Tohuwabohu
alle infizierten Tiere ausfindig zu machen, damit man sie mit den Panzerwagen querfeldein verfolgen könne.
Die Ansprache, die Verkramp schließlich an die versammelten Polizisten richtete, war auch nicht angetan, ihnen viel Vertrauen in die nächste Zukunft zu schenken, und erst, nachdem er ein paar leichte Anzeichen von Meuterei niedergeschlagen hatte, waren die Lastkraftwagenkolonne und der ganze übrige Geleitzug endlich aufgebrochen. Und so wälzte sich die gesamte Piemburger Polizeistreitmacht, angeführt von sechs Schützenpanzerwagen, die mit Tollwut- und Beulenpestschildern geschmückt waren, langsam über Nebenstraßen und durch das Landstädtchen Vlockfontein, wo sie unerhörtes Aufsehen erregten, was die Polizisten, die sich auf den Lastkraftwagen drängten, mächtig freute, aber kaum den Zweck erfüllte, den Kommandant van Heerden sich erhofft hatte.
Die Beulenpestschilder lösten in Vlockfontein einen Schrecken aus, der nur noch von den Tollwutschildern übertroffen wurde, die unmittelbar vor den Lastwagen kamen, auf denen die undressierten deutschen Schäferhunde transportiert wurden, von denen sich in der allgemeinen Erregung einer losriß und von dem Wagen sprang, um einen kleinen Jungen zu beißen, der ihm Fratzen geschnitten hatte. In der nachfolgenden Panik drehte der Hund völlig durch, biß noch ein paar Leute und mehrere andere Hunde und verschwand schließlich in einer Seitengasse, wo er hinter einer Katze herjagte. Der Konvoi wurde auf Bitten des Bürgermeisters augenblicklich angehalten, der darauf bestand, den Hund zu erschießen, bevor er jemand anderen infizieren könne. Verkramps Versicherung, daß der Hund vollkommen gesund sei, überzeugte niemanden, und fünfundzwanzig Minuten lang ging's einfach nicht weiter, bis das Tier endlich am anderen Ende der Stadt von einem aufgebrachten Familienvater abgeknallt wurde.
Bis dahin war der Hund auf der verzweifelten Suche nach einem sicheren Plätzchen durch rückwärtige Gärten und über Rasenflächen gehetzt, wobei es ihm fast die ganze Zeit gelungen war, sich den Blicken zu entziehen, so daß die Verfolger seine möglichen Verstecke nur nach dem Bellen und Knurren der Hunde abschätzen konnten, die in die Häuser in Vlockfontein gehörten. Es war daher nicht allzu überraschend, daß der Verdacht um sich griff, der Schäferhund habe die gesamte Hundebevölkerung der Stadt infiziert, eine Meinung, die ohne den Schatten eines Zweifels durch das sonderbare Verhalten der Vlockfonteiner Hunde bestätigt wurde, die sich an der allgemeinen Aufregung beteiligten und kläfften und bellten und an ihren Hundeleinen zerrten und sich alles in allem auf genau die unnormale Art und Weise benahmen, auf die zu achten die Leute in den Tollwutwarnungen hingewiesen worden waren. Als sich der Polizeikonvoi aus Vlockfontein wieder herauswälzte, begann man, die gesamte Hundebevölkerung der Stadt zu massakrieren, und so wurde die Nachmittagsstille immer wieder durch das Knallen von Schüssen unterbrochen, während der Junge, der den ganzen Zirkus ausgelöst hatte, aller Welt die gräßliche Pein der Anti-Tollwut-Spritzen bewies, indem er mit seinem Geheul in das der sterbenden Hunde einstimmte. Der Umstand, daß später am selben Abend mehrere tote Ratten entdeckt wurden, die von Hunden totgebissen worden waren, die verzweifelt versucht hatten, ihre Nützlichkeit zu beweisen, trug nur noch mehr zur allgemeinen Ansicht unter den Vlockfonteinern bei, daß eine Katastrophe unmittelbar bevorstehe. Tote Ratten, hatten sie aus den Beulenpest- Warnungen gelernt, waren das erste Zeichen dafür, daß der Schwarze Tod gekommen sei. Bei Einbruch der Nacht war Vlockfontein eine Geisterstadt, in der die Leichen nicht beerdigter Hunde herumlagen, während die Straßen nach Piemburg mit Autos verstopft waren, deren Fahrer alle Anzeichen einer Massenhysterie an den Tag legten. Es war klar, daß das Ziel, das Kommandant van Heerden mit der Schleichroute zu erreichen gehofft hatte, sich nicht mehr verwirklichen ließ.
Das gleiche konnte man von Wachtmeister Els kaum behaupten. Sein Ziel, stets genau, war mittlerweile absolut nicht mehr zu verfehlen. Die Opfer unter den Kriminalbeamten nahmen so rapide zu, daß sie sich von ihren weiter vorgeschobenen Stellungen wieder zurückzogen, sich hinter die Baumhecke kauerten und darüber nachzudenken versuchten, wie sich der tödliche Ligusterstrauch überlisten ließe, der sie an der Ausübung ihrer Pflicht so erfolgreich hinderte.
Weitere Kostenlose Bücher