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Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Titel: Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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Koto-dori hinunterfahren und dann links zum Blue Note abbiegen. Ich rechnete fest damit, dass wir bei dem dichten Verkehr nur langsam vorankämen, so dass ich die Stellen, an denen ich Beobachtungsposten bezogen hätte, gut unter die Lupe nehmen konnte.
    Der Verkehr war so zäh, wie ich gehofft hatte, und ich konnte in Ruhe die Gegend absuchen, während wir vorbeikrochen. Das Blue Note ist nicht ideal, um in der Nähe unauffällig zu warten. Die Geschäfte ringsum waren jetzt alle geschlossen. Vom Restaurant Caffe Idee auf der anderen Straßenseite mit seinem großen Balkon hatte man eine gute Sicht, aber wegen der langen, schmalen Außentreppe, die nur einen entsprechend langsamen Zugang ermöglicht, ist das Restaurant als Beobachtungsposten ungeeignet.
    Andererseits müsste man ja nicht lange warten. Das Ende eines Sets im Blue Note lässt sich bis auf fünf Minuten genau berechnen. Das zweite Set hatte noch nicht begonnen. Falls sie also doch heute Abend nach dem Auftritt einen Besuch bei Midori geplant hatten, dann waren sie vermutlich noch gar nicht eingetroffen.
    Oder sie waren schon drin, als Fans getarnt im Publikum.
    Ich ließ das Taxi kurz vor der Omotesando-dori halten, stieg aus und ging die vier Blocks zurück zum Blue Note. Ich achtete bewusst auf die in Frage kommenden Stellen, aber es war anscheinend alles in Ordnung.
    Eine lange Schlange von Leuten wartete auf den Einlass für das zweite Set. Ich ging zur Kasse und erfuhr, dass alles ausverkauft war. Es gab nur noch reservierte Karten.
    Verdammt, daran hatte ich nicht gedacht. Aber Midori vielleicht, wenn sie wirklich wollte, dass ich kam. «Ich bin ein Bekannter von Kawamura Midori», sagte ich. «Fujiwara Junichi...?»
    «Ach ja», erwiderte der Mann. «Kawamura-san hat mir gesagt, dass Sie vielleicht heute Abend kommen. Bitte warten Sie hier -das zweite Set fängt in einer Viertelstunde an, und wir möchten, dass Sie einen guten Platz bekommen.»
    Ich nickte und trat zur Seite. Wie versprochen, kam fünf Minuten später das Publikum des ersten Sets herausgeströmt, und sobald alle draußen waren, führte man mich hinein, eine breite, steile Treppe hinunter und zu einem Tisch direkt vor der noch leeren Bühne.
    Das Blue Note ist ganz anders als das Alfie. Erstens hat es eine hohe Decke, die ein Gefühl von Geräumigkeit vermittelt – ein krasser Unterschied zu der nahezu höhlenartigen Intimität des Alfie. Außerdem wirkt es insgesamt edler: guter Teppichboden, teuer aussehende Holztäfelung, sogar ein paar Flachbildschirme in einem Vorraum für die Zwanghaften, die zwischen den Sets in ihre Mailbox gucken müssen. Und auch das Publikum im Blue Note ist anders: erstens, weil man die wenigen Leute, die ins Alfie reinpassen, kaum als «Publikum» bezeichnen kann, und zweitens, weil die Leute im Alfie nur wegen der Musik kommen, wohingegen man im Blue Note auch gesehen werden will.
    Ich blickte mich in dem Raum um, während das Publikum hereindrängte, aber mein Radar peilte nichts Bedrohliches.
    Wenn du an sie herankommen wolltest und könntest dir den Platz aussuchen, wo würdest du dich hinsetzen? Du würdest dicht an einem der Ausgänge bleiben. Dann hättest du, falls nötig, einen Fluchtweg, und du hättest den ganzen Raum vor dir, so dass du alle von hinten beobachten könntest, statt umgekehrt.
    Ich drehte mich um und ließ den Blick schweifen, als hielte ich nach irgendwelchen Bekannten Ausschau. Da war ein Japaner, Mitte vierzig, der ganz links hinten saß, am Ausgang. Die Leute neben ihm plauderten miteinander; er war offensichtlich allein da. Er trug einen zerknitterten, schlecht sitzenden Anzug, dunkelblau oder grau. Er blickte gleichgültig, zu gleichgültig für meinen Geschmack. Die Leute hier waren Jazzfans, die zu zweit oder zu dritt gekommen waren und gespannt auf den Auftritt warteten. Mr. Gleichgültig erweckte den Eindruck, möglichst nicht auffallen zu wollen. Ich speicherte ihn als sehr verdächtig ab.
    Ich drehte mich in die andere Richtung. Gleicher Platz, ganz rechts hinten. Drei junge Frauen, die aussahen wie Sekretärinnen, die sich einen schönen Abend machen wollten. Kein erkennbares Problem.
    Mr. Gleichgültig würde mich während des gesamten Auftritts beobachten können, und ich durfte nicht den gleichen Fehler machen wie er, nämlich auffällig allein zu sein. Ich sprach die mir Nächstsitzenden an und erzählte ihnen, dass ich ein Bekannter von Midori sei und sie mich eingeladen habe; sie fingen an, mir Fragen zu

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