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Titel: Toggle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Felix Weyh
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Zweck?«, fragte die Medizinerin Siebenhofer stirnrunzelnd.
    »Na, den Zweck kennen wir doch alle!«
    John Frigg aus Boston machte ein eindeutiges Zeichen. Das laute Gelächter zeigte, dass er ins Schwarze getroffen hatte.
    »Das gefällt mir nicht«, murmelte fünf Tische weiter der Journalist Axel Jünger. Wie am Vortag war er ausnehmend schlecht rasiert. Seine grundsätzliche oppositionelle Haltung bezog sich auch aufs eigene Erscheinungsbild.
    »Das gefällt mir überhaupt nicht«, wiederholte er. »Die glucken so einträchtig zusammen, als seien sie alle gekauft.«
    Er holte ein schmales Moleskine-Notizbuch hervor und kritzelte hastig ein paar Anmerkungen hinein. Jemand tippte ihm von hinten auf die Schultern.
    »Haben Sie das verloren?«
    Axel Jünger sah auf.
    Eine der hübschen Mellauer Bedienungen, die von Stammgästen immer noch ›Serviertochter‹ gerufen wurden, hielt ihm einen USB – Stick entgegen. Der Journalist schüttelte den Kopf.
    »Es lag aber unter Ihrem Stuhl«, sagte die Serviertochter.
    »Vielleicht doch«, entgegnete Jünger langsam. »Natürlich, Entschuldigung! Ich hab ihn vorhin eingesteckt. Er muss mir aus der Hosentasche gerutscht sein.«
    Er hielt die Hand auf. Die Serviertochter legte den USB – Stick hinein. Ein teures Exemplar mit Titaniumhülle und zwei eingravierten altgriechischen Worten.
    Axel Jünger hatte kein humanistisches Gymnasium besucht, also mangelte es ihm an Kenntnissen, um die Worte als kryptoi philoi entziffern zu können.
    Er kramte in seiner Hosentasche nach einem Trinkgeld, fand keine passenden Münzen und ließ es bei einem Lächeln bewenden.
    Die Serviertochter erwiderte es nicht.

[Menü]
    31
   Mellau (Tanzsaal)
Dienstag, 27.   Juli, 10   :   15
    Wie am Vortag war der Saal gestopft voll. Zusätzlich zu den Presseleuten und Verbraucherschützern hatten sich etliche Hotelgäste eingefunden, da die morgendliche Hauszeitung – entgegen der ausdrücklichen Weisung Weinbergers – eine kurze Notiz über die Veranstaltung gebracht hatte. Auch Jewgenij Jacob Fünfgeld saß mit seinem Sekretär und seinem Leibwächter Sergej im Publikum. Die drei fielen nicht weiter auf.
    »Gedankenlesen«, zählte der Technikhistoriker Frigg auf, den der Moderator um ein Eingangsstatement gebeten hatte: »Zeitreisen, Unverletzlichkeit, Unsterblichkeit, ewige Jugend, Unsichtbarkeit – so lautet das apokryphe Wissen, das wir seit Jahrhunderten in alten Schriften zu finden hoffen.«
    »Gedankenlesen kann Toggle ja schon!«, rief ein Vorwitziger aus dem Publikum dazwischen.
    »Nicht nur Toggle«, ergänzte ein Zweiter. »Denkt an Myface!«
    »Oder an Wikileaks!«, erklang es von dritter Stelle.
    Nikolaus Holzwanger seufzte innerlich. Das fing ja gut an! Eigentlich sollte das Auditorium erst am letzten Tag mit einbezogen werden.
    »Und was ist mit einem funktionierenden Schlafmittel ohne Nebenwirkungen?«, rief eine vierte, diesmal weibliche Stimme.
    »Keine Chance«, erklärte Helene Siebenhofer. »Medizinische Probleme lassen sich nicht im Rückgriff auf die Vergangenheit lösen. Es sei denn, man glaubte noch an Alchimie.«
    »Somit wären auch keine revolutionären Potenzstärkungs- und Haarwuchsmittelrezepte von Toggle zu erwarten«, schnarrte Reimar Dijkerhoff. »Sehr traurig für einige Anwesende hier im Saal.«
    Das Auditorium lachte.
    »Habe ich Sie recht verstanden, Professor Frigg«, versuchte Nikolaus Holzwanger das Durcheinander zu kanalisieren, »dass Sie glauben, unser Buchprojekt könne auf einigen dieser Gebiete für Überraschungen sorgen?«
    »Keineswegs«, entgegnete Frigg. »Ich habe nur gesagt, dass so die unerfüllten menschlichen Wünsche lauten. Früher gab es noch ein paar mehr – die Kunst des Vogelflugs, körperlose Stimmen, Nachrichtenübermittlung ohne Trägermaterial wie Papier –, aber die haben wir alle technisch befriedigt. Um es mit Victor Hugo zu sagen: ›Alle Utopien von gestern sind die Industriezweige von heute.‹ Wenn also irgendwo in alten Büchern Rezepte zur Unsterblichkeit oder Formeln für Zeitreisen versteckt sind, dürften diese zu 99 Prozent auf plumpem Aberglauben beruhen. Zu einem Prozent weisen sie aber vielleicht auf neue, bislang unentdeckte Technologien hin.«
    Weil sich auf dem Podium kein Widerspruch regte, fuhr der Amerikaner fort: »Ich bin Wissenschaftler, nichts liegt mir ferner als Science-Fiction-Szenarien auszumalen. Aber mit ziemlicher Sicherheit lässt sich sagen, dass niemand in der Vergangenheit solche

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