Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition)
Innentasche seines Sakkos und legte einen großen braunen Umschlag auf den Tisch.
»Ich habe in den Unterlagen meiner Mutter einen Beleg gefunden. Sie hat offenbar zwei Tage nach dem Tod meines Vaters ein Schließfach bei der Forex Bank eröffnet. Das ist ungewöhnlich, denn mit dieser Bank hatte unsere Familie bisher nichts zu tun. Der Direktor sagte mir, er dürfe mir keinen Zugang zu dem Fach gewähren, denn meine Mutter ist ja nichtsie ist ja nicht tot. Und bis jetzt bin ich auch nicht ihr Vormund. Ich habe noch keine Schritte in dieser Richtung unternommen, denn die Ärzte lassen mich nach wie vor im Unklaren, wie lange das noch gehen kann.«
»Sie glauben, in diesem Schließfach könnte etwas sein, das uns weiterhilft?«
Dag Cederlund nickte.
»Ich kenne die Rechtslage in solchen Fällen nicht, aber vielleicht kann sich die Staatsanwaltschaft rascher Zugang verschaffen, als wenn ich den Rechtsweg beschreite«, sagte Cederlund gestelzt, und Forsberg sah ihm an, dass ihm das, was er gerade tat, nicht leichtfiel. Offenbar war ihm aber an der Aufklärung der Dinge gelegen. Wollte er Tabula rasa machen, um endlich seinen Frieden zu finden, oder hoffte er, dass in dem Fach etwas sein würde, das seinen Vater entlastete?
»Ich werde mich erkundigen«, sagte Forsberg. »Danke, dass Sie es mir gesagt haben. Das ist mutig von Ihnen.«
Sein Gegenüber nahm das Lob ohne sichtbare Reaktion zur Kenntnis.
»Da ist noch etwas«, sagte Cederlund. »Als ich die Buchführung des Verlags durchgegangen bin, ist mir ein Konto aufgefallen, an das alle sechs Monate Tantiemen überwiesen wurden. Meistens in sechsstelliger Höhe. Aber das Buch, für das die Tantiemen bezahlt wurden, existiert ebenso wenig wie der Autor. Es ist ein Nummernkonto in Liechtenstein. Die Auszüge befinden sich ebenfalls in dem Umschlag. Vielleicht finden Sie den Inhaber des Kontos bei diesenHausdurchsuchungen.«
»Das ist gut möglich«, sagte Forsberg.
»Ich habe nur eine Bitte«, sagte Cederlund. »Wären Sie so nett, mich über alles zu informieren, was meinen Vater betrifft, bevor es die Presse erfährt?«
»Ja«, sagte Forsberg. »Selbstverständlich.« Und dachte: Aber er ist doch jetzt die Presse.
Dag Cederlund stand auf, bedankte sich und verabschiedete sich ein wenig steif, wie es seine Art war.
Forsbergs Telefon klingelte. Endlich, der Vogel!
Am Montag, dem 26. September, saß Selma gespannt neben Forsberg und Malin im großen Konferenzraum, wo Anders Gulldén die Ermittlungsergebnisse der vergangenen Woche einer Schar von Pressevertretern präsentierte. Eva Röög saß in der vordersten Reihe, und Selma war der vertrauliche Blick nicht entgangen, den sie mit Forsberg gewechselt hatte.
»… handelte es sich um eine kriminelle Organisation, welche Kinder im Alter zwischen vier und vierzehn Jahren zum Zweck des sexuellen Missbrauchs an Pädophile vermittelte. Anhand von Kommunikationsdaten, Computerdateien und Unterlagen, die wir in den Wohnungen der verdächtigen Personen gefunden haben, ergibt sich folgendes Bild: Zum einen waren da der litauische Staatsbürger Michael Siska, vorgeblich Taxifahrer, und seine Frau Janne Siska. Frau Siska beaufsichtigte als Tagesmutter die Kinder von Migrantenfamilien aus Biskopsgården. Michael Siska hat, unter anderem, die seiner Frau anvertrauten Kinder an die zahlende Kundschaft vermittelt. Ob Janne Siska darüber Bescheid wusste, konnte noch nicht bewiesen werden, aber wir gehen davon aus. Die Familie Siska missbrauchte also das Vertrauen der Eltern, von denen viele ohne gültige Aufenthaltserlaubnis in Schweden leben und die Sprache nicht gut beherrschen. Möglich ist auch, dass in Einzelfällen die Eltern der Kinder von diesem Missbrauch wussten und womöglich daran mitverdienten.«
Scharfes Inhalieren der Zuhörer. Selma schaute hinüber zu Malin. Ihr gegenüber hatte am Freitag die Mutter einer Fünfjährigen ausgesagt, Michael Siska habe ihr versichert, ein Fotograf würde »nur Fotos« von ihrem Kind machen wollen, und sie habe ihm – natürlich! – geglaubt und dafür fünfhundert Kronen bekommen.
Anders Gulldén linste auf seinen Zettel und sprach weiter: »Ältere Kinder holte sich Michael Siska sozusagen von der Straße und köderte sie mit kleinen Geldzahlungen oder Geschenken. Bei Valeria Bobrow fanden wir einen Plüschbären und eine Puppe. Valeria Bobrow kannte die Familie Siska, da sie häufig ihren kleinen Bruder zu Janne Siska brachte oder ihn dort abholte. Sie wohnten im
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