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Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Titel: Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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er seinen Dank für den Kauf zum Ausdruck, und es wäre unhöflich gewesen, ihn zur Eile zu drängen. Schließlich bot er mir das Päckchen mit ausgestreckten Armen und einer tiefen Verbeugung dar, und ich nahm es mit einer ähnlichen Haltung entgegen und verbeugte mich zum Abschied.
    Ich ging zurück zur Mita-Linie. Wenn ich mir wirklich Sorgen gemacht hätte, dass jemand mich beschattete, hätte ich ein Taxi genommen, aber ich wollte sehen, ob ich den Aktenkoffer-Mann wiederfand. Ich wartete auf dem Bahnsteig, bis zwei Züge kamen und wieder abfuhren. Wenn jemand mich verfolgte, hätte auch er auf dem Bahnsteig bleiben müssen – abwegiges Verhalten, durch das man deutlich auffällt. Aber der Bahnsteig war menschenleer, und der Aktenkoffer-Mann blieb verschwunden. Wahrscheinlich hatte es nichts zu bedeuten gehabt.
    Wieder dachte ich an Midori. Es war ihr zweiter Abend im Blue Note, und sie würde in gut einer Stunde spielen. Ich fragte mich, was sie wohl denken würde, wenn ich wieder nicht kam. Wahrscheinlich würde sie annehmen, dass ich kein Interesse hatte, dass es vielleicht zu direkt von ihr gewesen war, mich einzuladen. Kaum anzunehmen, dass ich sie je wiedersehen würde, und sollten wir uns doch einmal zufällig über den Weg laufen, würden wir uns etwas verlegen, aber höflich verhalten, wie zwei Menschen, die sich kurz kennen gelernt haben, deren Bekanntschaft sich aber nicht vertieft hat, etwas weiß Gott nichts Ungewöhnliches. Vielleicht würde sie sich irgendwann bei Mama nach mir erkundigen, aber Mama weiß nur, dass ich ab und zu unangemeldet im Alfie auftauche.
    Ich fragte mich, wie es wohl gewesen wäre, wenn wir uns unter anderen Umständen begegnet wären. Es hätte gut werden können, dachte ich wieder.
    Ich musste fast lachen, weil es so absurd war. Für so etwas war in meinem Leben einfach kein Platz, und das wusste ich.
    Crazy Jake hatte gesagt: Für uns gibt es kein Zuhause mehr, John. Nicht nach dem, was wir getan haben.
    Das war vermutlich der zutreffendste Rat, den man mir je erteilt hat. Vergiss sie, dachte ich. Du weißt, es geht nicht anders.
    Mein Pager summte. Ich suchte mir ein Münztelefon und rief die Nummer an.
    Es war Benny. Nach dem üblichen Austausch von genau festgelegten Floskeln sagte er: «Ich hab einen neuen Auftrag für Sie, wenn Sie wollen.»
    «Wieso kontaktieren Sie mich auf diese Weise?», fragte ich und meinte: Warum nicht übers Bulletin Board?
    «Die Sache eilt. Interessiert?»
    «Ich habe nicht den Ruf, arbeitsscheu zu sein.»
    «Diesmal müssten Sie eine Ihrer Regeln brechen. Wenn Sie Ja sagen, gibt es eine Zulage.»
    «Ich höre.»
    «Es geht um eine Frau. Jazzmusikerin.»
    Lange Pause.
    «Sind Sie noch dran?», fragte er.
    «Ich höre noch immer zu.»
    «Wenn Sie Einzelheiten erfahren wollen, wissen Sie ja, wo Sie die finden.»
    «Wie ist der Name?»
    «Nicht am Telefon.»
    Eine weitere Pause.
    Er räusperte sich. «Also schön. Derselbe Name wie beim letzten Auftrag. Hängt zusammen. Ist das wichtig?»
    «Eigentlich nicht.»
    «Nehmen Sie an?»
    «Wahrscheinlich nicht.»
    «Beträchtliche Zulage, wenn Sie annehmen.»
    «Was heißt beträchtlich?»
    «Sie wissen, wo Sie die Einzelheiten finden.»
    «Ich schau's mir an.»
    «Ich brauche eine Antwort binnen achtundvierzig Stunden, okay? Die Sache muss unbedingt erledigt werden.»
    «Müssen sie doch immer», sagte ich und legte auf.
    Ich stand noch einen Augenblick da, sah mich im Bahnhof um, beobachtete das Menschengewimmel.
    Dieser verfluchte Benny, da sagt er mir: «Die Sache muss unbedingt erledigt werden», und gibt mir damit zu verstehen, dass jemand anders es machen wird, wenn ich es nicht mache.
    Wieso Midori? Eine Verbindung zu Bulfinch, dem Journalisten.
    Er hatte ihren Kontakt gesucht, wie ich im Alfie gesehen hatte, zusammen mit dem Telefonmann. Also musste derjenige, für den der Telefonmann arbeitete, davon ausgehen, dass Midori etwas erfahren hatte, das sie nicht wissen durfte, oder aber, dass ihr Vater ihr etwas gegeben hatte, etwas, hinter dem Bulfinch her war. Etwas, das so wichtig war, dass man keinerlei Risiken eingehen durfte.
    Du könntest es machen, dachte ich. Wenn du es nicht machst, macht es ein anderer. Du würdest es wenigstens gut machen, schnell. Sie würde nichts spüren.
    Aber das waren bloß Worte. Ich wollte ebenso empfinden, aber das gelang mir nicht. Stattdessen hatte ich das Gefühl, dass ihre Welt besser nie mit meiner kollidiert wäre.
    Eine Mita-sen-Bahn fuhr ein, in

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