Tokatas Todesspur
dauerte die Verhandlung gegen den gedrungenen, bärenstarken Killer. Selbst der Richter schien froh zu sein, ihn nicht mehr unter der Gesellschaft zu wissen, so rasch wie möglich schickte er ihn auf die Insel des Schweigens, wo Ozaku hinter den Betonmauern des ausbruchsicheren Zuchthauses verschwand.
Als Killer in Tokio hatte er sich schon durchgesetzt, innerhalb des Zuchthauses nahm er diesen Faden sofort wieder auf. Er wurde zum Boß der Lebenslänglichen. Zwei Tote blieben auf seinem Weg dorthin zurück. Beweisen konnte man Ozaku nichts, obwohl jeder wußte, wer die Toten auf dem Gewissen hatte. Vier Jahre saß Ozaku bereits.
Und er hatte wirklich eine starke Position. Ozaku besaß alles.
Rauschgift, Zigaretten, Alkohol. Er hatte ausgezeichnete Verbindungen nach draußen, und er hatte Aufseher bestochen. Zum Teil sogar durch Drohungen gefügig gemacht, denn die Yakuza, die Mafia, hatte auch in Japan einen sehr langen Arm. Und nicht wenige Aufseher hatten Familie.
Ozaku arbeitete in der Wäscherei. Die Wärter ließen es geschehen, daß er selbst keine Hand anlegte und nur durch die vom Dunst und Dampf geschwängerten Räume patrouillierte. Hier war er der Boß, und er achtete darauf, daß auch gearbeitet wurde.
Es gab keine modernen Maschinen. Gewaschen wurde in riesigen Trögen, die auch schon manchen Gefangenen zum Grab geworden waren, denn die kochend heiße Lauge verbrannte jeden. Auch Ozakus Vorgänger war in einem dieser Tröge gestorben.
Montags war Großwaschtag.
Alles, was innerhalb des Zuchthauses an schmutzigen Sachen anfiel, wurde in die Wäscherei geschafft. Kalfaktoren zogen die schweren Wagen durch die Gänge, bis zu einer kleinen Rampe innerhalb eines Blocks.
Ein Lastenaufzug schaffte die Wagen dann in den Keller, wo die Wäscherei lag.
Montags waren die Gefangenen besonders unruhig. Vor ihnen lag wieder eine harte Woche, viele waren unlustig, und manche Wärter mußten zu Prügelmaßnahmen greifen, um die Männer auf Trab zu bringen.
Die Kalfaktoren fluchten, weil sie die schweren Wagen ziehen mußten, und in der Wäscherei wurde bereits die Lauge gekocht, die in den runden Bottichen schwappte. Mit langen Holzstangen rührten die Gefangenen die milchig schimmernde Lauge um, und es gab nicht wenige, die vor Wut einfach hineinspien. Ozaku stand dort, wo der Aufzug endete und andere Gefangene die Wagen in Empfang nahmen.
Die Leute trugen festes blaues Drillichzeug, das so gut wie unzerreißbar war. Die Gesichter der Männer waren fahl und bleich. Manchmal verzerrten sie sich auch, ein Zeichen, daß irgendeiner wieder über sein verdammtes Schicksal nachdachte. Ozaku stand wie eine Säule. Das Haar glänzte naß. Jede einzelne schwarze Strähne war glatt nach hinten gekämmt. Sein Gesicht wirkte in all dem Dunst wie ein bleicher Ballon, die Augen waren klein und erinnerten an schwarze Punkte. Sein Mund hatte Ähnlichkeit mit einem schmalen Halbmond, der wie eine Sichel im Unterteil seines Gesichts stand und nach unten gebogen war. Ozaku schaute nur.
Wenn jemand aus der Reihe tanzte, dann griff er ein. Rücksichtslos schlug er den anderen zusammen. Nur seine Befehle galten, er sorgte für Ordnung und Disziplin. Die Wärter schauten ruhig zu, denn Ozaku war gewissermaßen ihr verlängerter Arm, obwohl er auf der anderen Seite stand und es ihm nichts ausmachen würde, einem Aufseher die Kehle durchzuschneiden.
Als die ersten Wagen ankamen, standen schon zwei Gefangene bereit, um sie zu den Bottichen zu fahren. Dort wurde die Wäsche abgeladen und in die Tröge gestopft. Die heiße, scharfe Lauge brannte den Stoff förmlich aus, so kam es, daß der blaue Drillich im Laufe der Zeit immer bleicher wurde. Wer nicht schnell genug arbeitete, den trieb Ozaku an, denn auch ihm machte es keinen Spaß, den Tag in dieser feuchtheißen Waschküche zu verbringen, wo sich der Dunst so ausbreitete, daß man kaum Luft bekam.
Es gab keinen Abzug, nur am Ende der Waschküche zwei große, viereckige Löcher im Boden, wo die Lauge hineingekippt wurde. Die Löcher waren mit starken Eisengittern verschlossen. Eigentlich eine unnötige Vorsichtsmaßnahme, denn durch einen Schacht zu fliehen, das würde wohl keinem gelingen. Irgendwo mündeten die Schächte ins Meer. Doch bis sie den Ozean erreichten, war der Flüchtling längst ertrunken.
»Weiter!« schrie Ozaku die beiden Gefangenen an, die Mühe hatten, den vollbeladenen Wagen voranzuschieben. »Ihr sollt euch nicht ausruhen, ihr Ratten!«
Ozaku hatte, wie
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