ich weiß gar nicht, wieso.«
    Tom ließ Jens stehen und ging zu den beiden. Wolfgang saß schluchzend und schimpfend im Sand, während Doris neben ihm kniete und ihn im Arm hielt. Sie suchte seinen Blick.
    Tom setzte sich zu ihnen.
    »Was ist denn los?«, versuchte er Kontakt herzustellen.
    Wolfgang schnäuzte sich und Tom verstand Jens' Reaktion. Es war kaum zu glauben, jenen Wolfgang, den sie seit ein paar Tagen kennenlernen durften, in dieser Verfassung zu sehen. Tom hatte vermutet, Wolfgang würde bei dem Gespräch über Gefühle dichtmachen, blockieren, sogar mit einer Konfrontation hatte er gerechnet, am wenigsten aber mit einem Zusammenbruch.
    Doris ergriff das Wort: »Wir haben uns über Soft Skills unterhalten, die Wolfgang in seinem Beruf oder besser in seiner Stellung nicht sehr hilfreich findet. Ähm, ich hab mich davon provozieren lassen. Wir haben uns gestritten, also eher freundschaftlich, und dann hat er erzählt, wie wenig Zeit er für seine Kinder durch den Beruf gehabt hat, und dass sie jetzt eigentlich gar keine Beziehung zueinander haben. Und dann … ist das passiert.« Sie deutete auf Wolfgang.
    Tom sah an ihrem Blick das schlechte Gewissen, das sie quälte. Wahrscheinlich hatte sie ihm heftig widersprochen, ein paar wunde Punkte getroffen, und schon war es um Wolfgang geschehen gewesen.
    »Ist das so, Wolfgang? Mit deinen Kindern, meine ich?«
    Wolfgang wischte sich die Tränen aus den Augen und sah

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