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Tohuwabohu

Tohuwabohu

Titel: Tohuwabohu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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wie Sie alle wissen, ist Südafrika keine freizügige Gesellschaft. Was diese Sau da tut, ist gegen unser Gesetz, und deshalb schlage ich vor, wir schießen ihm ein, zwei Kugeln in den Arsch und verschaffen ihm den Schauer, der alle Schauer beendet.«
    Der Vorschlag wurde mit zustimmendem Kopfnicken von den Polizisten und noch lauterem Geschrei von der baumelnden Gestalt mit der Gummihaube begrüßt. Nur ein ganz naiver Beamter widersprach.
    »Aber wäre das nicht Mord, Sergeant?« fragte er. Sergeant de Haen sah ihn streng an. »Wollen Sie mir etwa erzählen«, sagte er, »daß Sie der Meinung sind, es sollte solchen Kerlen erlaubt sein, in Weibernachthemden in der Gegend rumzurennen?«
    »Nein, Sergeant. Das ist gegen das Gesetz.«
    »Genau das sagte ich ja eben. Also täten wir bloß unsere Pflicht, wenn wir ihm eins auf den Pelz brennen.«
    »Könnten wir ihn nicht einfach verhaften?« fragte der Wachtmeister.
    »Ich bin Ihr Kommandeur, und ich befehle Ihnen, mich runterzulassen.«
    »Jetzt macht er sich noch eines Verbrechens schuldig, Sergeant«, sagte ein anderer Polizist. »Er gibt sich als Polizeibeamter aus.«
    »Verehrte junge Kollegen, Sie kennen das Vorgehen, oder Sie sollten’s verdammt noch mal kennen«, fuhr der Sergeant fort. »Falls Sie einen Verbrecher in flagranti erwischen, was tun Sie da?«
    »Ihn verhaften«, erwiderten die Polizisten im Chor. »Und wenn Sie ihn nicht verhaften können? Wenn er zu entkommen versucht?«
    »Da gibt man einen Schreckschuß auf ihn ab.«
    »Und was ist, wenn er weiter zu entkommen versucht?«
    »Da erschießt man ihn, Sergeant.«
    »Richtig«, sagte der Sergeant. »Wollen Sie mir jetzt etwa weismachen, daß der Scheißkerl da kein in flagranti erwischter Verbrecher ist und daß er nicht zu entkommen versucht?« Die Polizisten mußten zugeben, daß der Sergeant recht hatte, und genau an diesem Punkt waren sie in ihren Überlegungen angelangt, als Wachtmeister Els mit dem toten Dobermann im Schlepptau triumphierend um die Ecke gehumpelt kam. »Kuckt mal, was ich habe«, sagte er stolz. Das Grüppchen um Sergeant de Haen war nicht beeindruckt. »Kuck mal, was wir haben«, sagten sie, und Wachtmeister Els mußte zugeben, daß neben dem, was da zappelnd aus dem Fenster hing, seine Trophäe ziemlich nichtssagend aussah. »Machen grad ’ne Tunte fertig«, sagte Sergeant de Haen. »Machen Sie mit, Els, das ist doch was nach Ihrem Geschmack?«
    »Nicht mein Geschmack«, sagte Els, der zu der Gestalt hochsah. »Aber das da oben schmeckt ganz nach Kommandant van Heerden, das will ich Ihnen mal sagen. Ich würde das überall rausschmecken.«
    Während das Exekutionskommando auf die Nachricht, daß das der Kommandant sei, was da oben hing, verwirrt auseinanderstob, überlegte diejenige, die weitgehend für seine mißliche Lage verantwortlich war, was als nächstes zu tun sei. Sie dachte, letztlich müsse sie es wohl in den Dickschädel des Kommandanten hineinbekommen haben, daß sie imstande war, Fünfpenny zu töten, aber da sie sich bewußt war, daß Kommandant van Heerdens Meinung nicht länger zählte, hoffte sie nur, daß sein Nachfolger genug Verstand besäße, sie auf der Stelle zu verhaften.
    Sie ging nach unten, um nach einem Polizisten zu suchen, der sie in ihre Zelle im Piemburger Polizeirevier begleitete, aber das Haus schien völlig ausgestorben.
    »Ich hab sie wohl weggegrault«, dachte sie und machte sich auf den Weg, um ihren Wagen zu holen. Auf halbem Weg zur Garage fiel ihr ein, daß Fünfpenny die Schlüssel bei sich hatte, und so kletterte sie statt dessen in einen der Polizei-Landrover und ließ den Motor an.
    Als die Polizisten auf der anderen Seite von Jacaranda House dem Kommandanten die Leiter runterhalfen, achtete keiner auf den Landrover, der unsicher die Auffahrt hinaufstockerte. Am Tor winkte der Posten den Wagen vorbei, und er verschwand um die Ecke und die Straße hinunter nach Piemburg. Die meisten Ereignisse des Tages waren über den Kopf des Bischofs von Barotseland vollkommen hinweggegangen. Nackt und gefesselt lag er im Keller und versuchte, sich auf geistige Fragen zu konzentrieren, weil sie ihm weniger schmerzhaft als die Dinge des Fleisches vorkamen. Er war in seinen Bemühungen aber nicht besonders erfolgreich: Hunger und Schmerzen wetteiferten mit der Furcht um einen Platz in seinem Bewußtsein, und über allen dreien hing die fürchterliche Angst, wahnsinnig zu werden. Und es war weniger die Angst, er könne wahnsinnig werden, als

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