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Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Titel: Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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Julliard in New York zurückkam, war sie eine richtige Radikale. Sie wollte alles an Japan verändern. Aber ich glaube, das ist jetzt vorbei.»
    «Ich will noch immer einiges verändern», sagte Midori mit warmer, aber fester Stimme. «Ich finde bloß, dass man mit wütenden Parolen nichts erreicht. Man muss geduldig sein, man muss sich überlegen, wofür man kämpft.»
    «Und wofür hast du in letzter Zeit gekämpft?», fragte er.
    Tom sah mich an. «Du musst wissen, Ken hat das Gefühl, sich zu verkaufen, wenn er in etablierten Läden wie dem Blue Note spielt. Manchmal lässt er das dann an uns aus.»
    Ken lachte. «Wir haben uns alle verkauft.»
    Midori verdrehte die Augen. «Mensch, Ken, es reicht.»
    Ken musterte mich. «Was ist mit dir, John? Wie sagen die Amerikaner: ‹Entweder du gehörst zur Lösung oder du gehörst zum Problem›?»
    Ich lächelte. «Da fehlt noch: ‹Oder du gehörst zur Landschaft.›»
    Ken nickte, als sähe er sich in irgendwas bestätigt. «Und das ist das Allerschlimmste.»
    Ich zuckte die Achseln. Er war mir gleichgültig, und es fiel mir leicht, die Distanz zu wahren. «Ehrlich gesagt, ich habe eigentlich nie darüber nachgedacht, wozu ich, um bei dem Bild zu bleiben, gehöre. Manche Firmen haben Probleme, nach Japan zu exportieren, und denen bin ich behilflich. Aber du hast zum Teil Recht. Ich werde darüber nachdenken, was du gesagt hast.»
    Er suchte Streit und wusste nicht, was er von meiner versöhnlichen Antwort halten sollte. Umso besser. «Trinken wir noch was», sagte er.
    «Ich denke, ich hab genug für heute», sagte Midori. «Ich würde gern gehen.»
    Als sie das sagte, bemerkte ich, dass Mr. Gleichgültig, der angestrengt woanders hinblickte, ein kleines Gerät betätigte, etwa so groß wie ein Wegwerffeuerzeug, das er auf ein Knie gesetzt und auf uns gerichtet hatte. Verdammt, dachte ich. Eine Kamera.
    Er hatte Midori fotografiert, und ich würde mit auf den Bildern sein. Aber das Risiko war ich eingegangen, indem ich mich in Midoris Nähe aufhielt.
    Okay. Ich würde mit den dreien zusammen gehen, mir dann eine Entschuldigung einfallen lassen, vielleicht, dass ich irgendwas vergessen hatte, zurück zur Bar gehen und ihn abfangen, wenn er gerade wieder Midoris Verfolgung aufnehmen wollte. Ich konnte unmöglich zulassen, dass er die Kamera behielt, nicht mit meinem Foto auf dem Film.
    Aber Mr. Gleichgültig eröffnete mir stattdessen eine andere Möglichkeit. Er stand auf und ging in Richtung der Toiletten.
    «Ich werde mich dann auch mal auf den Heimweg machen», sagte ich, stand auf und spürte, wie mein Herz anfing, heftiger in der Brust zu pochen. «Muss nur noch rasch zur Toilette.» Ich entfernte mich vom Tisch.
    Ich ging wenige Meter hinter Mr. Gleichgültig her durch das Lokal. Ich hielt den Kopf leicht gesenkt, mied den Blickkontakt mit den Gästen, an denen ich vorbeikam, hörte mein Herz gleichmäßig in den Ohren dröhnen. Er öffnete die Tür zur Toilette und ging hinein. Ehe die Tür wieder zufallen konnte, stieß ich sie auf und folgte ihm.
    Zwei Kabinen, zwei Urinale. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass die Kabinentüren einen Spalt offen standen. Wir waren allein. Das Dröhnen meines Herzens war so laut, dass es jedes andere Geräusch übertönte. Ich spürte die Luft glatt durch meine Nasenlöcher ein-und ausströmen, das Blut durch die Adern meiner Arme pulsieren.
    Er drehte sich zu mir um, als ich näher kam, vielleicht weil er mich aus den Augenwinkeln als einen der Männer erkannte, die mit Midori am Tisch saßen, vielleicht weil ihn ein rudimentärer und jetzt überflüssiger Instinkt warnte, dass er in Gefahr war. Meine Augen ruhten auf seinem oberen Torso, ohne sich auf einen bestimmten Teil zu konzentrieren, nahmen seinen ganzen Körper wahr, die Position seiner Hüfte und der Hände, empfingen die Information, verarbeiteten sie.
    Ohne innezuhalten oder sonst wie zu stocken, trat ich vor und rammte ihm meine linke Hand genau in die Kehle, so dass ich seine Luftröhre in dem V zwischen Daumen und Zeigefinger erwischte. Sein Kopf wippte nach vorn und seine Hände schnellten hoch an seinen Hals.
    Ich trat hinter ihn und griff in seine Hosentaschen. Aus der linken holte ich die Kamera. Die andere war leer.
    Er umklammerte hilflos seine verletzte Kehle, lautlos, bis auf einige klackende Geräusche von Zunge und Zähnen. Er fing an, mit dem linken Fuß auf den Boden zu stampfen und seinen Oberkörper zu verdrehen, weil er jetzt in Panik geriet und der

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