Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tohuwabohu

Tohuwabohu

Titel: Tohuwabohu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
Vom Netzwerk:
Hirngespinste seien interessanter, aber man muß wirklich daraus schließen, daß der Wahnsinn nur ein kümmerlicher Ersatz für die Wirklichkeit ist.« Wenn sie sich dann wieder umsah, schien es ihr überhaupt keinen bedeutsamen Unterschied zwischen dem Leben in der Nervenklinik und dem Leben in Südafrika als Ganzem zu geben. Schwarze Irre machten alle Arbeit, während weiße Irre faul rumlagen und sich für den lieben Gott hielten. »Ich bin sicher, der Allmächtige hat mehr Würde«, dachte Miss Hazelstone im stillen, als sie die matten Gestalten ziellos über den Platz schlurfen sah. »Und ich bin sicher, Er leidet nicht an Größenwahn.«
    Die Nachricht, daß seine Schwester endlich gefunden worden sei und sich jetzt in der Nervenklinik Fort Rapier befinde, kam für den Bischof von Barotseland nicht überraschend. »Sie war nie recht bei Troste«, sagte er zum Kommandanten, der ihn persönlich besucht hatte, um ihm die Nachricht zu bringen, und er bewies aufs neue jenen Mangel an Familienloyalität, den der Kommandant als so bedauerlich bei jemandem empfand, der zu so einem illustren Geschlecht gehörte, denn Jonathan setzte hinzu: »Da ist sie am besten aufgehoben. Man hätte sie schon vor Jahren für verrückt erklären sollen.« Der Bischof verzichtete offenbar auf alle Illusionen, und ganz ohne Frage hatte er aufgehört, freundliche Gefühle für seine Schwester zu hegen, außerdem dachte er auch nicht mehr, sie sei bloß ein kleines bißchen exzentrisch: »Ich empfinde große Bewunderung für Miss Hazelstone«, sagte der Kommandant kühl. »Sie war eine bemerkenswerte Frau, und Zululand wird mit ihrem Scheiden ärmer.«
    »Sie sprechen von ihr, als wäre sie schon tot«, sagte der Bischof, der auffallend öfter über das Sterben nachdachte, seitdem er im »Hintern« gelandet war. »Ich vermute, sie ist gewissermaßen in ein besseres Leben aufgebrochen.«
    »Sie kommt da nicht raus, bis sie tot ist«, sagte der Kommandant grimmig. »Nebenbei, Ihr Prozeß beginnt nächste Woche, wenn Sie also irgendwas zu Ihrer Verteidigung vorzubringen haben, sollten Sie am besten jetzt anfangen, darüber nachzudenken«, und damit war der Kommandant schon wieder weg, überzeugt, daß Jonathan Hazelstone sein Schicksal verdiene.
    Als der Bischof wieder allein in seiner Zelle war, kam er zu dem Schluß, daß es wirklich nichts gebe, was er seinem bereits abgelegten Geständnis noch hinzufügen könnte. Er hielt es so, wie es war, für eine vollkommen angemessene Verteidigung.
    Niemand auf der Welt konnte allen Ernstes glauben, daß er die Verbrechen, die er gestanden hatte, wirklich begangen habe, und er hatte seine Zweifel, ob irgend jemand anderer als ein Fachmann in Fragen des Ritus der Hochkirche strafbare Handlungen von kirchlichen Bräuchen auseinanderhalten könne. Kein Richter, der was taugte, könnte ihn jemals wegen Latitudinarismus verurteilen. Der Bischof legte sich auf die Matte auf dem Zellenfußboden, die ihm als Bett diente, und sah dem Urteil entgegen, das ihn, da war er ganz sicher, freisprechen werde.
    »Wahrscheinlich kommt’s nicht mal dazu«, dachte er heiter. »Der Richter wird die Staatsanwaltschaft einfach aus dem Gericht werfen.«
    Wie gewöhnlich erwiesen sich die Voraussagen des Bischofs von Barotseland als völlig falsch. Der Richter, der den Fall verhandeln sollte, war Gerichtsrat Schalkwyk, dessen Mutter in einem englischen Konzentrationslager gestorben war und der sowohl wegen seiner Taubheit als auch wegen seiner Abscheu gegen alles Britische bekannt war. Der Verteidiger, Mr. Leopold Jackson, war ebenfalls körperlich behindert, und zwar durch eine Gaumenspalte, die seine Plädoyers nahezu unverständlich machte, und er war ohnehin für seine Neigung bekannt, sich richterlicher Autorität zu beugen. Als Verteidiger war er von den Erben des Angeklagten gewählt worden, entfernten Vettern, die in einem ärmlichen Stadtteil von Kapstadt lebten und hofften, durch Beschleunigung des Verfahrens jeder weiteren unwillkommenen Publicity aus dem Weg zu gehen, die den Namen der Familie besudeln könnte. Mr. Jackson durfte seinen Klienten erst wenige Tage vor Prozeßbeginn sprechen, und da auch nur in Anwesenheit von Wachtmeister Els. Das Gespräch fand im »Hintern« statt und war von Anfang an durch ein fast totales Mißverstehen gekennzeichnet. »Sschie schagen, Schie haben ein Geschtändnisch untertscheichnet. Höchscht verhängnischvoll«, sagte Mr.
    Jackson.
    »Es wurde unter Zwang gemacht«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher