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Tohuwabohu

Tohuwabohu

Titel: Tohuwabohu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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daß das Gesicht des Mörders auf dem Bett ihn an jemanden erinnerte. Diese Erkenntnis ließ ihn eilig die Treppe hinunterstolpern, von wo er auf das riesige Porträt Sir Theophilus’ emporstarrte. Einen Augenblick später war er wieder in dem Schlafzimmer. Er pirschte sich behutsam ans Bett vor und äugte vorsichtig auf das Gesicht auf dem Kopfkissen hinunter. Er sah, was er erwartet hatte. Trotz dem aufgesperrten Mund und den Augen mit den schweren Tränensäcken darunter, trotz all der Jahre voller Ausschweifungen und sexueller Hemmungslosigkeit und Strömen alten Nashornhaut-Brandys hatten die Züge des Mannes auf dem Bett eine unverwechselbare Ähnlichkeit mit denen Sir Theophilus’ und des verstorbenen Richters Hazelstone. Nun wußte er, wer der Mann war. Es war Jonathan Hazelstone, Miss Hazelstones jüngerer Bruder. Und während dem Kommandanten eine ganz neue Erkenntnis dämmerte, machte er auf dem Absatz kehrt, um das Zimmer zu verlassen. In diesem Augenblick bewegte sich der Mörder wieder. Der Kommandant blieb wie angewurzelt stehen und beobachtete mit einer Mischung aus Furcht und Abscheu, wie sich eine blutverschmierte Hand auf dem behaarten Oberschenkel des Mannes ihren Weg nach oben tastete und das stattliche erigierte Glied ergriff. Kommandant van Heerden wartete keine Sekunde länger. Keuchend hastete er aus dem Zimmer und eilte die Galerie hinunter. Ein Mann, der eine Flasche alten Nashornhaut-Brandy verdrücken konnte und dennoch überlebte, egal, wie komatös sein Zustand auch war, war zweifellos ein Wahnsinniger, und wenn er zu allem Überfluß auch noch mit einer Erektion daliegen konnte, während sein Leib sich gegen die gräßlichen Schädigungen durch den Brandy zu wehren versuchte, dann war er ganz ohne Frage ein Sexbesessener, dessen Sexualgelüste so stark sein mußten, daß nichts vor ihm sicher war. Kommandant van Heerden fiel wieder ein, in welcher Haltung Fünfpenny am Fuße des Piedestals gelegen hatte, und er meinte langsam zu wissen, wie der Zulu-Koch gestorben war, und in seinen Überlegungen hatte die Elefantenbüchse keinen Platz. Ohne einen Moment zu zögern, eilte er die Treppe hinunter und verließ das Haus. Er mußte Wachtmeister Els zu Hilfe holen, ehe er versuchte, den Mann zu verhaften. Als er die Auffahrt mit langen Schritten hinaufging, begriff er, warum Miss Hazelstone ihr abscheuliches Geständnis abgelegt hatte, und während er das erkannte, sproß in der Brust des Kommandanten ein neuer und tieferer Respekt vor den alten Familienbanden der Briten.
    »Ritterlichkeit. Es ist pure Ritterlichkeit«, sagte er sich. »Sie opfert sich, um den guten Namen der Familie zu schützen.« Im Augenblick war ihm nicht ganz klar, wieso das Geständnis, den schwarzen Koch umgebracht zu haben, den guten Namen der Familie schützte, aber er vermutete, das sei besser, als wenn der Bruder gestehen müsse, den besagten Koch in ein frühes Grab gevögelt zu haben. Er fragte sich, wie hoch wohl die Strafe für so ein Verbrechen wäre.
    »Verdient, gehängt zu werden«, sagte er voller Hoffnung, aber dann erinnerte er sich, daß noch nie ein Weißer für einen Mord an einem Schwarzen gehängt worden war. »Unzucht ist was anderes«, dachte er. Egal, sie konnten ihn immer wegen »Handlungen, die geeignet sind, Rassenkonflikte hervorzurufen«, rankriegen, ein Vergehen, das mit zehn schweren Stockschlägen bestraft wurde, und wenn einen Zulu- Koch zu bumsen nicht geeignet war, Rassenkonflikte hervorzurufen, dann wußte zumindest er nicht, was sonst. Er würde Wachtmeister Els darüber befragen müssen. Der Wachtmeister hatte in derlei Dingen mehr Erfahrung als er.

Kapitel 5
    Am Haupttor von Jacaranda Park fand Wachtmeister Els den Nachmittag absolut nicht so vergnüglich, wie er das erwartet hatte. Keiner hatte versucht, den Park zu betreten oder zu verlassen, und Els hatte sehr wenige Ziele gehabt, auf die er schießen konnte. Er hatte einen ungezielten Schuß auf einen eingeborenen Botenjungen auf einem Fahrrad losgelassen, aber der Junge hatte Els rechtzeitig erkannt und sich in den Straßengraben geworfen, bevor der Wachtmeister Zeit hatte, genau zu zielen. Daß er den Burschen nicht getroffen hatte, hatte Eisens Laune nicht gerade gebessert.
    »Verfehle einen, und du verfehlst die ganze Scheiß Sippschaft«, sagte er sich, und so war es ja auch: Wenn erst mal die Nachricht die Runde machte, daß Kaffern-Killer Els in der Gegend sei, dann konnten weiße Hausfrauen sich die Lunge aus dem

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