Töten ist ganz einfach: Thriller (German Edition)
erzählt, dass es eine Spur nach Kroatien gibt! Ich war der Meinung, keiner hat damals überlebt?“, fragte Igor drohend.
„Ja, merkwürdig, andererseits hat uns Milans Alleingang sehr enttäuscht, deshalb war Bogdan der Ansicht, das hätte Zeit bis nach dem Börsegang“, erwiderte Petrovic hörbar niedergeschlagen. „Das war ein schwerer Fehler, wie man sieht. Ich kümmere mich sofort darum.“
„Lösche alle aus!“, brüllte Igor Drakovic und blickte sich schnell um, doch niemand achtete auf ihn. Mit drohendem Unterton redete er leiser weiter.
„Der Wagen ist doch auf eine Mine gefahren? Wie kann es da Überlebende geben?“
„Das ist mir auch ein Rätsel! Ich habe den Unfall damals mit eigenen Augen gesehen“, antwortete Petrovic. „Übrigens, der Prager Kommissar hat heute mit Chefinspektor Braun telefoniert. Anscheinend sind auch sie auf Tudjman in Zagreb gestoßen. Dieser Hajek aus Prag will ihn selbst ausfindig machen. Ich fahre noch heute nach Kroatien und regle die Angelegenheit in unserem Sinn!“
„Halte mich auf dem Laufenden!“, bellte Igor Drakovic ins Telefon, beendete dann wütend das Gespräch und sammelte sich einen Augenblick. Dann schlenderte er selbstbewusst die Gasse hinunter, auf die Tische zu. Er steckte das Handy in eine der vielen Taschen seiner Leinenshorts, knipste sein jungenhaftes Lächeln an und setzte sich wieder zu der jungen Schauspielerin.
„Es war etwas Geschäftliches, ich hoffe, Sie verzeihen mir! Wo haben wir unser Gespräch unterbrochen?“, fragte er charmant und überlegte dabei, wie diese junge spanische Schauspielerin wohl im Bett wäre.
Als er das Mädchen einige Zeit später aus seinem Schlafzimmer und dem Palais komplimentierte, konnte er sich endlich wieder seinen geliebten Vögeln widmen. Während er seine exotischen Lieblinge fütterte, kehrte Igor Drakovic in Gedanken in die Vergangenheit zurück, in jene Zeit, als der kroatische Unternehmer Tudjman ihm Royal Steel um einen Dollar verkauft hatte:
In seiner pompösen Villa saß Slavo Tudjman vor dem riesigen Schreibtisch genau auf jenem Stuhl, auf dem zuvor jahrelang Igor Drakovic als Angestellter Befehle entgegengenommen hatte.
Aber die Zeiten hatten sich geändert, jede staatliche Ordnung war zusammengebrochen und diesen gesetzlosen Zustand nutzte Igor Drakovic mit brutaler Härte aus. Jetzt thronte er auf dem Chefsessel, flankiert von seinem Neffen Milan und seinem Sohn Bogdan. Alle drei starrten gebannt auf den Vertrag, der unterschriftsreif vor Tudjman auf dem Schreibtisch lag. Dieser hatte die Arme vor seiner Brust verschränkt und zeigte keinerlei Ambitionen, das Schriftstück zu unterzeichnen. In Jeans und einem ausgebleichten T-Shirt hatte Tudjman nichts mehr mit dem Firmenchef gemein, der Royal Steel mit starker Hand geführt und in den Staaten hinter dem eisernen Vorhang bekannt gemacht hatte. Bleich, eingefallen und mit wirren Haaren schüttelte er energisch den Kopf, weigerte sich, den protzigen Füller zu ergreifen, den Bogdan Drakovic ihm entgegenstreckte.
Die Zeit schien stillzustehen: Der Vertrag auf dem Schreibtisch, Tudjman zusammengezogen mit gesenktem Kopf, Bogdan mit dem Füller, Igor zurückgelehnt in dem ledergepolsterten Stuhl, Milan, die Daumen in den breiten Gürtel seiner Combathose gehakt.
Plötzlich löste sich die Erstarrung. Milan machte ein, zwei Schritte auf Tudjman zu und schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht, legte alle seine Kraft in den Schlag, der so heftig war, das Tudjman mitsamt seinem Stuhl zu Boden fiel. Ehe sich Tudjman aufrappeln konnte, hatte Milan ihn schon am Genick gepackt, hochgehoben und gegen den Schreibtisch geknallt. Stöhnend versuchte dieser sich hochzuziehen. Seine Lippe war aufgeplatzt und er blutete heftig aus der Nase. Angeekelt verzog Bogdan das Gesicht, als das Blut auf den Teppich tropfte. Mit einer provokant langsamen Handbewegung griff Igor nach einem silbernen Bilderrahmen, der auf dem Schreibtisch stand, und tippte auf das Foto, das einen lachenden Tudjman mit Ehefrau, seinen zwei Söhnen und einer kleinen Katze zeigte. Der Faserschreiber quietschte leise, als er schwarze Kreuze über die Köpfe der Familie auf das Glas malte. Tudjman verstand augenblicklich, griff nach dem Füller, den Bogdan ihm noch immer entgegenstreckte, und unterschrieb den Vertrag.
Auf der Flucht ins sichere Ausland war dann der Wagen von Tudjman auf eine gut platzierte Mine gefahren und mit ihm und seiner ganzen Familie in die Luft geflogen.
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