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Tohuwabohu

Tohuwabohu

Titel: Tohuwabohu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Pfeil in seiner Leistengegend gelandet war, wo sie Novocain in die eine oder andere Arterie verströmte, unternahm einen letzten, verzweifelten Versuch zu entkommen. In einer herkulischen Kraftanstrengung gelang es ihm, die Beine auf den Boden zu bekommen, dann sprang er, das Bett hinter sich herschleifend, aus dem Fenster. Wenn Kommandant van Heerden und Miss Hazelstone über die außergewöhnliche Wende, die die Dinge genommen hatten, erstaunt waren, dann war Wachtmeister Els noch viel überraschter. Er war gerade damit fertig, letzte Hand an das zu legen, wovon er hoffte, daß es Miss Hazelstones Exekution sein werde, als er vage den Eindruck hatte, daß etwas Unvorhergesehenes in der Luft sei. Wie eine dunkle Vorahnung sah er einen schwarzen Klecks auf sich zufliegen, als der Dobermann durch den Gipsnebel, der die Galerie füllte, auf ihn zusprang. Der Hund hatte sein Maul schon weit aufgesperrt, und sein Auge war voller Vorfreude auf Elsens Halsschlagader gerichtet. Els drückte sein Kinn fest auf die Brust, und der Hund donnerte mit der Schnauze gegen seine Stirn. Die Zähne des Hundes, die ihr Ziel verfehlt hatten, gruben sich in Eisens Schulter, und einen Augenblick später hatten sich die beiden Bestien von neuem in ihren unterbrochenen Kampf um die Vorherrschaft verbissen.
    Als sie über den Treppenabsatz rollten und links und rechts und in der Mitte Stühle und Tische umschmissen, als Miss Hazelstone das Feuer mit der Schrotflinte eröffnete und sich die Barrikaden über ihnen allmählich auflösten, da begannen die Browning-Maschinengewehre, die umgekippt waren und nun zur Decke hochzeigten, Leuchtkugeln in einer Geschwindigkeit von 5 000 Schuß pro Minute durch das Dach von Jacaranda House zu jagen. Ein lahmer Geier, dem es erst wenige Minuten zuvor gelungen war, sich endlich aufzuschwingen, nachdem er einen langen und schmerzhaften Anlauf hatte nehmen müssen, und der gerade schwerfällig über das Haus wegflog, das ihm bereits Abendbrot und Frühstück verschafft hatte und sehr bald ihm wohl auch zu einem Mittagessen verhelfen würde, verpuffte in dem Kugelhagel in einer Explosion aus Federn und Stückchen und Teilchen. Er war das einzige Opfer der Schießerei, die in Jacaranda House tobte.
    Der einzige Mensch, der um ein Haar eine Salve in seine lebenswichtigen Teile abbekommen hätte, war Kommandant van Heerden. Während des plötzlichen Gewaltausbruchs auf dem Treppenabsatz, der ihm die Gelegenheit bot, sich mit dem Doppelbett auf dem Rücken aus dem Schlafzimmerfenster zu stürzen, hatte Sergeant de Haen, voller Hoffnung, die Chance zu bekommen, von unten Miss Hazelstone den Fangschuß zu geben, im Garten gestanden und gewartet. Der Sergeant hatte gerade seine Entscheidung bedauert, Wachtmeister Els zu gestatten, die Maschinengewehre zu benutzen, und erwartete nichts anderes, als daß der Plan mit einer Katastrophe ende. Als das Krachen des Gewehrfeuers im Haus losging, warf sich der Sergeant zu Boden, und da lag er auch, als er genau über sich das Klirren von Glas, gefolgt von einem fürchterlichen dumpfen Aufprall, hörte. Er sprang auf und starrte zu dem Ding hoch, das über ihm baumelnd aus dem Fenster hing. Der Sergeant war absolut kein zimperlicher Mensch und hatte keineswegs etwas dagegen, auf Frauen zu schießen. Viele Zulu-
    Witwer konnten das bezeugen. Und wenn er sich einen Augenblick lang hätte vorstellen können, daß das fette Wesen in dem rosa Nachthemd, das in einer Höhe von etwa sechs Metern an der Hauswand herumzappelte, Miss Hazelstone sei, er hätte sie, ohne einen Moment zu überlegen, abgeknallt. Aber es war nur allzu offensichtlich, daß das, was da baumelte, nicht die alte Dame war. Sie war nicht so fett, sie war nicht so behaart, und vor allem, da war er sicher, hatte sie keine solchen Fortpflanzungsorgane. Es fiel dem Sergeant sowieso schon schwer zu glauben, daß überhaupt irgend etwas so aussehen könne. Sergeant de Haen stand da und rang mit dem Problem, was das Ding wohl sei. Er lugte hinauf nach dem Gesicht und sah, daß es eine Maske trug.
    Von allen Perversitäten, die Sergeant de Haen seit seiner Ankunft in Jacaranda House hatte kommen und gehen sehen, war die hier fraglos die perverseste. Und pervers war das Wort, das ihm wie selbstverständlich dazu einfiel. Was immer da oben hing, nur teilweise bekleidet und maskiert, es stellte sich in einer Art und Weise vor ihm aus, die so schamlos und unanständig war, wie man’s einfach nicht für möglich hielt. Der

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