Töte mich - Osborne, J: Töte mich - Kill Me Once
Nervenkitzel umgebracht hatte. Dabei war er geradezu stümperhaft vorgegangen.
Wie benommen saß Nathan Tag für Tag im Gerichtssaal und beobachtete den Mann, der seine junge Familie so brutal abgeschlachtet hatte. Er hätte den Bastard mit bloßen Händen umgebracht, ohne mit der Wimper zu zucken, hätte er auch nur den Hauch einer Chance dazu gehabt. Doch trotz seiner überwältigenden Trauer und seiner Verzweiflung empfand er auch Bestürzung angesichts der geradezu tollpatschigen Art und Weise, wie dieser Hurensohn die Morde begangen hatte. Seine beiden Frauen hätten zumindest einen professionelleren Tod verdient gehabt.
Die Gerichtsverhandlung endete mit dem erwarteten Todesurteil für Prentice McIntyre. Der Zivilprozess zwei Jahre später machte Nathan um fünf Millionen Dollar reicher, doch er ging trotzdem weiterhin jeden Tag regelmäßig zur Arbeit. Zumindest im darauf folgenden Jahr.
Doch von jener grausigen, blutigen Nacht an war jeder wache Augenblick in Nathans Leben beherrscht von dem glühenden Wunsch, Rache zu üben an der Welt, die ihm vom Tag seiner Geburt an auf so verschiedene Weise so übel mitgespielt hatte.
Und jetzt hatte er mehr als genug Geld für einen Rachefeldzug.
Und den dazugehörigen perfekten Plan.
Dreizehn Monate später kündigte Nathan seinen Job beim Plain Dealer und nutzte seine Beziehungen und sein Netzwerk innerhalb der Medien, um sich Zutritt zu einem Lehrgang in Profiling an der FBI-Akademie in Quantico, Virginia, zu verschaffen.
Es war, als hätte er seine Bestimmung gefunden. Nathan war in seinem Element. Wenn es irgendetwas gab, das seinen Begabungen entsprach, dann das hier. Nicht lange, und Nathan wusste, dass er den Lehrgang selbst hätte halten können.
Gott im Himmel, er wusste so viel über dieses Thema, er hätte ein ganzes Buch darüber schreiben können.
41.
Dana durchquerte den Flur und schloss die Tür zu ihrer Wohnung auf. Eric zuliebe hatte sie eine tapfere Miene aufgesetzt, doch sie hatte seit mehr als vierundzwanzig Stunden nicht geschlafen – das kurze Nickerchen im Flugzeug nicht mitgerechnet – und war am Ende ihrer Kräfte. Trotz ihrer Erschöpfung war Schlaf derzeit keine Option. Nicht angesichts der längst überfälligen Verabredung mit den Dämonen ihrer Vergangenheit.
Sie erschauerte und blickte auf ihre Uhr. Fast zwei. Crawford wollte sich um halb vier mit ihr treffen, nachdem er bei einem Richter in der Stadt einen Durchsuchungsbefehl erwirkt hatte. Wenn sie sofort aufbrach, blieb ihr vielleicht noch Zeit genug, sich auszuweinen, bevor Crawford erschien. Mit ein bisschen Glück konnte sie ihr Make-up aufbessern, die Fassung zurückgewinnen und alles so einrichten, dass er nichts bemerkte – falls die Adresse ihn nicht aufhorchen ließ und er ihr die Leviten las. Dana war ohnehin überrascht, dass er nicht längst angerufen und sie angeraunzt hatte. Wahrscheinlich lag es daran, dass er derzeit wichtigere Dinge im Kopf hatte.
Dana erschauerte. Sie ging ins Bad, um sich frisch zu machen. Wenn jemand Wind davon bekam, dass sie Informationen zurückhielt, die sie ihren Vorgesetzten hätte mitteilen müssen, war ihre Karriere gefährdet. All die harte Arbeit über Jahre hinweg, ihre makellose Bilanz, ihr Ruf als Agentin, die sich strikt an die Vorschriften hielt – alles wäre ruiniert. Doch welche andere Wahl blieb ihr? Wenn sie ihren Vorgesetzten von der Verbindung zu ihrer Vergangenheit berichtete, würde man ihr den Fall schneller entziehen, als sie Piep sagen konnte, und das kam nicht infrage. Nicht an diesem Punkt, nicht jetzt. Falls es später das Ende ihrer Laufbahn beim FBI bedeutete, dann war es eben so. Sie hatte während ihrer Zeit an der Highschool bei K-Mart gearbeitet und konnte wieder dort anfangen, wenn es sein musste. Es war vielleicht nicht der glamouröseste Job auf der Welt, aber wenigstens starben im K-Mart keine unschuldigen Menschen, und das war auch nicht zu verachten.
Dana sperrte hinter sich die Wohnungstür ab und ging zum Lift. Zwei Minuten später stieg sie in ihren Wagen und fuhr das kurze Stück nach West Park.
Ihr Herz schlug schneller, als sie eine Viertelstunde später in die Eastlawn Street einbog. Die meisten Häuser in der Straße sahen genauso aus wie in ihrer Erinnerung, wenngleich das eine oder andere zwischenzeitlich renoviert und neu gestrichen worden war. Die gleichen Ahornbäume säumten die gleichen perfekt gepflegten Rasenflächen, und selbst der Wind, der die Blätter rascheln ließ,
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