Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen
er sie auf die Probe stellen, ihre Reaktionen testen.
»Ja natürlich«, fuhr er fort. »Sie haben Rain in Macau kennengelernt. Die Belghazi-Sache."
"Ja."
"Alles, was wir über den Mann in Erfahrung bringen konnten, einschließlich Ihrer persönlichen Einschätzung, deutete darauf hin, dass er ungemein zuverlässig ist.«
Einschließlich Ihrer persönlichen Einschätzung. Irgendwas war schiefgelaufen, und sie würde dafür den Kopf hinhalten müssen.
»Ja«, sagte sie wieder und spürte, dass es besser wäre, möglichst wenig zu sagen.
Er hielt inne, um einen Schluck Tee zu trinken. Sie merkte, dass er sie dadurch aus der Reserve locken wollte. Sie widerstand dem Drang, das Wort zu ergreifen, und nahm selbst einen Schluck Tee. Nach einem Augenblick sprach er weiter.
»Rain wurde beauftragt, einen gewissen Manheim Lavi, genannt >Manny<, zu eliminieren, einen israelischen Staatsbürger, der zurzeit in Südafrika lebt. Manny hat auch Kontakte auf den Philippinen, und wie sich inzwischen herausgestellt hat, eine zweite Familie dort. Wir hatten herausgefunden, dass er ein Verräter ist. Er stellte seine Kenntnisse - seine äußerst umfangreichen Kenntnisse im Bombenbau - unseren Feinden zur Verfügung.«
Der Direktor würde ihr das alles nicht erzählen, wenn sie es nicht wissen müsste. Es wurde nicht offiziell ausgesprochen, aber es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass sie in die Operation eingeweiht wurde. Er hatte ihre »Einschätzung« erwähnt, um ihr zu signalisieren, dass sie für das Problem, welcher Art es auch immer war, mit verantwortlich gemacht wurde. Die Informationen, die er ihr jetzt gab, sollten ihr zu verstehen geben, dass sie dafür Sorge zu tragen hätte, das Problem zu lösen.
Sie blickte Gil an. »Warum habt ihr einen Freien engagiert? Warum die Operation außer Haus gegeben?«
»Manny hat Verbindungen«, erwiderte Gil. »Wir glauben zur CIA. Die CIA hat es nicht gern, wenn ihre Leute von befreundetem Geheimdiensten eliminiert werden.«
»Dann habt ihr also stattdessen einen Freien engagiert, der die Sache dann vermasselt hat?«
Gils Augen wurden ein wenig schmaler, und sie lächelte ihn an, um ihm zu verstehen zu geben, dass er sich soeben für seine herablassende Art ein eindeutiges »Du-kannst-mich-mal« eingehandelt hatte. Der Direktor sollte wissen, dass sie Rain zwar kannte, aber ganz und gar nicht die Absicht hatte, den wie auch immer gearteten Mist, den er gebaut hatte, herunterzuspielen oder ihn sonst wie in Schutz zu nehmen.
»Du hast uns erzählt, auf ihn wäre Verlass«, sagte Gil, und sie genoss den quengeligen Unterton in seiner Stimme.
Der Direktor winkte mit einer Hand wie ein Vater, der seine beim Abendessen zankenden Kinder ermahnt. »Es spielt keine Rolle, wie wir in den Schlamassel geraten sind. Wichtig ist, wie wir weiter vorgehen.«
Alle schwiegen einen Moment, und der Direktor fuhr fort. »Rain wollte Manny in einem Shoppingcenter in Manila auf einer Toilette ausschalten. Manny konnte entkommen, aber Rain hat dort drei andere Männer getötet. Einen Bodyguard.« Er hielt inne und blickte Delilah an. »Und zwei CIA-Officer.«
Er ließ seine Worte einen Moment lang wirken. Delilah sagte nichts, doch sie dachte, o verdammt. Dann fragte sie: »Kann die CIA sich ausrechnen, dass diese Sache auf unser Konto geht?«
»Das«, erwiderte der Direktor, »ist die große Frage.«
»Wir wissen Folgendes«, sagte Boaz. »Rain hat uns gestern angerufen und erzählt, was passiert ist. Er sagt, er habe Manny und seine Familie - eine Frau und einen kleinen Jungen - in besagtes Shoppingcenter verfolgt. Als die Frau und der Junge sich anscheinend von Manny verabschiedeten, vermutete Rain, Manny würde gleich darauf zur Toilette gehen, und hat sich dort postiert, um ihm aufzulauern. Manny kam rein, doch als Rain zuschlagen wollte, ist plötzlich der kleine Junge aufgetaucht, und Rain hat gezögert.«
»Anscheinend hat Rain Skrupel bei Frauen und Kindern«, fügte Gil hinzu.
Delilah blickte ihn an. »Hast du damit ein Problem?«
»Kommt drauf an, wie groß der Mist ist, den er gebaut hat.«
Delilah wandte sich wieder Boaz zu. »Und dann?«
»Dann ist der Bodyguard hereingestürmt. Rain glaubt, Manny hatte einen Panikknopf in seiner Tasche gedrückt. Rain hatte den Mann gerade entwaffnet, als die beiden CIA-Leute dazukamen. Rain wusste nicht, wer sie waren, und hat noch immer keine Ahnung, soweit wir wissen. Aber sie waren auch bewaffnet.«
Gil sagte: »Rain hat alle
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