Tokatas Todesspur
soviel er sich erinnern konnte, in den alten Erzählungen nicht erwähnt worden. »Ich weiß nicht, wer du bist«, erwiderte er flüsternd.
Lauter konnte er nicht sprechen, seine Kehle war zugeschnürt. Die Angst hatte einen regelrechten Knoten gebildet. »Ich bin Tokata.«
Der Unheimliche sagte dies mit einer solchen Selbstverständlichkeit, als müßte Miko einfach Bescheid wissen. »Der Samurai des Satans!«
Da blitzte tief in Mikos Innern ein Funke der Erinnerung. Er wurde zu einer kleinen Flamme, die weiter aufflackerte, und plötzlich wußte auch Miko, wer dieser Tokata war. Er erinnerte sich an die Geschichten, die man sich über die Insel erzählte, über die beiden Samurais, die sich stritten. Einer von ihnen war Tokata gewesen, er hatte sich Emma-Hoo, dem Teufel verpflichtet, auf den Namen des anderen kam Miko nicht.
Aber Tokata konnte doch nicht leben! Er mußte doch tot sein, eine Jahrtausende alte Legende konnte zwar lange in den Köpfen der Menschen herumspuken, aber daß sie Realität werden sollte, daran glaubte Miko nicht.
»Das kannst du nicht sein«, flüsterte er.
»Du zweifelst?« fuhr ihn der andere an.
»Ja, ich…« Er brach mitten im Satz ab, denn Tokata hatte sein Schwert erhoben und ließ es im nächsten Augenblick wieder nach unten fahren.
Eine gedankenschnelle Bewegung, mit den Augen kaum zu verfolgen, aber sie zeigte Wirkung und bewies auch, wie gut der Samurai des Satans mit seinem Schwert umgehen konnte. Als die Klinge wie ein grausamer Schatten auf ihn niederfuhr, da schloß Miko mit seinem Leben ab. Von diesem Monstrum hatte er keine Gnade zu erwarten. Der Japaner blieb am Leben. Er spürte nur auf seiner Brust einen Ruck und dann einen ziehenden Schmerz, als die Klinge, die auch seine Kleidung durchschnitten hatte, über die nackte Haut fuhr und dort einen waagerechten, langen roten Streifen hinterließ.
Eine Verletzung, ein Zeichen, mehr nicht. »Beim nächsten Mal schneide ich dir den Kopf ab!« drohte Tokata. »Und jetzt steh auf!« Seine Hand machte eine knappe Bewegung, und das Schwert verschwand von Mikos Brust. Miko quälte sich auf die Beine.
Tokata blieb neben ihm stehen. Er beobachtete jede seiner Bewegungen, das Schwert hielt er fest. Miko dachte nicht an Flucht. Er war froh, daß er überhaupt noch lebte. Mit weichen Knien blieb er stehen. Er konnte sich auch nicht halten, fiel nach vorn und mußte sich an der Wand abstützen.
»Du gehst jetzt!« befahl Tokata. »Den gleichen Weg zurück. Wir verlassen dieses Haus.«
Miko nickte. Das Zittern in seinen Gliedern blieb, auch als er den Korridor hinter sich gelassen hatte und den Flur betrat. Der Samurai des Satans blieb dicht hinter ihm, und er hielt auch nach wie vor sein Schwert fest. Halbhoch. Wenn seine Geisel etwas tat, was ihm nicht gefiel, würde er ihr die Klinge in den Rücken stoßen.
Es ging die Treppen wieder hinunter. Miko dachte an die Bestien, die er von oben gesehen hatte. Es waren mehrere mutierte Tiere gewesen.
Seltsamerweise flößten sie ihm jetzt keine Angst mehr ein. Er hatte gesehen, wie Tokata mit ihnen fertig wurde, und er würde auch vor den anderen keine Furcht zeigen. Zudem wollte er etwas von Miko, und er glaubte nicht, daß sich der Samurai des Satans seine Geisel so einfach würde entreißen lassen.
In der ersten Etage rechnete Miko eigentlich mit einem Angriff der anderen. Er täuschte sich. Niemand lauerte dort auf ihn, und sie konnten unbeschadet weitergehen.
Auch als sie den unteren Flur betraten und durch die zerstörte Haustür nach draußen schauten, sahen sie nichts, was ihren Verdacht erregt hätte. Es blieb ruhig.
Vor dem Hochhaus hatten die Mutationen gesessen, jetzt waren sie verschwunden.
Der Wind war kälter geworden. Er schnitt in Mikos Kleidung. Der Wächter fröstelte. Aus seiner breiten Schnittwunde an der Brust rann noch immer Blut.
Die Schmerzen waren auch nicht verschwunden. Sie ließen sich jedoch aushalten. Wichtig für ihn war nur, daß er mit dem Leben davonkam.
Bisher ging alles glatt. Das Schiff war inzwischen auch in den Hafen gelaufen. Wenn Miko einen Blick nach rechts warf, konnte er die Spitze des Antennenmastes sehen. Für Sekunden durchzuckte ihn ein verzweifelter Gedanke. Wenn er jetzt losrannte und sich auf dem Schiff oder bei seinen Kollegen verkroch, konnte er Tokata entgehen. Das jedoch waren Träume. Niemand würde es schaffen, der Waffe des Samurais zu entkommen. Tokata war zu grausam, zu brutal, zu schnell
... Miko war gespannt, wo
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