Tohuwabohu
Miss Hazelstone schoß, fiel er um. Er hätte sich keine Sorgen zu machen brauchen. Miss Hazelstone lachte viel zu sehr, um richtig zu zielen. Ihre Kugeln sausten in einiger Entfernung durch das Laub eines Baumes und verwundeten lediglich einen riesigen, vollgefressenen Geier, der dort gerade sein Frühstück hatte verdauen wollen. Als der Geier neben ihn auf die Erde geflattert kam und rülpste, lag Wachtmeister Els hilflos auf dem Rasen und sah ihn nachdenklich an. Er vermochte in der Welt nichts zu entdecken, worüber man lachen konnte.
Kommandant van Heerden hatte diesem Gelächter gegenüber die gleiche Empfindung. Es trug zu viele Merkmale der Expertin für die feine Lebensart an sich, um ihn im Zweifel darüber zu lassen, wer das Wesen in dem lachsrosa Anzug war. Niemand anderer von seinen Bekannten lachte so, schoß so oder hatte eine so ausgesprochene Neigung dazu, intramuskuläre Novocain- Injektionen zu verabreichen.
Miss Hazelstone kehrte zum Bett zurück und griff zur Spritze. »Sie werden nichts spüren«, sagte sie und zog die Spritze auf. »Ganz und gar nichts.«
»Das weiß ich«, schrie der Kommandant in seiner Gummihaube. »Das ist es ja, was mich so beunruhigt.« Aber Miss Hazelstone hörte ihn nicht. Die Grunzer und gedämpften Schreie, die unter der Haube hervordrangen, waren als Worte nicht zu verstehen.
»Erst mal nur ein kleines Piekerchen«, sagte Miss Hazelstone besänftigend. Sie hob den Saum des Nachthemds hoch, und der Kommandant versuchte, seins noch kleiner zu machen. Die Nadel zu fixieren, war der beste Weg, fand er, es schön schlapp zu behalten, und er starrte die Spritze mit grimmiger Entschlossenheit an.
»Sie sind doch zu viel Größerem imstande«, sagte Miss Hazelstone, nachdem sie einen Moment lang nachgegrübelt hatte und offensichtlich überlegte, ob der Kommandant sie unabsichtlich falsch verstand.
In seiner Haube gab der Kommandant den Versuch nicht auf, ihr zu erklären, daß er nicht an derselben Schwäche leide wie der Zulu-Koch.
»Es ist genau das Gegenteil bei mir«, kreischte er. »Bei mir dauert’s Stunden und Stunden.«
»Sie sind ein sehr zurückhaltender Mensch«, sagte Miss Hazelstone und überlegte einen Augenblick. »Vielleicht fänden Sie ein bißchen Peitschen ganz hilfreich. Manche Männer tun das, nicht?« Und damit stand sie vom Bett auf, kramte in dem Kleiderschrank herum und tauchte schließlich mit einer besonders furchterregenden Reitpeitsche auf. »Nein, das fände ich nicht«, schrie der Kommandant, »das fände ich überhaupt nicht hilfreich.«
»Ja oder nein?« fragte Miss Hazelstone, als die gedämpften Schreie verstummten. »Nicken Sie für ja, und schütteln Sie den Kopf für nein.«
Kommandant van Heerden schüttelte heftig den Kopf. »Ist wohl nicht Ihr Bier, was?« sagte Miss Hazelstone. »Na schön, wie steht’s denn dann mit ein paar schweinischen Bildern?« Diesmal holte sie ein Album aus dem Schrank, und der Kommandant entdeckte, daß er fasziniert auf irgendwelche Fotos starrte, die offenbar ein Irrer mit einer Vorliebe für Kautschukmenschen und Zwerge aufgenommen hatte. »Nehmen Sie das widerliche Zeug weg«, schrie er, als sie ihm mit einem besonders perversen Bild zusetzte. »Aber das hier gefallt Ihnen doch, oder?« fragte Miss Hazelstone. »Das ist eine Stellung, die Fünfpenny ganz besonders liebte. Ich sehe mal, ob ich Sie nicht in die richtige Position bekomme.«
»Nein, ich will nicht«, zeterte der Kommandant, »ich hasse das. Es ist ekelerregend.« Aber ehe er den Kopf schütteln konnte, um seinen Wunsch anzuzeigen, daß er nicht das Rückgrat gebrochen haben wollte, hatte Miss Hazelstone bereits mit einer Hand die Haube gepackt und mit der anderen eins seiner Beine und versuchte, sie zusammenzubiegen. In einer verzweifelten Kraftanstrengung riß er sich los und wirbelte Miss Hazelstone quer durchs Zimmer.
Draußen im Park hatte Wachtmeister Els seine Fassung wieder. Als er erst mal festgestellt hatte, daß er nicht drauf und dran war, Teil der täglichen Proteinaufnahme des Geiers zu werden, beschloß er, daß sein Auftritt als Bischof lange genug gedauert hatte. Er stand auf, hatschte zu einem Baum hinüber und befreite sich aus der lächerlichen Hose. Nur mit Unterhemd und Unterhose bekleidet ging er wieder in das Haus zurück, wo er Sergeant de Haen mit weißem Staub bedeckt und mit allen Anzeichen eines erlittenen Schocks vorfand. »Ich weiß nicht, was ich machen soll«, sagte der Sergeant. »Sie hat
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