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Töten Ist Ein Kinderspiel

Töten Ist Ein Kinderspiel

Titel: Töten Ist Ein Kinderspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Waffender
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Nowak schielte neidisch auf ein Glas sprudelndes Wasser, mit dem ein Mitarbeiter gerade aus der angrenzenden Cafeteria gekommen war. „Vielleicht an einem etwas ruhigeren Ort?“
    Wenige Minuten später saßen sie in einem kleinen Besprechungsraum mit Blick auf die nahegelegene Autobahn, Valero servierte ihnen eine Auswahl an kühlen Erfrischungsgetränken.
    „Sie haben also gestern mit Frau Mangold gesprochen?“
    „Wir haben telefoniert, ja. Gestern späten Nachmittag.“
    „In welchem Verhältnis standen Sie denn?“
    „Verhältnis?“ Valero lachte trocken auf. „Unser Verhältnis, wie Sie es nennen, ist lange her! Wir waren vor beinahe zwanzig Jahren ein Paar. Ich war als Student zwei Semester in Freiburg an der Universität. Danach musste ich zurück nach Chile. Ich wollte natürlich wiederkommen, hatte alles schon arrangiert, ein Stipendium beantragt, einen Job gesucht. Aber dann hat sie sich von mir getrennt. Alle meine Briefe sind wieder zurückgekommen, Adressat unbekannt verzogen. Ans Telefon ist sie nicht mehr gegangen, und schließlich habe ich herausgefunden, dass sie nicht mehr in Freiburg wohnte. Dann habe ich es aufgegeben.“
    „Und wann haben Sie einander wiedergetroffen?“
    „Vor drei Wochen. Ich habe sie zufällig auf der Straße gesehen.“ Er öffnete eine Flasche Mineralwasser und goss sich ein Glas davon ein. „Ich bin erst seit zwei Monaten in Berlin. Eigentlich arbeite ich bei Intershop in den USA. Wir setzen hier ein internationales Projekt auf, das ich leite.“ Er sah aus dem Fenster. „Das Letzte, was ich mir vorgestellt habe, war, Erika hier zu treffen.“
    „Haben Sie von ihr so gut Deutsch gelernt?“
    „Nein. Ich habe Germanistik studiert.“ Er lächelte. „Also in meinem ersten Leben.“
    „Und im zweiten?“
    „Informatik.“
    Seltene Kombination, dachte Inge Nowak. Ein Intelligenzbolzen, wie es aussah.
    Noch bevor sie entscheiden konnte, ob sie einen Schuss ins Blaue wagen sollte, kam ihr Berger zuvor:
    „Und dann haben Sie ihr nachspioniert, sind mitten in die Senioren-Singstunde marschiert und haben ihr gesagt, was Sie ihr schon immer mal sagen wollten?“
    „Woher…?“ Valero biss sich auf die Lippen und nahm schnell einen Schluck Wasser. „Nein. Das war eine Woche später.“
    „Aha“, ermunterte ihn Nowak.
    Doch Estebán Valero sprach nicht weiter.
    „Würden Sie uns die Geschichte vielleicht zu Ende erzählen?“, wurde die Kommissarin nun deutlicher.
    „Nein.“ Er stellte das Glas ab und stand abrupt auf. „Wenn Sie glauben, ich hätte etwas mit dem Tod von Erika zu tun, haben Sie sich getäuscht.“
    „Weshalb haben Sie sie gestern angerufen?“
    „Ich wollte mich mit ihr zum Essen verabreden, de facto haben wir das auch getan. Heute Abend, in einem Restaurant in der Innenstadt. Warten Sie … “, er holte aus seinem Portemonnaie eine Visitenkarte und reichte sie Berger. „Da habe ich für uns einen Tisch reserviert. Auf meinen Namen.“
    „Und was wollten Sie mit ihr besprechen?“
    Valero steckte sein Portemonnaie wieder ein und die Hände in die Hosentaschen.
    „Nichts Besonderes. Ich wollte mich entschuldigen für den Auftritt im Altersheim.“ Er räusperte sich. „Sie müssen das verstehen. Die ganze alte Geschichte war plötzlich wieder da, und ich wollte einfach eine Antwort auf die Frage, warum sie mich damals verlassen hat.“
    „Und?“
    Er sah von einer zum andern und dann auf den Boden. Als er den Blick wieder hob, atmete er tief ein und wieder aus: „Sie wollte es mir heute Abend sagen.“
    Inge Nowak bedeutete ihrem Kollegen unauffällig, dass es an der Zeit war zu gehen. Als sie schon fast an der Tür waren, dreht sich Berger noch einmal um:
    „Wo waren Sie eigentlich gestern Abend zwischen sieben und acht?“
    „Hier. Ich habe bis spät in die Nacht noch am Computer gearbeitet. Mein Projekt ist sehr arbeitsintensiv, verstehen Sie?“
    An ihrem Gesichtsausdruck konnte Berger ablesen, was er ohnehin schon wusste: Inge Nowak glaubte Estebán Valero kein Wort.
    Sein Vater lag auf dem Sofa und schlief. Oder zumindest tat er so. Er schien noch immer unter Schock zu stehen, war abweisend und abwesender als je zuvor. Noch in der Nacht war er zu ihm gekommen und hatte ihn geweckt. War neben seinem Bett stehen geblieben, als wüsste er nicht, wohin mit sich, und hatte tonlos gesagt: „Jemand hat deine Mutter erschossen.“
    Ohne seine Reaktion abzuwarten, hatte er sich umgedreht und war nach oben gegangen. Ben hatte gehört,

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