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Titel: Toggle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Felix Weyh
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nicht eindeutig sagen ließ, ob dies am mangelnden Platz in den Laderäumen, an der Halsstarrigkeit desGenuesers oder am knauserigen Frachtgebot des Reisenden Ferdinando Galiani lag.
    Nach fast fünfjähriger, zermürbender Wartezeit – hatte sich dafür der Verzicht auf die Teilnahme am Prix de morale gelohnt? – war Galiani endlich die Ernennung zum Diplomaten ausgesprochen worden. Nun stand ihm der Posten eines Gesandtschaftssekretärs am französischen Hof zu.
    Paris, mon amour!
    Die Angelegenheit mit Truhe Nummer fünf muss endlich bereinigt werden, dachte Galiani und trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Er hatte die Entscheidung schon viel zu lange aufgeschoben.
    Voller Ingrimm kam sein Diener Luigi die Treppe heruntergepoltert. Auf seinem Rücken lag eine durchgelegene, abgestoßene und schmutzige Matratze.
    »Gut geschlafen?«, fragte sein Herr, ein wenig ungehalten.
    Der Diener nickte betrübt.
    »Stets?«
    »Aber ja!«, antwortete Luigi. »Fühlen Sie nur, Monsignore, ich habe es nicht bei der anfänglichen Füllung belassen! Es sind noch eine Lage Rosshaar, eine Lage feines Stroh und eine Lage Lumpen hinzugekommen.«
    Auch nach Jahren konnte sich Galiani nicht an die Anrede Monsignore gewöhnen. Als Lohn für eine jugendlich überschwängliche Schrift über das Wesen des Geldes hatte ihm der neapolitanische Hof unter dem gnädigen Beifall Papst Benedikts XIV . den geistlichen Titel eines Abbé verliehen. Erst hatte der Auserwählte über die Ehre spotten wollen, doch als er erfuhr, dass bis aufs Zölibat damit keinerlei Einschränkungen verbunden waren, wohl aber die Pfründe zweier Klöster, hatte er das Prozedere demütig über sich ergehen lassen. Galiani schätzte weltliche Genüsse genug, um sich die delikateren davon zu erkaufen. Auf eine gute Ehepartie hatte er wegen seiner Kleinwüchsigkeit ohnehin wenig Chancen gehabt.
    »Ich werde doch nicht deine Schlafstatt durch meine Hände entehren«, wies der Priester ohne Glauben die Einladung zurück. »Du bist also zufrieden mit der Matratze?«
    »Mehr als das.« Der Diener senkte seine Stimme. »Sie hat mich zum Manne gemacht, Monsignore.«
    »Die Matratze?«, fragte sein Herr mit grimmigem Hohn in der Stimme. »Dann dürfte sie für andere Menschen leidlich unbenutzbar geworden sein. Ein Loch hier, ein Fleckchen da.«
    »Nicht die Matratze«, verbesserte sich Luigi errötend. »Sondern das, was ich darauf getan und erlitten habe.«
    »Vor allem erlitten«, nickte Galiani. »Erspare mir die Details. Du weißt, dass ich bei den Cölestinern zur Sittsamkeit erzogen worden bin.« Er sog schnuppernd die Luft ein. »Luigi, dieses Ding hier stinkt pestialisch!«
    »Sie wollten, dass ich es aus meiner Kammer hole«, verteidigte sich der Diener.
    »Ich wusste nicht, was du für ein Ferkel bist.«
    »Es müssen die Lumpen sein«, mutmaßte der Diener. »Ich habe sie erst vor vier Wochen hineingestopft.« Dass sie aus dem Ospedale L’Albergo Reale dei Poveri stammten, der neu errichteten Krankenanstalt für Arme, musste er seinem Herrn ja nicht auf die Nase binden.
    Galiani seufzte.
    Frecherweise waren die Frachtgebühren für den Schoner mit jeder Truhe gestiegen. Wenn er den Inhalt der Matratze mitnahm, warf er gutes Geld dem schlechten hinterher. Doch die Investition in 100 Bögen besten Papiers plus Druckerschwärze plus Lohn für Meister Raimondi im Jahr 1754 hatte er immer noch nicht verwunden. Inzwischen machte ein Herr Rousseau aus Genf mit seinen Schriften über die Gleichheit Furore – während Galianis vielfach wertvollere Geistesergüsse die Sekretionen seines Dieners aufsogen.
    Ergüsse binden Ergüsse, dachte er, wenig amüsiert.
    »Monsignore, meine Angelina, mein Schmusekätzchen, mein Gurrtäubchen verbindet auch etwas mit der Matratze.«
    »So was!«, spottete sein Herr. »Hat sie ebenfalls Löcher hineingebohrt?«
    »Es ist wohl so, dass ich bald Vater werde«, wand sich der Diener vor Verlegenheit. »Und da Sie mich ja nun nicht nach Frankreich mitnehmen –«
    »Votre français est pauvres, Luigi!«
    »… da ich mich im Ausland nicht verständigen kann, dachte ich mir, dass Sie uns vielleicht das Stückchen Land überschreiben könnten, auf dem wir uns im Zustand der Unschuld begegnet sind.«
    »Jetzt will der Filou auch noch Land überschrieben haben!«, rief Galiani in gespielter Empörung.
    Natürlich wusste er die Formulierung des Dieners richtig zu deuten. War es nicht überhaupt die beste Lösung?
    Sie bewahrte ihn vor

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