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Tohuwabohu

Tohuwabohu

Titel: Tohuwabohu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Die Filme, die ich mir eben angesehen habe, habe ich mal von Fünfpenny gemacht.
    Ob Sie wohl was dagegen hätten, sich einen anzusehen?«
    Kommandant van Heerden zögerte. Was er von dem Koch bereits gesehen hatte, machte ihn nicht geneigt, noch mehr zu sehen.
    »Ich bewundere Ihr Zartgefühl«, sagte Miss Hazelstone, »aber Sie brauchen keine Bedenken zu haben. Ich habe absolut nichts dagegen, Sie an meinen Erinnerungen teilnehmen zu lassen.« Und sie stellte den Projektor an.
    Wenig später sah der Kommandant auf einer Leinwand am anderen Ende des Zimmers den Gegenstand der Leidenschaft Miss Hazelstones sich im Garten von Jacaranda House herumbewegen, so wie er einige Jahre zuvor im Sommer gewesen war. Die Bilder waren aus demselben Blickwinkel und in derselben Ecke des Gartens geschossen worden wie beinahe zehn Jahre später sein Hauptdarsteller. Auf den ersten Blick hatte der Kommandant die Illusion, es habe gar keinen Mord gegeben, und er habe die Ereignisse der vergangenen Tage bloß geträumt. Es war eine Illusion, die nicht dauerte. Als Fünfpenny auf der Leinwand immer größer wurde, entschied sich der Kommandant dafür, daß er die ihm bekannte Wirklichkeit der grotesken Szene vorzöge, deren Zeuge er gerade wurde. Fünfpennys Leiche, bemerkte er, hatte etwas geradezu Gesundes ausgestrahlt. Lebend hatte der Zulu-Koch ganz ohne Zweifel was Krankhaftes.
    Groß und schwer gebaut, hüpfte er wie eine grauenhafte schwarze Nymphe über die Wiese, verhielt einen Augenblick, um die Büste Sir Theophilus’ zu liebkosen, und küßte sie schließlich leidenschaftlich auf ihren stummen Mund. Dann war er wieder weg, huschte im Garten herum und breitete seine abstoßenden Reize in einer Reihe von Pirouetten und Kreiselbewegungen aus, die keinen anderen Zweck hatten, als seine Unterwäsche aufs allerunvorteilhafteste zur Schau zu stellen. Er trug ein sehr kurzes grellrotes Röckchen mit lila Besätzen; wie der Kommandant wohl erriet, war es aus Gummi.
    Als Fünfpenny seine letzte Pirouette drehte und seine Darbietung mit einem Knicks beendete, verstand der Kommandant, warum Miss Hazelstone ihn umgebracht hatte. Wenn man nach dem Film gehen durfte, hatte der Koch das schlicht herausgefordert.
    Der Film war zu Ende, und Miss Hazelstone schaltete den Projektor aus. »Na?« sagte sie.
    »Jetzt begreife ich, warum Sie ihn erschossen haben«, sagte der Kommandant.
    »Sie begreifen überhaupt nichts«, sagte Miss Hazelstone bissig. »Was Sie soeben gesehen haben, wirkt für Ihren plumpen Verstand vielleicht ziemlich fürchterlich. Für mich ist es schön.« Sie machte eine Pause. »So ist das Leben: Ein schwarzer Mann, der so tut, als wäre er eine weiße Frau, in Kleidern aus einem Material, das für ein heißes Klima total ungeeignet ist, tanzt Ballettschritte, die er nie zu Gesicht bekommen hat, auf einem aus England importierten Rasen, küßt das steinerne Gesicht eines Mannes, der sein Volk ausgerottet hat, und wird von einer Frau gefilmt, die weit und breit als Sachwalterin des guten Geschmacks gilt. Nichts könnte besser das Leben in Südafrika veranschaulichen.«
    Kommandant van Heerden wollte gerade sagen, daß er sie nicht für sehr patriotisch halte, als Miss Hazelstone sich erhob. »Ich hole meinen Koffer. Ich habe schon einen fertig gepackt«, sagte sie und ging auf die Tür zu, als ein dunkler Schatten durch die Glastür gesaust kam und sie zu Boden stieß. Wachtmeister Els hatte einige Zeit gebraucht, um in der Finsternis den Kadaver des Dobermanns ausfindig zu machen, und letzten Endes hatte ihn mehr der Gestank als seine Augen zu dem Abfallhaufen hinter dem Haus geführt, auf den Miss Hazelstone den Hund geworfen hatte. Els trug den Leichnam vorsichtig zum Wagen und legte ihn in den Kofferraum. Er stieg ein, ließ den Motor an und fuhr langsam davon, dankbar, daß der Kommandant nicht aufgewacht war. Erst als er halbwegs den Hügel zur Stadt hinuntergefahren war, brachten ihn die fehlenden Schnarcher vom Rücksitz darauf, daß er sich geirrt hatte.
    Fluchend wendete er den Wagen und raste zurück zum Park. Er hielt in der Auffahrt an und sah sich um. Kommandant van Heerden war nirgends zu erblicken. Els stieg aus, spazierte um das Haus herum und spähte endlich in den beleuchteten Salon, wo der Kommandant und Miss Hazelstone sich miteinander unterhielten. Im Finstern fragte Els sich vergeblich, was zum Teufel da vor sich gehe. »Der schlaue alte Teufel«, dachte er schließlich, »kein Wunder, daß er mir

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