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Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen

Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen

Titel: Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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andere, bessere Wege, Wege, die ich aufgrund dieser langen und unseligen Gewohnheit nicht mehr sehen konnte.
    Ja, vielleicht. Aber das Gefühl, hier im Dunkeln zu sitzen und noch einmal im Kopf durchzugehen, was die Operation am nächsten Tag alles erforderte, war mir im Augenblick so vertraut, dass darin das bedrückende Gewicht von Vorherbestimmung mitschwang.
    Ich töte, seit ich den ersten Vietkong erschoss, am Fluss Xe Kong, als ich siebzehn war. Eine Weile hatte ich gewusst, wie viele es waren, aber irgendwann vor langer Zeit verlor ich dann völlig die Übersicht, was Midori entsetzt hatte, wohl zu Recht, als sie mich danach fragte. Waren es wirklich bloß die Umstände, die mich dazu gebracht hatten, so früh damit anzufangen und so lange weiterzumachen, oder war etwas in mir, das zu mir gehörte?
    So viele Leute schienen in mir den Killer zu erkennen. Tatsu. Dox. Die Psychologen bei der Army. Carlos Hathcock, der legendäre Scharfschütze, den ich einmal in Vietnam getroffen hatte.
    Warum dagegen kämpfen?, dachte ich. Akzeptier es einfach, so wie es ist.
    Mit fiel ein Bibelspruch ein, von einem Gottesdienstbesuch in der Kindheit. Aus Matthäus, glaub ich, wo Jesus sagte: Stecke dein Schwert an seinen Ort! Denn wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen.
    Ich dachte einen Moment darüber nach.
    Unsinn, Gott ist das doch egal. Wie Dox gesagt hat: Wenn es ihm nicht egal wäre, hätte er inzwischen etwas getan.
    Wenn er etwas täte - würdest du es überhaupt erkennen? Würdest du dem Beachtung schenken? Bestimmt, wenn er mich zerschmettern würde oder so was Ähnliches. Denn genau das würde ich an seiner Stelle tun.
    Aber vielleicht war das ja der springende Punkt. Die ganze Zeit hatte ich erwartet - ja, verlangt -, dass Gott mich für meine Sünden bestraft. Und mir dadurch seine Existenz bewies. Aber was, wenn Gott mit Strafen nichts am Hut hatte? Wenn nur der Mensch so etwas tat und Gott subtilere Kommunikationsformen bevorzugte, die Männer wie ich lieber ignorierten?
    Ich beugte mich vor, stützte die Ellbogen auf die Knie und blickte auf meine Hände, als könnten sie mir irgendeine Antwort geben. Ich wünschte, die Müdigkeit würde mich überkommen. Ich wollte einfach nur noch schlafen.
    Ich dachte an Musashis Gorin-no-sho, das Buch der fünf Ringe, das ich so oft gelesen hatte. Musashi hatte über sechzig Schwertduelle bestritten und bei einem halben Dutzend großer Schlachten mitgekämpft, ohne dass er seine Taten moralisch angezweifelt hätte. Für ihn war es offenbar ganz normal, dass Menschen kämpften, töteten und starben, und ich glaubte nicht, dass er sich darüber länger Gedanken gemacht hatte als darüber, dass Menschen atmeten und aßen und schliefen. Das eine war so natürlich und unveränderlich wie das andere. Was für ihn zählte, war Können.
    Irgendwie hatte Musashi, als er älter war, einen Weg gefunden, das Schwert aus der Hand zu legen. Mit Ende fünfzig verbrachte er seine Zeit überwiegend damit, zu unterrichten, zu malen, zu meditieren, die Teezeremonie zu praktizieren und Gedichte zu schreiben. Und natürlich sein tiefgründiges Buch zu verfassen. Am Ende schaffte er es sogar, in seinem Bett zu sterben. Diese Vorstellung missfiel mir ganz und gar nicht. Ich wusste nur nicht, wie mir das gelingen sollte, wenn ich keinen Weg fand, aus dieser Branche auszusteigen.
    Ich fragte mich, wie Menschen die Bilanz ihres Lebens ziehen? Woraus schöpfen sie ihre Befriedigung, das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun? Während ich allein in dem dunklen Zimmer saß, versuchte ich, meine eigene Existenz irgendwie auf den Punkt zu bringen, zu rechtfertigen, wer ich bin. Und das Einzige, was unterm Streich herauskam, war: Du bist ein Killer.
    Ich stützte den Kopf in die Hände. Etwas anderes wollte mir einfach nicht einfallen. Töten ist das Einzige, was ich je richtig gut gekonnt habe. Töten und selbst Überleben.
    Aber vielleicht ... vielleicht kam es ja gar nicht darauf an. Meine Natur, mein Wesen mochte unveränderlich sein, aber ich konnte immerhin entscheiden, für welche Zwecke ich dieses Wesen einsetzte. Und dann kam mir die Erleuchtung: der Traum, den ich gehabt hatte, der über die beiden Katana. Genau darum war es in dem Traum gegangen.
    Ein Schwert mag ja noch für andere Zwecke benutzt werden, aber es ist seinem Wesen nach ein Tötungsinstrument. Natürlich kann man es als Wandschmuck oder als Brieföffner verwenden, doch es ist nicht dafür gedacht. Solche Verwendungen

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