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Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition)

Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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meint, das wäre das Richtige für dich und dein Potenzial.«
    Der Kloß im Hals wurde größer.
    »Und was meinst du?«
    »Ich meine das auch.«
    Sie nickte.
    »Versteh schon. Du bist lieber allein.«
    »Nein, Selma, das ist nicht wahr. Aber die Vermisstenstelle, die ist eine Sackgasse. Dort wirst du erst Kommissarin, wenn ich pensioniert werde oder vorzeitig den Löffel abgebe. Und solche spektakulären Fälle wie Valeria und Lucie, die sind die Ausnahme. Normalerweise geht es hier um Leute, die aus Altenheimen ausgebüxt sind, und um Ehemänner, die im Suff in einem Bordell versacken.«
    Und um verschwundene Teenager, dachte Selma. Annika Carlberg zum Beispiel.
    »Du bist viel zu gut, um hier zu versauern. Mit deinen Fähigkeiten kannst du richtig Karriere machen. Und ich möchte dir da nicht im Weg stehen.«
    »Gut«, sagte Selma. »Ich werde darüber nachdenken.«
    Forsberg nickte, fuhr sich über seine nachwachsenden Stoppeln und packte einige Papiere auf seinem Schreibtisch von der rechten auf die linke Seite.
    Selma schob sich ein Kaugummi in den Mund.
    »Okay, ich hab nachgedacht. Sag Gulldén, er kann sich seine Organisierte Kriminalität sonst wo hinstecken.«
    »Wie du willst«, sagte Forsberg, und seine Stimme klang endlich wieder salbeigrün. »Aber beschwer dich nicht, wenn wir hier in zehn Jahren immer noch rumsitzen wie ein zänkisches altes Ehepaar.«
    Ehepaar . Selma lächelte. Gestern war eine Mail von Leander Hansson gekommen: Wie klingen eigentlich Polarlichter? Und Selma hatte geantwortet: Wie Beethovens Neunte.
    »Forsberg?«
    »Was?«
    »Was für ein Vogel?«
    Er grinste.
    »Ein Rabe, was denn sonst?«

Lillemor und Marie standen auf dem winzigen Balkon des Radisson Blu Plaza Hotels und schauten hinunter auf das Gewusel des Central Business Districts. Es war Frühling auf dieser Seite der Erdkugel, und die Sonne brannte vom Himmel, genau wie an jenem Tag
    Es war nicht geplant gewesen. Als sie nach dem Interview in Leander Hanssons Büro gestanden hatten, hatte sein Telefon geklingelt, und Lillemor hatte sich ein Lächeln verkneifen müssen, denn der große, böse Literaturkritiker war plötzlich ein ganz normaler Ehemann, der am Telefon mit seiner Frau über Tomaten, Bohnen und Fisch diskutierte. Tinka war kein besonders häufiger Name, deshalb war sie hellhörig geworden und hatte sich, seit langem wieder einmal, an die Zeit erinnert, als sie um die Villa der Nordins herumgeschlichen war und ihre vermeintlichen Halbgeschwister beobachtet hatte: Gunnar und Tinka, die Privilegierten, die Unerreichbaren, die Verbotenen. Und dann folgte sie Leander Hanssons Blick und sah das Foto. Ja, sie war es. Tinka Nordin. Sie hatte sich in den fast zwanzig Jahren kaum verändert. Aber als Lillemor das Kind genauer betrachtete, raubte es ihr beinahe den Atem. Marie! Lillemor hatte Mühe, ihre aufwallenden Gefühle zu verbergen. Sie musste hier weg, sofort. Sie nahm ihre Tasche und ihre Jacke und wollte gehen, aber Leander winkte ihr zu und schüttelte den Kopf und beendete das Gespräch ungeduldig und mit einer kleinen Notlüge. Also ließ sie sich von ihm bis zur Pforte bringen, wo sie sich voneinander verabschiedeten.
    Sie hätte hinterher nicht mehr sagen können, wie sie zur Anlegestelle der Älvsnabben gekommen war, auch wie sie das Schiff bestiegen und in Lilla Bommen wieder verlassen hatte, wusste sie nicht mehr, ebenso wenig erinnerte sie sich an den Gang durch die Stadt. Sie hatte kein Ziel, jedenfalls war es ihr nicht bewusst, sie ließ sich treiben. Aber irgendetwas führte sie zum Kungstorget, als würde sie von einem Magneten angezogen. Auf einmal stand sie auf dem Platz, vor der Bühne, noch immer benommen von diesem Erlebnis in Hanssons Büro. Und dann sah sie sie. Marie. Sie saß in dem Buggy, abgestellt neben ein paar Salatkisten, und wirkte unglücklich. Ihr Kind! Plötzlich war es, als hätte es die letzten sieben Monate des Alleinseins nicht gegeben und auch nicht die furchtbare Zeit davor. Das Leiden, das Sterben. Hier saß Marie, lebendig, und war kurz davor, zu weinen. Lillemor ging auf sie zu. Sie blickte weder nach rechts noch nach links, sie beachtete auch Tinka nicht, sie sah sie nicht einmal, sie sah nur das Kind. Schon bahnten sich die ersten kleinen Unmutsäußerungen ihren Weg, und Lillemor ging in die Knie und lächelte sie an. Und Marie hörte augenblicklich auf zu schmollen und blickte ihr direkt in die Augen. Wach und interessiert, als würde sieja, als würde sie sie

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