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Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Titel: Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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stellen, und schon bald plauderten wir wie gute alte Freunde.
    Eine Kellnerin kam, und ich bestellte einen zwölf Jahre alten Cragganmore. Meine Nachbarn taten es mir nach. Ich war ein Freund von Kawamura Midori, also musste das, was ich bestellt hatte, trendy sein, egal, was es war. Wahrscheinlich wussten sie nicht einmal, ob sie sich gerade Scotch, Wodka oder eine neue Biersorte bestellt hatten.
    Als das Trio auf die Bühne kam, wurde es mit Applaus begrüßt. Auch das ist im Alfie anders: Wenn da die Musiker erscheinen, füllt eine ehrfürchtige Stille den Raum.
    Midori setzte sich an den Flügel. Sie trug eine verwaschene Blue Jeans und eine schwarze, eng anliegende Samtbluse mit tiefem Ausschnitt, die ihre Haut im Kontrast dazu leuchtend weiß erscheinen ließ. Sie neigte den Kopf, legte die Fingerspitzen auf die Tasten, und das Publikum wurde still, erwartungsvoll. Einen langen Moment verharrte sie so, blickte auf den Flügel, und dann begann sie zu spielen.
    Sie fing langsam an, mit einer schlichten Version von Thelonious Monks «Brilliant Corners», aber alles in allem spielte sie härter als im Alfie, hingebungsvoller, ging manchmal mit dem Bass und dem Schlagzeug in den Clinch, fand aber in diesem Gegensatz eine frische Harmonie. Ihre Riffs waren zornig, sie spielte sie länger aus, und wenn sie zurückfand, klangen ihre Töne lieblich, aber man spürte dennoch eine Frustration, eine Ungeduld dicht unter der Oberfläche.
    Das Set dauerte neunzig Minuten, und die Musik wechselte von einem rauchigen, melodiösen Sound zu elegischer Traurigkeit und dann zu einer heiteren, lachenden Ausgelassenheit, die die Traurigkeit verscheuchte. Midori endete mit einem verrückten, lebenssprühenden Riff, und als es vorbei war, brach tosender Applaus aus. Midori stand auf, neigte dankend den Kopf. Der Drummer und der Bassgitarrist lachten und wischten sich mit Taschentüchern den triefenden Schweiß aus dem Gesicht, und der Applaus wollte kein Ende nehmen. Was auch immer Midori empfand, wenn sie spielte, wenn die Musik sie packte, sie hatte ihr Publikum mitgerissen, und das Klatschen war von echter Dankbarkeit durchdrungen. Als der Beifall schließlich abebbte, verließ das Trio die Bühne, und die Leute standen nach und nach auf und vertraten sich die Beine.
    Wenige Minuten später kam Midori zurück und zwängte sich mit einem Stuhl neben mich. Noch immer war ihr Gesicht von dem Auftritt gerötet. «Wusste ich doch, dass ich Sie gesehen habe», sagte sie und versetzte mir einen sanften Stoß mit der Schulter. «Danke, dass Sie gekommen sind.»
    «Danke für die Einladung. Am Kartenverkauf wurde ich sogar erwartet.»
    Sie lächelte. «Wenn ich denen nicht Bescheid gesagt hätte, wären Sie nicht reingekommen, und auf der Straße kriegt man ja nicht viel mit von der Musik, oder?»
    «Nein, der Empfang ist hier, wo ich sitze, eindeutig besser», sagte ich und sah mich um, als bestaunte ich die Größe des Blue Note, suchte jedoch in Wahrheit nach Mr. Gleichgültig.
    «Haben Sie auch Hunger?», fragte sie. «Ich geh jetzt gleich mit der Band was essen.»
    Ich zögerte. Wenn andere Leute dabei waren, würde sich keine Gelegenheit bieten, ihr Informationen zu entlocken, und ich war keineswegs erpicht darauf, meinen stets kleinen Bekanntenkreis zu erweitern.
    «He, das ist schließlich euer großer Abend, euer erster Gig im Blue Note», sagte ich. «Da wollt ihr doch bestimmt unter euch feiern.»
    «Nein, nein», sagte sie und stieß wieder sacht gegen meine Schulter. «Ich würde mich freuen, wenn Sie mitkämen. Und wollen Sie denn nicht den Rest der Band kennen lernen? Die beiden waren fantastisch heute Abend, fanden Sie nicht auch?»
    Andererseits, je nachdem., wie sich der Abend gestaltet, hast du vielleicht später Gelegenheit, mit ihr allein zu sprechen. « Und ob. Das Publikum war begeistert.»
    «Wir hatten an die Living Bar gedacht. Kennen Sie die?»
    Gute Wahl, dachte ich. Die Living Bar, ein absurder Name, wie ihn sich wirklich nur Japaner einfallen lassen können, ist ein stimmungsvolles Lokal auf der Omotesando. Es lag ganz in der Nähe, aber wir würden auf dem Weg dorthin mindestens fünfmal abbiegen müssen, ich würde also ausreichend Gelegenheit haben herauszufinden, ob Mr. Gleichgültig uns folgte.
    «Natürlich. Das ist eine Restaurantkette, nicht?»
    «Ja, aber das auf der Omotesando ist netter als alle anderen. Die Speisekarte bietet jede Menge interessante Kleinigkeiten, und die Bar ist auch gut. Eine gute

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