Tohuwabohu
Einrichtung, die dazu bestimmt war, die Leute draußen zu halten, in eine zu verwandeln, die dazu diente, sie drinnen zu behalten, aber die Atmosphäre hatte sich nicht verändert. Die Unvernunft hatte ihren Platz behauptet. »Alte Traditionen haben ein zähes Leben«, dachte der Kommandant, als der Wagen am Rand des Exerzierplatzes anhielt. Er stieg aus und gab einer Haubitze einen Klaps, die einst ihren Dienst in Paardeberg versehen hatte, wo sein Großvater ihren Beschuß verschlief, und die jetzt wie ein eiserner Pensionär hier stand und die Verrücktheiten einer neuen Generation beaufsichtigte.
Während Miss Hazelstone in eine Station geschafft wurde, die kriminellen Irren vorbehalten war, erklärte Kommandant van Heerden ihren Fall dem Leiter, Dr. Herzog, den man aus dem Bett geholt hatte, damit er den Fall in Angriff nähme. »Hätten Sie nicht bis morgen warten können?« fragte er mürrisch. »Ich bin erst um eins ins Bett gekommen.«
»Ich bin überhaupt noch nicht ins Bett gekommen«, sagte der Kommandant, »und das hier ist sowieso ein Notfall. Miss Hazelstone ist so was wie eine Berühmtheit, und ihre Einlieferung könnte öffentliche Kritik hervorrufen.«
»Das ist sie sicher, und das wird es sicher«, sagte der Arzt. »Sie ist zufällig die bedeutendste Wohltäterin dieser Klinik.«
»Offenbar hat sie für ihre eigene Zukunft vorgesorgt, und die wird sein, hierzubleiben, bis sie zu sterben beschließt«, sagte der Kommandant.
»Wer hat ihre Diagnose gestellt?« fragte Dr. Herzog. »Ich«, sagte der Kommandant.
»Ich dachte nicht, daß Sie dazu qualifiziert sind.«
»Ich erkenne einen kriminellen Irren, sobald ich einen sehe. Der Polizeiarzt und ihr eigener Doktor kommen morgen früh hierher, und die Einlieferungspapiere werden rechtzeitig nachgereicht.«
»Das hört sich reichlich seltsam an«, sagte der Arzt. »Um die Wahrheit zu sagen: Es ist seltsam«, sagte der Kommandant. »Aber wenn Sie’s wirklich wissen wollen, wir haben recht unwiderlegliche Beweise, daß sie jemanden umgebracht hat. Ich möchte nicht in Einzelheiten gehen, aber ich kann Ihnen versichern, daß wir genügend Beweise haben, um sie wegen Mordes vor Gericht zu stellen. Ich denke, Sie sehen ein, daß ein Mordprozeß gegen eine so prominente Person nicht im öffentlichen Interesse liegt.«
»Großer Gott«, sagte der Arzt, »wie weit ist es mit Zululand gekommen. Erst ihr Bruder, und jetzt Miss Hazelstone.«
»Ganz recht«, sagte der Kommandant, »es wirft ein ziemlich schlechtes Licht auf unsere Zeit.«
Nachdem er sichergestellt hatte, daß Miss Hazelstone keinen Besuch erhielte und keine Verbindung mit der Presse oder zu ihren Anwälten aufnähme, empfahl sich der Kommandant. Die Morgendämmerung war angebrochen, als er den großen Exerzierplatz überquerte und ein paar graue Gestalten aus den Stationen auftauchten und traurig im frühen Sonnenlicht herumschlurften.
»Wenn man denkt, daß es so enden mußte«, dachte der Kommandant, und seine Gedanken verweilten weniger bei Miss Hazelstone als bei der imperialen Pracht und Herrlichkeit, die einstmals rotbejackt und unbesiegbar über den Platz marschiert war. Er blieb einen Augenblick stehen und stellte sich die Regimenter vor, die an dem Salutierpodest vorbeigezogen waren, auf dem Miss Hazelstones Großvater gestanden hatte, ehe sie bei Majuba Hill und Spion Kop in den Tod gezogen waren. Dann wandte er sich ab und stieg in sein stinkendes Auto.
Als Miss Hazelstone aufwachte und feststellte, daß sie auf einem Bett in einer Krankenstation lag, hatte sie Mühe zu begreifen, wo sie war. Die Einrichtung und die Bettenreihen weckten in ihr Erinnerungen an ihre Internatszeit, aber ihre Zimmergenossinnen waren schwerlich die fröhlichen, sorglosen Mädchen ihrer Jugend. Nicht daß sie wirklich fröhlich gewesen wären, dachte sie, während sie sich wieder hinlegte und die Decke studierte, lediglich erwartungsvoll, aber das war für Fröhlichkeit gehalten worden. Nichts auch nur entfernt Fröhliches oder Erwartungsvolles hatten aber die Gestalten, die sie jetzt sah. In ferne Bezirke ihrer Einbildungskraft zurückgezogen, wanderten die Patienten teilnahmslos zwischen den Hindernissen umher, die die Wirklichkeit für sie darstellten. Miss Hazelstone sah sie sich an und war versucht, ihrem Beispiel zu folgen. Nur ihr Selbstgefühl hinderte sie daran. »Was für ein Mangel an Stil«, sagte sie sich, während sie, auf ihrer Bettkante sitzend, sich nach ihren Kleidern umsah. In
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