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Tokio Killer - 02 - Die Rache

Tokio Killer - 02 - Die Rache

Titel: Tokio Killer - 02 - Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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Vielleicht bemerkte sie es nicht.
    «Man kann ja nie wissen», sagte ich.
    Ich bezahlte die Rechnung an der Tür, wie immer in bar. Ich nahm mir eine Visitenkarte des Clubs und ging dann die Treppe hoch, ohne mich noch einmal umzublicken.
    Die frühmorgendliche Luft von Nogizaka war kühl und ein wenig feucht. Das Licht der Straßenlaternen warf schwache, gelbe Pfützen. Der Bürgersteig war glitschig vom städtischen Tau. Tokio schlummerte um mich herum, traumlos und gleichgültig.
    In Gedanken nahm ich von all dem Abschied und machte mich auf den Weg zum Hotel.

5
     
    I CH GING SOFORT INS B ETT , aber ich konnte nicht schlafen. Ich musste dauernd an Harry denken, an Harry und Yukiko. Ich wusste, dass da irgendwas nicht stimmte. Was wollte diese Frau oder diejenigen, für die sie arbeitete, von einem Jungen wie Harry?
    Ich hielt es für denkbar, dass er sich bei einem seiner Hacker-Bravourstücke einen Feind eingehandelt hatte. Aber selbst wenn dem so war – die Sache bis zu ihm hin zurückzuverfolgen, wäre eigentlich so gut wie unmöglich. Und was hätte es für einen Sinn, diese Frau auf ihn anzusetzen?
    Laut Harry hatte sein Boss ihn «zum Feiern» mit ins Damask Rose genommen, und an dem Abend hatte er dann Yukiko kennen gelernt. Wenn die Frau auf ihn angesetzt war, dann musste Harrys Boss in der Sache mit drin stecken. Ich grübelte darüber nach.
    Ich erwog, mir den Typen vorzuknöpfen. Ich könnte seinen Namen herausfinden, seine Adresse, und ihn morgens auf dem Weg ins Büro in die Mangel nehmen.
    Das schien verlockend, aber selbst wenn ich die gewünschten Informationen aus ihm herausbekäme, hätte das Folgen für Harry – möglicherweise ernste. Also ausgeschlossen.
    Blieb die zweite Möglichkeit: Vielleicht interessierte sich jemand für Harry, nur um über ihn an mich ranzukommen.
    Aber niemand weiß von Harry, dachte ich. Nicht einmal Tatsu.
    Midori wusste natürlich von ihm. Sie wusste, wo er wohnte. Sie hatte ihm den Brief geschickt.
    Nein, nie und nimmer.
    Ich stand auf und ging im Zimmer auf und ab. Midori hatte Kontakte in der Unterhaltungsbranche. Konnte es sein, dass sie diese Kontakte nutzte und jemanden auf Harry angesetzt hatte, um mich zu finden?
    Ich erinnerte mich an den letzten Abend mit ihr im Imperial-Hotel, wie ich meine Arme um sie gelegt, wie ihr Haar gerochen, wie sie geschmeckt hatte. Ich schob das Bild beiseite.
    Schließlich sah ich ein, dass es fürs Erste keine Möglichkeit gab zu erfahren, wer hinter Harrys seltsamer Romanze steckte. Also konzentrierte ich mich auf das Was, nicht auf das Wer.
    Ich bin deshalb ein schwieriges Ziel, weil ich in meinem Leben keine Fixpunkte habe – keinen Arbeitsplatz, keine Adresse, keine bekannten Geschäftspartner –, über die mich jemand aufspüren könnte. Wenn jemand hinter meine Verbindung zu Harry gekommen war, hätte er so einen Fixpunkt. Und ich musste damit rechnen, dass er ihn nutzen würde.
    Das hieß, dass Harry beobachtet wurde. Aber er war sauber gewesen, als ich mich mit ihm im Teise getroffen hatte. Das hatte er gesagt, und ich war mir absolut sicher, dass ich anschließend sauber war.
    Ich beschloss, ein Experiment durchzuführen. Es war zwar ein bisschen riskant, aber nicht so riskant, wie mit Harry bei seiner derzeitigen Geistesverfassung ein klares Wort über seine Situation zu reden. Ich würde noch eine Nacht in Tokio brauchen, um die Sache richtig zu machen. Das war kein Problem. Während ich mich an den Gewichtheber herangearbeitet hatte, war ich immer für jeweils eine Woche in angemessen anonymen Hotels in der Stadt untergekommen – längere Aufenthalte hätten Aufmerksamkeit erregen können –, und die Reservierung im New Otami galt ohnehin noch für drei Nächte.
    Ich schaute auf die Digitaluhr neben dem Bett. Es war kurz nach vier Uhr morgens. Herrje, ich hatte schon den gleichen Tagesrhythmus wie mein liebeskranker Freund. Ich würde ihn am Abend anrufen, wenn wir beide wach sein würden. Vor allen Dingen, weil Yukiko dann im Damask Rose und Harry vermutlich allein war. Je nachdem, was mein kleines Experiment ergab, könnte ich dann entscheiden, wie viel ich ihm erzählen würde.
    Ich legte mich wieder ins Bett. Das Letzte, woran ich dachte, bevor ich einschlief, war Midori, und dass sie in ihrem Brief gesagt hatte, sie wolle für meinen Geist ein Opfer darbringen.
     
    Als ich aufwachte, fühlte ich mich wie neu geboren.
    Ich würde Harry später anrufen und ein Treffen für den Abend vereinbaren. Aber

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