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Tohuwabohu

Tohuwabohu

Titel: Tohuwabohu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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eine Leselampe anknipste. »Es ist noch etwas Kaffee vom Abendbrot da«, sagte sie. »Ich werde ihn leider heiß machen müssen. Normalerweise hätte ich Ihnen ja frischen machen lassen, aber ich bin zur Zeit ziemlich knapp mit Personal.«
    »Ich brauche absolut keinen Kaffee«, sagte der Kommandant und bedauerte seine Worte auf der Stelle. Er hätte eine Chance zu fliehen gehabt, wenn Miss Hazelstone in die Küche gegangen wäre. Statt dessen sah sie ihn zweifelnd an und setzte sich ihm gegenüber in den Ohrensessel.
    »Ganz wie Sie wollen«, sagte sie. »Sie sehen gar nicht besonders betrunken aus. Nur etwas blaß.«
    »Ich bin nicht betrunken. Es ist mein Herz«, sagte der Kommandant.
    »In dem Fall ist Kaffee das allerschlechteste für Sie. Er regt an, nicht wahr? Sie sollten auf alles verzichten, was Sie anregt.«
    »Das weiß ich«, sagte der Kommandant.
    Es entstand eine Pause, die schließlich von Miss Hazelstone beendet wurde.
    »Ich nehme an, Sie sind gekommen, um mich endlich zu verhaften«, sagte sie. Der Kommandant konnte sich nichts vorstellen, was er lieber getan hätte, aber er schien nicht die Kraft dazu zu haben. Hypnotisiert von der Atmosphäre des Hauses und der Miene sanfter Melancholie, die ihn an der alten Dame so faszinierte, saß er in seinem Sessel und lauschte seinem Herzklopfen.
    »Vermutlich hat Jonathan bereits gestanden«, sagte Miss Hazelstone im Ton höflicher Konversation. Der Kommandant nickte.
    »So ein Quatsch«, fuhr Miss Hazelstone fort. »Der arme Junge leidet an so ungeheuren Schuldgefühlen. Ich kann mir einfach nicht denken, warum. Ich vermute, weil er eine so unschuldige Kindheit hatte. Schuld ist so oft der Ersatz für etwas wirklich Böses. Sie müssen das doch auch aus Ihrem Beruf kennen, Kommandant.«
    In seinem Beruf, da mußte ihr der Kommandant zustimmen, war das sehr oft so, aber er sah nicht die Beziehung zu dem Fall eines Mannes, der mehrere Gefängnisstrafen hinter sich hatte. Von neuem fühlte er sich nicht nur einem Gefühl der Achtung, sondern auch einer inneren Unruhe unterliegen, die Miss Hazelstones Konversation in ihm auszulösen schien. »Ich habe an einer solchen Schwäche nie gelitten«, fuhr Miss Hazelstone geziert fort. »Ich hatte ohnehin Mühe, etwas für mich zu tun zu finden, was nicht so deprimierend gut war. Zum Teufel, auch ich habe gemerkt, wie schrecklich Güte ist. So langweilig. Aber vermutlich haben Sie nicht ebenso viele Gelegenheiten, sich von ihr angeekelt zu fühlen.«
    »Da haben Sie wohl recht«, sagte der Kommandant, dessen Ekelgefühle von ganz anderen Ursachen herrührten. »Wie Sie sicher bemerkt haben werden, habe ich alles unternommen, um etwas Frohsinn in mein Leben zu bringen«, fuhr Miss Hazelstone fort. »Wissen Sie, ich schreibe nämlich für Zeitungen.«
    Das wußte Kommandant van Heerden nur zu gut.
    »Eine kleine Kolumne hin und wieder über Mode und geschmackvolles Wohnen.«
    »Ich habe ein paar von Ihren Artikeln gelesen«, sagte der Kommandant.
    »Hoffentlich haben Sie meine Ratschläge nicht befolgt«, fuhr Miss Hazelstone fort. »Sie waren ironisch gemeint, und ich hatte viel Spaß dabei, mir die gräßlichsten Farbkombinationen auszudenken. Aber jedermann nahm meine Empfehlungen für bare Münze. Ich glaube, ich kann in aller Aufrichtigkeit sagen, daß ich mehr Häuser unbewohnbar gemacht habe als alle Termiten Südafrikas zusammen.«
    Kommandant van Heerden starrte sie entgeistert an. »Warum um alles in der Welt haben Sie das denn getan?« fragte er. »Ein Gefühl moralischer Schuldigkeit«, murmelte Miss Hazelstone. »Mein Bruder hat sein Leben der Verbreitung von Licht und Güte geweiht, ich habe nur versucht, das Gleichgewicht wiederherzustellen. Wenn die Leute es vorzogen, meinem Rat zu folgen, orangerote Gardinen neben kastanienbraune Tapeten zu hängen, sollte dann ich sie ausgerechnet daran hindern? Leute, die meinen, weil sie rosa Haut haben, seien sie schon kultiviert, wogegen schwarze Haut den Menschen zum Wilden macht, glauben einfach alles.«
    »Sie wollen damit sagen, daß Sie nicht an die Apartheid glauben?« fragte der Kommandant erstaunt. »Ehrlich, Kommandant, was für eine dämliche Frage«, erwiderte Miss Hazelstone. »Verhalte ich mich so, als glaubte ich daran?«
    Kommandant van Heerden mußte zugeben, daß das nicht der Fall war.
    »Sie können nicht acht Jahre mit einem Zulu zusammenleben und immer noch an Rassentrennung glauben«, fuhr Miss Hazelstone fort. »Um die Wahrheit zu sagen :

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