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Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Titel: Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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wählte ihre Nummer auf dem Handy. Ihr Telefon klingelte dreimal, dann meldete sich ein Anrufbeantworter.
    Ich legte auf und wiederholte das Ganze mit der Wahlwiederholung, dann noch einmal. Und noch einmal.
    Ich wollte sie nervös machen, sie verunsichern. Falls jemand wiederholt versuchte, sie zu erreichen, würden sie sie vielleicht ans Telefon gehen lassen, um eventuelles Misstrauen zu zerstreuen.
    Beim fünften Versuch hob sie ab. « Moshi moshi», sagte sie mit unsicherer Stimme.
    «Midori, ich bin es, John. Ich weiß, dass du nicht reden kannst. Ich weiß, dass Männer in deiner Wohnung sind. Sag zu mir ‹In meiner Wohnung ist kein Mann, Großmutter.›»
    «Was?»
    «Sag: ‹In meiner Wohnung ist kein Mann, Großmutter› Sag es einfach!»
    «In meiner ... In meiner Wohnung ist kein Mann, Großmutter.»
    «Gut gemacht. Und jetzt sagst du: ‹Nein, ich will nicht, dass du jetzt herkommst. Hier ist niemand.›»
    «Nein, ich will nicht, dass du jetzt herkommst. Hier ist niemand.»
    Sicher brannten sie inzwischen darauf, aus der Wohnung zu kommen. «Sehr gut. Streite dich weiter mit deiner Großmutter, okay? Die Männer sind nicht von der Polizei; das weißt du. Ich kann dir helfen, aber nur, wenn du sie dazu bringst, deine Wohnung zu verlassen. Sag ihnen, dein Vater hätte einige Unterlagen bei sich zu Hause versteckt gehabt, als er starb. Sag, du wirst ihnen zeigen wo. Sag, du kannst nicht beschreiben, wo das Versteck ist; es ist irgendwo in einer Wand, und du musst es ihnen zeigen. Hast du verstanden?»
    «Großmutter, du machst dir zu viele Sorgen.»
    «Ich werde draußen warten», sagte ich und brach die Verbindung ab.
    Welchen Weg werden sie wahrscheinlich nehmen, dachte ich und überlegte, wo ich ihnen auflauern könnte. Aber genau in diesem Moment kam eine alte Frau aus dem Fahrstuhl, tief gebeugt von einer Kindheit mit schlechter Ernährung und harter Arbeit auf den Reisfeldern, und brachte ihren Müll weg. Die automatischen Türen glitten für sie auseinander, als sie nach draußen schlurfte, und ich schlüpfte ins Haus.
    Ich wusste, dass Midori im zweiten Stock wohnte. Ich hetzte die Treppe hinauf und blieb vor der Tür zu ihrer Etage stehen, um zu lauschen. Nach etwa einer halben Minute Stille hörte ich, dass irgendwo hinten auf dem Flur eine Tür aufging.
    Ich öffnete die Etagentür einen Spalt, holte meinen Schlüsselbund heraus und schob den Dentalspiegel am Türpfosten entlang, bis ich den langen, schmalen Korridor sehen konnte. Ein Japaner trat aus einer Wohnung. Er blickte hastig nach rechts und links, dann nickte er. Gleich darauf kam Midori, dicht gefolgt von einem zweiten Japaner. Der zweite hatte seine Hand auf ihre Schulter gelegt, und das nicht gerade sanft.
    Der erste überprüfte den Gang noch einmal in beide Richtungen, dann setzten sie sich in Bewegung, kamen auf mich zu. Ich zog den Spiegel zurück. An der Wand hing ein Feuerlöscher, und ich packte ihn und stellte mich rechts neben die Tür, die Seite, zu der hin sie sich öffnete. Ich zog den Sicherungsstift heraus und zielte mit dem Schlauch etwa in Augenhöhe.
    Zwei Sekunden vergingen, dann fünf. Ich hörte ihre Schritte näher kommen, hörte sie direkt auf der anderen Seite der Tür.
    Ich atmete flach durch den Mund, die Finger um den Auslösegriff des Feuerlöschers gespannt.
    Für den Bruchteil einer Sekunde sah ich die Tür in meiner Fantasie aufgehen, aber es passierte nicht. Sie waren daran vorbeigegangen, in Richtung Fahrstuhl.
    Verdammt. Ich hatte gedacht, sie würden die Treppe nehmen. Wieder öffnete ich vorsichtig die Tür, schob den Spiegel hindurch und stellte ihn so ein, dass ich sie sehen konnte. Sie hatten sie jetzt eng in die Mitte genommen, und der zweite drückte ihr etwas in den Rücken. Eine Pistole, wie ich vermutete, vielleicht aber auch ein Messer.
    Von hier aus würde ich sie nicht überrumpeln können. Sie würden mich hören, bevor ich bei ihnen war, und wenn sie bewaffnet waren, wären meine Chancen irgendwo zwischen schlecht und gleich null.
    Ich fuhr herum und sprang die Treppen hinunter. Als ich im Erdgeschoss war, rannte ich durch die Eingangshalle und blieb hinter einem Stützpfeiler stehen, an dem sie vorbeikommen mussten, wenn sie aus dem Fahrstuhl traten. Ich stützte den Feuerlöscher auf die Hüfte und schob den Spiegel um eine Ecke des Pfeilers.
    Eine halbe Minute später kamen sie in dicht gedrängter Formation heraus, was, wie man schon am ersten Tag bei den Special Forces lernt, auf

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