Töten ist ganz einfach: Thriller (German Edition)
Worte betont langsam aus. „Üzkül hat ein Verhältnis mit Natasha!“
Langsam sickerten die Worte in Tarüks träges Denken, flossen tiefer, erreichten die braunen Hundeaugen, die plötzlich ganz wässrig wurden, tropften in sein Herz, das sich vor Kummer zusammenzog, und flossen bis in seine Fäuste, die er wütend ballte.
„Das glaube ich nicht!“, presste Tarük hervor und kramte das bisschen Verstand zusammen, das ihm noch geblieben war. „Das glaube ich nicht!“
„Ich wollte es zuerst auch nicht glauben! Aber ich habe die beiden mit eigenen Augen gesehen.“ Petrovic aktivierte sein Handy, hielt ihm das Display vor die Augen. Kein Zweifel, das war Natasha! Der goldbehängte Üzkül Bordar hatte die Hand über ihre Schulter gelegt und spielte mit ihrer rechten Ballonbrust.
„Habe ich gestern Nacht geschossen“, sagte Petrovic und steckte das Handy wieder in seine Jacke. „Deshalb hat er den Kampf geschoben“, flüsterte er. „Üzkül will nicht, dass du Geld für Natasha hast! Er will sie dir wegnehmen.“ Petrovic zog den Kopf von Tarük näher heran, wisperte ihm ins Ohr: „Wegnehmen, verstehst du! Er will dir Natasha wegnehmen! Und deine Ehre!“
Tarük wiegte unentwegt seinen Kopf, summte ein Lied seiner Heimat, dazwischen hörte er die Stimme des Serben Petrovic: „Du musst ihn töten! Hörst du mich? Er zieht deine Ehre in den Dreck! Du bist es deiner Familie schuldig und Natasha! Er will dir Natasha und deine Ehre wegnehmen! Töte ihn, Flash God! Töte ihn!“
Das war vor vielen Stunden gewesen. Jetzt saß Cevdar Tarük in seinem rostigen Goldmercedes, dessen Heckscheibe ein verblasster Aufkleber mit dem Schriftzug „Flash God“ verunzierte, vor der verrammelten Milchbar und wartete auf das Erscheinen zweier Personen. Er hatte mit seinem Vater telefoniert und mit dem Imam seines Heimatdorfes. Töte ihn! Es geht um die Ehre! Darüber waren sich alle einig.
Niemand wird mir Natasha wegnehmen! Niemand!, dachte er und betrachtete seine verschorften Fäuste im Licht der grellen Sonne.
*
Am Nachmittag desselben Tages saß Anna Lange vor ihrem Computer in der Agentur und arbeitete an der Kostenkalkulation für die Royal-International-Präsentation. Ideenfindung, Konzept, Kreation, Planung, Umsetzung und noch viele andere Posten mussten bewertet und in die Präsentation integriert werden. Als Anna jedoch die Unterlagen intensiv studierte, stellte sie fest, dass die entscheidenden Fakten ziemlich vage und allgemein formuliert waren.
Ohne lange zu überlegen, griff sie zum Hörer, wählte die Nummer von Royal International mit der Durchwahl des Börsespezialisten Alex Huber.
„Huber, Royal International.“
Glück gehabt, wenigstens ist dieser Alex Huber schnell zu erreichen, dachte sie und hoffte insgeheim, dass er in den nächsten Tagen Zeit für ihre Fragen haben würde. Sie plauderten zunächst wie üblich übers Wetter, die unnatürliche Hitze, den geplanten Urlaub, doch irgendwann gingen ihr die Themen aus, deshalb verebbte das Gespräch auch schon nach wenigen Sätzen und Anna kam direkt zum Kern ihres Anrufs.
„Ich muss Sie enttäuschen, Frau Lange, aber ich bin die ganze Woche total verplant.“ Wie immer sprach Alex Huber akzentfreies Deutsch, beinahe so, als wäre er in eine Schauspielschule gegangen.
„Die einzigen freien Stunden, die ich für Sie erübrigen kann, sind heute Abend. Wenn Sie so flexibel sind, dann versuche ich gerne, Ihre Fragen so gut wie möglich zu beantworten.“
Noch diesen Abend. Eigentlich hatte Anna vorgehabt, die Bar im City-Kaufhaus zu besuchen. Nach dem Einkaufen noch einen schnellen Drink, dafür war diese nicht sonderlich aufregende Bar genau das Richtige.
Eine glatte Lüge, meldete sich ihr Unterbewusstsein. Natürlich wusste sie, dass Marc jeden Abend nach der letzten OP dort vorbeischaute, um mit den jungen Verkäuferinnen zu flirten. Sie wusste auch, dass er sie freudig begrüßen würde, so als wäre nichts geschehen. Das Schlimmste aber war, dass sie wusste, wie dieser Abend enden würde: in einem Hotelzimmer mit tollem Sex und anschließenden Heulkrämpfen bis in den nächsten Morgen. Aber sie konnte nicht anders und dafür hasste sie sich.
„Heute Abend passt mir perfekt“, hörte sie sich sagen und bevor sie es sich anders überlegen konnte, hatten sie auch schon eine Uhrzeit festgelegt.
„Wir können die Fragen auch gerne bei einem Arbeitsessen besprechen. Da ist die Atmosphäre nicht so förmlich wie in meinem Büro. Treffen
Weitere Kostenlose Bücher