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Töten Ist Ein Kinderspiel

Töten Ist Ein Kinderspiel

Titel: Töten Ist Ein Kinderspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Waffender
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hast bloß Angst, Verónica könnte dich für eine Knackigere verlassen, so wie Wolfgang damals.“
    Ihre Tochter hatte gut reden. Mit ihren knapp dreißig war sie noch weit entfernt von ersten schlaffen Falten am Unterarm, wenn man bloß auf die Uhr schaute. Und ganz sicher war sie nach der Extase lediglich glücklich erschöpft und nicht todmüde. Verónica sah nach einer langen Liebesnacht aus wie das blühende Leben, während Inge im Badezimmer die Nachtcreme erneuerte. Und immer die Angst, es könnte das letzte Mal gewesen sein.
    „Sehe ich dich wieder?“, fragte sie einmal pro Monat am Flughafen.
    „Immer und immer wieder“, versicherte Verónica, dann und für einen Moment glaubte Inge ihr. Doch überzeugt war sie erst, wenn die Freundin erneut durch die Glastür trat und die Arme ausbreitete, um sie freudestrahlend zu begrüßen.
    „Warum glaubst du mir nicht, wie glücklich ich mit dir bin?“, hatte Verónica sie bei ihrer letzten Begegnung ernst gefragt und dabei über den Tisch mit der weißen Tischdecke hinweg ihre Hand genommen, dass alle es sehen konnten.
    „Das glaube ich dir“, erwiderte Inge leise. „Ich frage mich nur, wann es wieder aufhört.“
    „Aufhört? Es fängt doch gerade erst richtig an.“
    Inge drückte die Kippe auf der Fensterbank aus, schraubte das alte Senfglas mit den anderen Stummeln auf, und warf sie hinein: Schluss jetzt – Verónica kam erst übermorgen und zuvor gab es noch jede Menge zu erledigen. Am liebsten hätte sie die tote Pfarrerin bis dahin vom Tisch, was vollkommen illusorisch war.
    Sie hatten bisher noch keinerlei Anhaltspunkte, wer Erika Mangold getötet hatte. Dass es eine kaltblütige Tat war, stand für die Kommissarin nicht erst nach dem ballistischen Bericht fest: zwei gezielte Schüsse aus nächster Nähe, einer in die Herzgegend und einer in den Bauch. Die am Tatort gefundenen leeren Patronenhülsen gaben der Spurensicherung nur schwache Hinweise auf die Herkunft der Waffe.
    „Pistole, wahrscheinlich eine Walther. Die Art der Munition lässt an einen älteren Typ denken. 9mm Parabellum. Da könnte ein Jugendlicher die Knarre seines Großvaters benutzt haben, eine P 36. Beliebtes Spielzeug der Wehrmacht und später der Alliierten. Wurde bis 1945 hergestellt, danach erst wieder für die Bundeswehr. Aber die Hülsen, die wir gefunden haben, sind eindeutig älter als die Bundesrepublik. Genauere Daten gibt’s später.“
    Damit war ein Auftragsmord fast auszuschließen, denn kein Berufskiller würde sich auf dem hochtechnisierten Waffenmarkt eine so alte Pistole besorgen. Wer also erschoss in einer Kirche eine Geistliche mit einer Waffe aus dem zweiten Weltkrieg? Ingo Mangold, der den Gedanken nicht ertrug, vor seiner Frau zu sterben? Unwahrscheinlich, dass ein Mann wie er eine solche Waffe besitzen sollte. Bei der Nähe zur Diplomatie traute die Kommissarin ihm eher eine kleine Automatik zu.
    Estebán Valero? Die Spurensicherung hatte bestätigt, dass viele P 36 nach dem Krieg nach Chile geliefert worden waren. Aber reiste ein Informatiker keine zwei Jahre nach dem 11. September von den USA nach Deutschland mit einer Pistole im Gepäck? Niemals wäre er damit durch die Kontrollen am Flughafen gekommen. Natürlich konnte sich der Täter die Waffe kurz vor der Tat besorgt haben. Aber warum ausgerechnet ein solches Modell mit derart alter Munition? Es könnte aus militärischem Bestand stammen. Oder aus der Schublade eines Kriegsveteranen.
    Oder aus den Gehirnwindungen deiner Fantasie, Nowak, echote ihre innere Stimme ungeduldig.
    Sie schüttelte den Kopf und entschied, die Sache mit der Waffe ihren Kollegen zu überlassen. Sie musste jetzt endlich die Einkaufstüten auspacken, bevor die eingefrorenen Krabben gänzlich aufgetaut wären. Außerdem war noch die Bettwäsche zu waschen, der Kühlschrank zu reinigen und das Badezimmer zu putzen. Vielleicht auch noch das ein oder andere Fenster, wenigstens das im Schlafzimmer.
    Ihr Handy vibrierte. Die Kommissarin klickte auf das Briefchen im Display.
    Kann ich heute noch mal deine Stimme?
    Inge Nowak lächelte, nippte an ihrem Glas, stand auf und ging das Festnetztelefon suchen.

Fünf
    „Als ich in deinem Alter war, habe ich mich zum ersten Mal verliebt.“
    Hannes hatte es sich auf dem Boden bequem gemacht, hielt die Augen geschlossen. Ich wäre am liebsten davongelaufen. Noch immer. Nach all den Jahren, als läge mein despotischer Vater nicht längst unter der Erde, als wäre nicht vor Monaten das

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