Tohuwabohu
ist. Ich meine also, Sie können die Frage, ob Geisteskrankheit ja oder nein, in Ihren Überlegungen vollkommen außer acht lassen. Sie brauchen sich lediglich mit der Schuldfrage zu befassen. Meiner Meinung nach besteht nicht der Schatten eines Zweifels, daß der Beklagte die Morde beging, die ihm zur Last gelegt werden. Er besaß, wie wir von dem Spurensachverständigen gehört haben, den die Anklage präsentierte, sowohl die Gelegenheit als auch die Mittel dazu. Er wurde im Besitz der Mordwaffen angetroffen, als er sich ihrer gerade entledigen wollte. Seine Brieftasche und ein Taschentuch von ihm wurden am Schauplatz des Verbrechens gefunden, und er hat keine zufriedenstellende Erklärung abgeben können, wie sie dorthin gelangt sind. Schließlich hat er in einem von ihm unterschriebenen Geständnis zugegeben, daß er für die Morde verantwortlich ist. Ich glaube, mehr brauche ich nicht zu sagen.
Sie und ich, wir wissen, daß der Angeklagte schuldig ist. Gehen Sie jetzt hinaus, und kommen Sie wieder und bestätigen Sie das.«
Die Geschworenen verließen im Gänsemarsch den Gerichtssaal. Zwei Minuten später kamen sie zurück. Ihr Urteil war einstimmig. Jonathan Hazelstone war in einundzwanzigeinviertel Fällen des Mordes schuldig. Als Gerichtsrat Schalkwyk das Urteil fällte, gestattete er sich, von der Vorurteilslosigkeit, die er in seiner Schlußrede bewiesen hatte, ein wenig abzurücken. Er ging auf ein früheres Urteil ein, in dem es um ein Verkehrsvergehen gegangen war. Der Verurteilte hatte es unterlassen, deutlich auf seine Absicht aufmerksam zu machen, daß er auf einer Kreuzung links abbiegen wollte, und das bedrohte, wie der Gerichtsrat ausführte, das Wesen der südafrikanischen Gemütslage in ihrem Kern, denn sie beruhte auf einer Reihe konsequenter Bewegungen nach rechts.
»Sie sind eine Bedrohung der Werte der westlichen Zivilisation«, sagte der Gerichtsrat, »und Pflicht dieses Gerichts ist es, den Kommunismus auszurotten.« Er ordnete an, den Gefangenen aus dem Gerichtssaal zu führen und am Hals aufzuhängen, bis der Tod eintrete. Er wollte den Saal gerade verlassen, als Mr. Jackson ihn um ein Wort unter vier Augen bat.
»Ich würde die Aufmerkschamkeit Euer Ehren gern auf ein Privileg lenken, dasch die Familie Haschelschtone beschitscht«, gurgelte er.
»Die Familie Hazelstone, das sage ich mit Freude, besitzt überhaupt keine Privilegien mehr«, sagte der Gerichtsrat. »Esch handelt schich um ein lange schtehendesch Vorrecht. Esch schtammt ausch den Tagen von Schör Theophilusch.«
»Lange stehend? Was meinen Sie damit? Es ist keine Frage, daß er lange stehen wird. Er wird in Kürze hängen.«
»Ich meine dasch Privileg, im Piemburger Gefängnisch gehenkt tschu werden. Esch wurde der Familie auf Dauer erteilt«, versuchte Mr. Jackson zu erklären. »Mr. Jackson«, schrie der Gerichtsrat, »Sie stehlen mir meine Zeit und auch dem Gericht, ganz zu schweigen von Ihrem Klienten, dem wenig genug Zeit bleibt, wie die Dinge stehen. Dauer bedeutet, etwas vor dem Vergessen bewahren. Das Urteil, das ich gerade gefallt habe, ist seiner Bedeutung nach genau das Gegenteil. Ich denke, mehr brauche ich nicht zu sagen, und ich möchte Ihnen raten, dasselbe zu tun.«
Mr. Jackson unternahm einen letzten Anlauf. »Darf mein Klient im Piemburger Gefangnisch gehenkt werden?« brüllte er. »Natürlich darf er«, schrie der Gerichtsrat zurück. »Das muß er sogar. Das ist ein lange stehendes Vorrecht der Familie Hazelstone.«
»Vielen Dank«, sagte Mr. Jackson. Als der Gerichtssaal sich leerte, wurde Jonathan Hazelstone starr vor Entsetzen in seine Zelle zurückgeschafft.
Kapitel 17
Mit ungefähr demselben Entsetzen erfuhr Direktor Schnapps, daß er dazu ausersehen sei, bei der ersten Hinrichtung, die das Piemburger Gefängnis seit zwanzig Jahren erlebte, die Aufsicht zu führen. Nicht daß er etwa zimperlich oder über den Gedanken entsetzt gewesen wäre, einer Exekution beiwohnen zu müssen. Er hatte in seiner Zeit als Gefängnisdirektor schon jede Menge Hinrichtungen erlebt, meistens inoffizielle, die an schwarzen Sträflingen ausgeführt wurden, die begierig darauf waren, ein für allemal dem Regiment zu entgehen, das er ihnen verordnet hatte, aber nichtsdestoweniger erfüllten ihn Exekutionen und die Aussicht, wenigstens eine offizielle Hinrichtung auf seiner Habenseite zu besitzen, mit einem Gefühl der Befriedigung. Das Entsetzen rührte von ganz anderen Überlegungen her. Da war zum Beispiel das
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