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Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen

Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen

Titel: Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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eine Hand. »Delilah, kennen Sie den Mann besser, als die Akte vermuten lässt?«
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen«, sagte sie. Natürlich wusste sie es, aber wenn er die Frage beantwortet haben wollte, dann sollte er wenigstens die Unannehmlichkeit ertragen, sie zu stellen. »Hatten Sie eine ... persönliche Beziehung zu ihm?« Sie zögerte, dann sagte sie: »Darauf werde ich nicht antworten.«
    Am Rand ihres Gesichtsfeldes sah sie in Boaz' Augen sowohl Bewunderung als auch Mitgefühl. In Gils sah sie Überraschung, dass sie sich so ins eigene Unglück stürzte, etwas, wozu er selbst nicht fähig wäre. Dazu fehlte es ihm einfach an Rückgrat. Der arme Gil. Er verstand nicht, dass für sie wesentlich weniger auf dem Spiel stand als für ihn. Er war auf dem Weg nach oben. Er wollte richtig Karriere machen. Sie wusste, dass das für sie nicht möglich war. Schon in ein paar Jahren würde sie zu alt für das sein, was sie tat, und dann würden sie ihr einen Schreibtischjob geben oder sie als Ausbilderin unterbringen, und sie würde übergangen, ignoriert und vergessen werden. Was also hatte sie unter diesen Umständen zu verlieren?
    Der Direktor trommelte mit den Fingern auf dem Tisch, sagte dann: »Ich frage nicht aus persönlichen, sondern aus beruflichen Gründen. Diese Information ist nämlich mit entscheidend für unser weiteres Vorgehen in dieser sehr ernsten Angelegenheit.«
    Delilah sah ihm in die Augen. »Ich beantworte die Frage trotzdem nicht. Wenn ich heute zulasse, dass Sie diese Grenze überschreiten, werden Sie es morgen wieder tun.«
    Er sah sie einen langen Augenblick an, dann schmunzelte er und drängte sie nicht weiter. Sie war ihm dafür dankbar. Aber warum sollte er sie auch drängen? Durch ihre Weigerung hatte sie seine Frage doch bereits beantwortet.
    Gil blickte verwirrt, dann völlig ratlos. Hatte sie dem Direktor vielleicht gerade imponiert?
    »Delilah«, sagte Boaz. »Glaubst du ... du kommst an Rain ran?«
    »Du meinst, um ihm eine Falle zu stellen?« Boaz nickte.
    »Ich weiß nicht. Ich kann's versuchen.«
    Die drei entspannten sich leicht auf ihren Stühlen, als wäre ihnen plötzlich eine große Last von den Schultern genommen worden, und in diesem Moment wusste sie plötzlich, worum es bei dem Gespräch vor ihrem Eintreffen gegangen war: Ob sie mit ihm geschlafen hat? Wird sie tun, was wir von ihr wollen? Können wir ihr vertrauen?
    »Aber wozu braucht ihr mich?«, fragte sie. »Ihr habt euch mit ihm getroffen, also wisst ihr doch offenbar, wie ihr mit ihm in Kontakt treten könnt.«
    »Wenn wir ihn jetzt um ein Treffen bitten«, sagte Boaz, »wird ihn das misstrauisch machen. Wir müssen ihn irgendwie dazu bringen, dass er nicht ganz so auf der Hut ist.«
    »Er könnte auch bei mir misstrauisch werden«, sagte sie. »Unter den gegebenen Umständen."
    "Wir verlassen uns darauf, dass du ihm das Misstrauen nimmst«, sagte Gil. »Darin bist du doch unschlagbar.«
    Sie blickte ihn an, überging aber seinen ironischen Unterton. »Wie wollt ihr es anstellen?«
    Gil winkte ab, als wäre das eine Kleinigkeit. »Du kontaktierst ihn und fährst mit ihm irgendwohin, eine kleine romantische Erholung. Wenn der Zeitpunkt günstig ist, kontaktierst du mich.«
    »Wer ist der Schütze?«
    »Ich.«
    »Er kennt dein Gesicht. Wie willst du nah genug an ihn rankommen?«
    »Er wird mich nicht sehen.«
    Sie hätte fast gelacht. »Du weißt nicht, mit wem du es zu tun hast.«
    »Er ist ein Versager. Er ist so gut wie tot.«
    Sie musste daran denken, was Rain mit dem Typen im Fahrstuhl in Macau gemacht hatte. Gerade hatte er noch seelenruhig mit ihr gesprochen, und im nächsten Augenblick hatte er dem Mann das Genick gebrochen, völlig übergangslos.
    »Wenn er dich sieht«, sagte sie, »weiß er, dass ich ihn in die Falle gelockt habe.«
    »Dann erledige es selbst.«
    Sie antwortete nicht.
    »Er wird mich nicht sehen«, sagte Gil. »Und außerdem weißt du, was du zu tun hast.«
    Ein langes Schweigen trat ein. Sie war es gewohnt, schwere Entscheidungen rasch und unter Druck zu treffen, und als der Direktor schließlich das Wort ergriff, hatte sie sich entschieden.
    »Machen Sie es?«, fragte er und blickte sie an, die Miene offen, der Tonfall freundlich.
    »Wann habe ich jemals nein gesagt?«, erwiderte sie.
    »Niemals«, sagte Gil, und in den zwei Silben schwang das Wort Hure mit.
    Sie sah ihn an. Als sie sprach, klang ihre Stimme wie gefrorene Seide.
    »Doch, ein einziges Mal, Gil.«
    Er wurde rot, und sie

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