Töte mich - Osborne, J: Töte mich - Kill Me Once
du? Keine Fragen. Sieh einfach zu, dass du verschwindest. Sofort .«
Doch ihr bester Freund hörte sie nicht mehr. Die Verbindung war bereits tot.
80.
Nathan schloss die Badezimmertür hinter sich und zog den Duschvorhang zu. Um den Klang seiner Stimme zu überdecken, griff er in die Dusche und drehte das kalte Wasser an – kalt, damit der Spiegel nicht beschlug. Der Spiegel war wichtig für das, was als Nächstes kam.
Es war fast vorbei – die Erlösung stand bevor.
Erlösung und Perfektion.
Er hatte eine alte schwarze Ledertasche von der Sorte, die Ärzte früher benutzt hatten, im längst vergangenen Zeitalter der Hausbesuche. Er stellte die Tasche auf die Toilette und nahm den Künstlerbedarf hervor, den er früher am Tag erstanden hatte.
Zuerst ein großes Glas mit weißer Grundierung von der Sorte, wie Bühnenschauspieler sie benutzten. Dann drei weitere Behälter, einer mit rosa, einer mit roter und einer mit schwarzer Schminke. Ein kleiner runder Schwamm und ein Pinsel mit einem langen, spitz zulaufenden Stiel. Alles rechts und links vom Waschbecken abgelegt.
Mit dem Schwamm brachte er sorgfältig die weiße Grundierung auf. Zehn Minuten später nahm er eine rote Clownsnase aus der Tasche und setzte sie auf. Als Letztes kam die rote Lockenperücke.
Er musterte sich kritisch im Spiegel.
Perfekt .
Wie immer räusperte er sich, bevor er laut die heiligen Worte rezitierte.
»Ich bin ein angesehenes Mitglied meiner Gemeinde. Wer mich kennt, sieht in mir einen großzügigen, freundlichen, hart arbeitenden Familienmenschen. Ich bin ein erfolgreicher Geschäftsmann und spiele eine wichtige Rolle bei der örtlichen Demokratischen Partei. Es gibt sogar ein Foto von mir, auf dem ich mit Rosalyn Carter zu sehen bin, der ehemaligen First Lady.
Ich bin nach außen hin ein guter Mensch, doch unter der sorgfältig errichteten Fassade bin ich ein blutrünstiger Homosexueller, der minderjährige Knaben ermordet und die Leichen im Kriechkeller unter seinem wunderschönen Vorstadthaus verscharrt. Das Malen dieser Bilder im Gefängnis hat meinen Durst nach unschuldigem Blut nicht für einen Moment stillen können. Mord ist mein wahres Medium, und meine Leinwand ist der Leib eines minderjährigen Knaben.
Die Gesellschaft hat mich weggesperrt, bevor sie mich am zehnten Mai 1994 wie ein Tier geschlachtet hat, doch jetzt bin ich von den Toten auferstanden und bereit, wieder zuzuschlagen. Meine letzten Worte sind heute noch genauso zutreffend wie damals.
Leckt mich .
Mein Name ist John Wayne Gacy, und ich bin ein Adler.«
Er grinste seinem Alter Ego im Badezimmerspiegel ein letztes Mal zu, bevor er die Tür öffnete und leise nach draußen in den Flur des modern eingerichteten, schicken Apartments trat.
81.
Dana jagte mit neunzig Sachen auf den Parkplatz ihres Apartmentkomplexes und kam mit kreischenden Reifen vor der Haustür zum Stehen.
Sie rammte den Wählhebel der Automatik auf P und stieß die Wagentür auf, ohne zuerst die Zündschlüssel abzuziehen. An der Haustür angekommen, kramte sie nach der Magnetkarte für das Sicherheitsschloss. Ihre Hände zitterten so heftig, dass sie die Karte zweimal fast fallen ließ, bevor es ihr gelang, sie in den Leser zu schieben.
Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Noch nie hatte sie eine solch tief gehende, allumfassende Angst verspürt, nicht einmal in jener Nacht, als sie die Ermordung ihrer eigenen Eltern erlebt hatte. Sie war inzwischen eine erfahrene Gesetzesbeamtin und kein kleines Mädchen mehr. Sie hatte hart gekämpft, um dahin zu kommen, wo sie heute war, und sie hatte nicht nur eine persönliche, sondern auch eine berufliche Verpflichtung, den Mann zu schützen, den sie mehr liebte als alles andere auf der Welt.
Sie hämmerte auf den Knopf des Aufzugs, der sie in den dritten Stock bringen sollte, doch nach den drei längsten Sekunden ihres Lebens verlor sie die Geduld und rannte ins Treppenhaus.
Sie stürmte die schlüpfrigen Betonstufen hinauf, so schnell ihre Beine sie trugen, stieß die Feuertreppe auf, die mit einem lauten Knall gegen die Wand flog, und rannte den Korridor hinunter, bis sie Erics Wohnungstür erreichte: D13.
Bitte, lieber Gott, mach, dass die Dreizehn keine Unglückszahl ist.
Sie zog ihre Glock aus dem Halfter und lauschte an der Tür nach Geräuschen aus dem Wohnungsinnern, doch vor Angst und von der Anstrengung ging ihr Atem so laut und rasselnd, dass sie nichts anderes hörte.
Dana drückte ein Ohr auf die kalte Oberfläche der
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