Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Töte mich - Osborne, J: Töte mich - Kill Me Once

Töte mich - Osborne, J: Töte mich - Kill Me Once

Titel: Töte mich - Osborne, J: Töte mich - Kill Me Once Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Osborne
Vom Netzwerk:
Flügel ausgebreitet, um selbst zu fliegen – was bedeutete, dass sie bereit war, sich ihm auf Augenhöhe entgegenzustellen.
    Es wurde aber auch Zeit. Denn wenn es kein fairer Kampf würde, was hatte ein Kampf dann überhaupt für einen Sinn? Er hätte ihr im Lauf der Jahre jederzeit mit Leichtigkeit den Hals umdrehen oder sie wie einen Fisch aufschlitzen können, wann immer ihm danach zumute gewesen war. Natürlich war ihr Tod letztendlich sein ultimatives Ziel, doch jetzt war er zutiefst dankbar, dass er gewartet hatte. Es machte den coup de grâce , den Gnadenstoß, umso köstlicher.
    Nathan steckte sich eine Mentholzigarette an, seine zweite an diesem Tag, und schnippte das silberne Zippo wieder zu, bevor er den Porsche behutsam in den Verkehr einfädelte. Aus den Lautsprechern erklang Ashley Balls Coverversion von Lecuonas Yo Te Quiero Siempre . Er nahm einen tiefen Zug an der Zigarette und stieß den köstlichen blauen Rauch in einem stetigen Strom durch die Nase aus. Es wurde Zeit, das Material zu wiederholen, das er während seiner letzten Studiensitzung gelernt hatte.
    Zuerst Paul Bernardo und Karla Homolka. Was für ein entzückend herzloses Paar die beiden doch gewesen waren!
    Sie waren die Barbie und der Ken des Mordens gewesen, ein attraktives blondes Paar aus Kanada, besessen von sexuell getriebenem Blutdurst – er Vergewaltiger und unersättlicher Sadist, sie seine mehr als willige Komplizin. Alles in allem wurden sie einer langen Serie von Morden und wenigstens dreiundsechzig Vergewaltigungen verdächtigt. Der tragische Niedergang des Pärchens ließ sich direkt zu dem Tag zurückverfolgen, an dem sie einen Deal mit dem Staatsanwalt eingegangen und er als Folge davon zu lebenslänglich verurteilt worden war.
    Die Moral von der Geschichte? Arbeite niemals mit einem Partner .
    Das bedeutete kein Problem für Nathan. Er war nicht mehr verheiratet – zu seinem unendlichen Bedauern –, und sein schwarzes, grausames Herz war unempfänglich für die Bemühungen aller Frauen seit der einen, die ihm vor all den Jahren so brutal entrissen worden war.
    Der zweite Fall, den er studiert hatte, betraf Anatoly Onoprienko, einen ukrainischen Serienkiller, der seine Opfer willkürlich ausgewählt und das ganze Land unsicher gemacht hatte. Nathan hatte den Bericht im Eastern Economist auswendig gelernt. Die Fähigkeit, etwas auswendig lernen zu können, war eine wunderbare Gabe, die er seit seiner Kindheit geschult und bis zur Perfektion verfeinert hatte. Er konnte die gedruckten Zeilen auf der Seite vor seinem geistigen Auge beinahe sehen :
    ONOPRIENKO WEGEN ZAHLREICHER
MORDE VERURTEILT
    ZHYTOMYR – Der Regionalgerichtshof von Zhytomyr hat am 1. April das Urteil im Prozess gegen den 52-fachen Mörder Anatoly Onoprienko verkündet. Wie erwartet wurde die Todesstrafe verhängt. Onoprienko, ein 39 Jahre alter ehemaliger Seemann, bleibt im Gefängnis von Zhytomyr in Einzelhaft, während Präsident Leonid Kuchma über seine Berufung entscheidet. Aufgrund des ukrainischen Moratoriums gegen die Todesstrafe ist es eher unwahrscheinlich, dass Onoprienko in naher Zukunft hingerichtet wird.
    Die Moral von der Geschichte? Lebe allein . Onoprienko war von der Cousine, bei der er zum damaligen Zeitpunkt gelebt hatte, an die Polizei verraten worden.
    Kein Problem für Nathan in dieser Hinsicht. Das Gericht hatte ihm wegen des Todes seiner Frau hohen Schadensersatz zugesprochen, und er hatte genügend Geld zum Spielen. Es war jedenfalls nicht so, als dass er Monat für Monat die Miete hätte zusammenkratzen müssen. Abgesehen davon lebte er seit jener furchtbaren Nacht vor so vielen Jahren allein und hatte sich inzwischen mehr oder weniger daran gewöhnt.
    Ja, er hatte sich daran gewöhnt – glücklich aber war er nicht darüber.
    Er wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel und verdrängte entschlossen das plötzliche melancholische Gefühl, das sich über ihn zu senken drohte. Er drückte die Zigarette im Aschenbecher aus, schaltete in den vierten Gang zurück und trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Der Motor des Porsche brüllte auf.
    Nathan schüttelte den Kopf. Welchen Grund gab es überhaupt, traurig zu sein? Er war all den anderen Killern schon jetzt überlegen, und er wurde mit jedem Tag besser. So schwach dieser Trost auch sein mochte – es war ein Trost.
    Ein schneller Trip nach Wichita, Kansas, würde ihm vielleicht helfen, auch noch den Rest an Melancholie zu überwinden.
    20.
    Zwanzig Minuten

Weitere Kostenlose Bücher