Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen

Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen

Titel: Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
Vom Netzwerk:
sind nicht das, wonach sich das Schwert im Grunde seiner Seele sehnt. Trotzdem macht dieser Wesenskern das Schwert weder gut noch schlecht; der moralische Wert des Schwertes wird vielmehr dadurch bestimmt, wofür es eingesetzt wird. Es gibt den Unterschied zwischen Katsujinken, dem Schwert, das Leben spendet, auch »Waffe der Gerechtigkeit«, und Setsuninto, dem Schwert, das den Tod bringt, auch »Waffe der Vernichtung«. In dem Traum hätte mich irgendetwas Namenloses beinahe erwischt, weil ich unfähig war, mich zu entscheiden. Ich konnte es mir nicht leisten, diesen Fehler in meinem Leben zu wiederholen.
    Konnte ich Katsujinken werden? War das die Antwort? Durch das Ausschalten von Belghazi in Hongkong im Jahr zuvor war der Verkauf von Raketen mit Atomsprengköpfen an Terroristen verhindert worden, die sie in städtischen Ballungsgebieten zünden wollten. Hatte ich dadurch nicht unzähligen Menschen das Leben gerettet? Und konnte so etwas die anderen Dinge, die auf mein Konto gingen, nicht irgendwie ... aufwiegen?
    Der Gedanke war reizvoll und beängstigend zugleich: reizvoll, weil er die Aussicht auf Erlösung verhieß; beängstigend, weil er die Gewissheit akzeptierte, dass am Ende über mich gerichtet werden würde, so oder so.
    Ich lachte wehmütig in mich hinein. Katsujinken und Erlösung ... Ich würde weiterhin versuchen, Ost und West miteinander in Einklang zu bringen, bis es mich irgendwann umbrachte.
    Ich dachte an Manny. Er war wie Belghazi, oder? Sein Tod würde viel Gutes zur Folge haben.
    Und sein kleiner Junge würde jahrelang um ihn trauern.
    Ich dachte daran, wie behutsam Dox mich gefragt hatte, ob ich Angst hätte, ich könnte noch einmal auf der Stelle erstarren, und mit welch schlichtem Vertrauen er mir geglaubt hatte, als ich erwiderte, er brauchte sich keine Sorgen zu machen.
    Und plötzlich erschien mir das Gefühl, mich nicht von der Stelle rühren zu können, festzustecken in irgendeiner namenlosen Vorhölle zwischen konkurrierenden Weltanschauungen, als die allerschlimmste Möglichkeit. Es war der falsche Zeitpunkt für philosophische Überlegungen, für quälende Zweifel. Es war mir egal, was es kostete. Es war mir egal, ob es richtig oder falsch war. Ich würde zu Ende bringen, was ich angefangen hatte.
    Ich spürte, wie sich die vertrauten Schotten in meinem Kopf schlossen, meine Emotionen wegsperrten, sodass ich mich allein auf das Wesentliche konzentrieren konnte: auf das, was ich tun musste, und darauf, wie ich es anstellen würde. Irgendein blutleerer, losgelöster Teil von mir betätigte die Knöpfe und Schalter, damit geschah, was geschehen musste. Dieses Gefühl, was immer es auch war, hatte mir schon unzählige Male in meinem Leben gute Dienste geleistet. Ich weiß nicht, ob andere Leute das auch haben, aber es ist Teil meines Wesens, Teil dessen, was mich zu dem macht, was ich bin. Aber als die Trennwände diesmal an ihre gewohnte Stelle rückten, fragte sich der Teil von mir, der dahinter weggesperrt wurde, ob das nicht eine weitere Verfehlung war, eine weitere Sünde. Einer schwierigen Erkenntnis so nahe gewesen zu sein und sich dann bewusst von ihr abzuwenden ...
    Ich lehnte mich im Sessel zurück und blickte ins Leere. Ich fing an, darüber nachzudenken, wie wir es machen konnten, damit auch wirklich nichts schiefging.
    Ich war ein einziges Mal im China Club gewesen und wusste so ungefähr, wie die Räumlichkeiten angeordnet waren. Der Club befand sich in den oberen drei Etagen des ehemaligen Gebäudes der Bank of China im Central District. Die Aufzüge fuhren bis in den dreizehnten Stock, die nächsten beiden Stockwerke waren nur über interne Treppen zugänglich.
    Ich würde früh da sein und mir unter einem Vorwand Einlass verschaffen müssen. Vielleicht würde ich mich als jemand ausgeben, der sich im Auftrag eines japanischen Firmenmoguls einen Eindruck von dem Club machen wollte, bevor sich der Boss entschied, ob die Mitgliedschaft die Riesensumme Yen wert wäre. Die Masche war gut. Ich hatte sie schon öfters benutzt, und jedes Mal hatte der Gastgeber sich förmlich überschlagen, um sein Etablissement ins beste Licht zu rücken und alle meine Fragen zu beantworten.
    Das Problem war, dass Manny mein Gesicht jetzt kannte. Natürlich konnte ich mein Äußeres leicht verändern, was sich ohnehin empfahl, da das Gebäude außen und innen höchstwahrscheinlich von Kameras überwacht wurde. Außerdem kann ich mich völlig unauffällig machen, wenn es nötig ist. Aber auch

Weitere Kostenlose Bücher