Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag
jeden Fall zu unterlassen ist, weil sonst das gesamte Team bei einem Überfall aus dem Hinterhalt oder durch eine Mine mit einem Schlag ausgelöscht werden kann. Sie fürchteten offenbar, dass Midori einen Fluchtversuch unternehmen könnte.
Ich schob Spiegel und Schlüsselbund zurück in die Tasche und lauschte auf ihre Schritte. Als sie nur noch wenige Zentimeter entfernt zu sein schienen, brüllte ich einen Krieger- Kiyai, sprang hervor, drückte den Auslösegriff und zielte in Augenhöhe.
Nichts passierte. Der Feuerlöscher gluckste einmal und gab dann ein enttäuschendes Zischgeräusch von sich. Das war alles.
Dem Anführer klappte die Kinnlade herunter, und er griff hektisch nach innen in sein Jackett. Ich hatte das Gefühl, mich wie in Zeitlupe zu bewegen, und war sicher, dass ich eine Sekunde zu spät kommen würde, als ich das untere Ende des Feuerlöschers hochriss. Ich sah seine Hand wieder auftauchen, sie hielt einen kurzläufigen Revolver. Ich schnellte vor und stieß ihm den Feuerlöscher mit voller Wucht wie einen Rammbock ins Gesicht, legte mein ganzes Gewicht in den Stoß. Ein befriedigendes dumpfes Geräusch erklang, er fiel gegen Midori und den Kerl dahinter und seine Waffe schepperte zu Boden.
Der Zweite stolperte rückwärts, löste sich von Midori und ruderte mit dem linken Arm. In der anderen Hand hielt er eine Waffe, und er versuchte, sie vor sich zu halten.
Ich schleuderte den Feuerlöscher wie ein Geschoss und erwischte ihn genau in der Mitte. Er klappte zusammen, und sofort war ich bei ihm, packte die Waffe und entriss sie ihm. Ehe er die Hände schützend heben konnte, schmetterte ich ihm den Revolvergriff krachend gegen den Fortsatz des Schläfenbeins hinter dem Ohr. Es gab ein lautes Knacken, und er erschlaffte.
Ich wirbelte herum und riss die Waffe hoch, doch sein Freund rührte sich nicht. Sein Gesicht sah aus, als wäre er gegen einen Laternenmast gerannt.
Als ich mich zu Midori umdrehte, sah ich gerade noch einen dritten Mann aus dem Fahrstuhl kommen, wo er von Anfang an postiert gewesen sein musste. Er packte Midori von hinten mit der linken Hand um den Hals und wollte sie als Schutzschild nehmen, während er mit der rechten Hand in die Jacketttasche griff und nach einer Waffe tastete. Aber bevor er sie herausziehen konnte, fuhr Midori in seiner Umklammerung gegen den Uhrzeigersinn herum, packte sein linkes Handgelenk mit beiden Händen und drehte ihm den Arm mit einem klassischen Aikido -San-kyo- Griff nach außen und hinten. Seine Reaktion zeugte von Erfahrung: Er warf seinen Körper in Richtung des Drehgriffs, um zu verhindern, dass ihm der Arm gebrochen wurde, und rollte mit einer geschmeidigen Ukemi- Landung ab. Doch bevor er sich wieder aufrappeln konnte, war ich bei ihm und trat ihm mit solcher Wucht gegen den Kopf, dass sein ganzer Körper vom Boden abhob.
Midori sah mich an, die Augen weit aufgerissen und mit flachen Zügen atmend.
«Daijobu?», fragte ich sie und fasste sie am Arm. «Alles in Ordnung? Haben sie dir was getan?»
Sie schüttelte den Kopf. «Sie haben gesagt, sie wären von der Polizei, aber ich wusste, das konnte nicht stimmen. Einen Ausweis wollten sie mir nicht zeigen, und wieso haben die überhaupt in meiner Wohnung gewartet? Wer sind sie? Woher hast du gewusst, dass sie bei mir waren?»
Ich ließ meine Hand auf ihrem Arm und ging jetzt mit ihr durch die Eingangshalle in Richtung der Glastüren, während meine Augen hin und her huschten und draußen nach Anzeichen von Gefahr suchten.
«Ich hab sie im Blue Note gesehen», sagte ich und drängte sie durch den Druck auf ihrem Arm, schneller zu gehen. «Als ich gemerkt habe, dass sie uns nicht gefolgt waren, kam mir der Gedanke, dass sie vielleicht in deiner Wohnung auf dich warten. Da hab ich dann angerufen.»
«Du hast sie im Blue Note gesehen? Wer sind sie? Und wer zum Teufel bist du eigentlich?»
«Ich bin jemand, der in etwas sehr Schlimmes hineingeraten ist und dich davor schützen will. Ich erklär es dir später. Jetzt müssen wir dich erst mal irgendwohin bringen, wo du sicher bist.»
«Wo ich sicher bin? Mit dir?» Sie blieb vor den Glastüren stehen und drehte sich zu den drei Männern um, deren Gesichter blutige Masken waren, dann sah sie wieder mich an.
«Ich erklär dir alles, aber nicht jetzt. Im Augenblick zählt nur, dass du in Gefahr bist, und ich kann dir nicht helfen, wenn du mir nicht glaubst. Ich bring dich irgendwohin, wo du sicher bist, und dann erzähl ich dir, was los
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