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Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung

Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung

Titel: Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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solange er konnte. Wahrscheinlich würde er das auf Dauer nicht durchhalten, aber sie hatten vor, ihm Angst einzujagen, und er würde ihnen weiß Gott nicht den Gefallen tun, tatsächlich Panik zu zeigen.
    Jedenfalls nicht, solange es sich irgendwie vermeiden ließ.

5
    HILGER ZOG EINEN STUHL heran und setzte sich Dox gegenüber. Er betrachtete den kräftigen Mann einen Moment lang, so still und leidenschaftslos wie ein Wissenschaftler, der eine Mikrobe studiert. Er wollte Dox begreiflich machen, dass er ihn nicht als Menschen sah, sondern lediglich als Probanden, als Mittelpunkt einer Reihe von Wenn-dann-Abfolgen, die für Hilger nur im Hinblick auf ein bestimmtes Resultat von Interesse waren.
    »Ich werde das hier für Sie so einfach machen, wie ich kann«, sagte Hilger mit leiser Stimme und in einem sachlichen Tonfall. »Es besteht keinerlei Notwendigkeit, dass Sie leiden oder auch nur Unannehmlichkeiten erdulden müssen. Die Information, um die es mir geht, wird niemandem schaden oder irgendwen in Gefahr bringen. Sie ermöglicht es mir lediglich, Kontakt zu jemandem aufzunehmen. Mehr nicht.«
    Dox grinste. »Die Ladys in meinem schwarzen Büchlein hätten kein Interesse an dir, Amigo. Tut mir leid, aber so sieht’s aus. Die haben nun mal eine Vorliebe für attraktive Machos wie mich.«
    Hilger seufzte. Er hatte schon viele Männer in Dox’ Lage gesehen. Was sie alle gemein hatten, war Angst. Unterschiedlich war nur – und das war interessant –, wie sie versuchten, damit umzugehen.
    Manche Männer wurden im Angesicht der Folter aggressiv und schrien herum. Manche Männer fingen an zu winseln und zu betteln. Beide Sorten waren im Grunde zwei Seiten derselben Medaille: Ihr Fokus war der Vernehmer, und deshalb brachen sie in der Regel auch leicht zusammen. Sobald sie merkten, dass Wut und Betteln sinnlos waren, dass sie keine menschliche Verbindung herstellen konnten, die sie vor weiteren Schmerzen und Qualen bewahren würde, knickten sie ein, und die Informationen sprudelten nur so aus ihnen heraus.
    Ein weiterer Typ Mann verstummte, noch ehe das Verhör begann, und gab auch später kein Wort von sich, nicht mal, wenn er vor Schmerzen schrie. Diese Männer waren beherrschter und deshalb schwieriger zu knacken. Sie erwarteten nichts von ihrem Vernehmer. Sie nahmen ihn weniger als menschliches Wesen wahr, sondern eher als eine Naturgewalt wie schlechtes Wetter oder eine Krankheit. Nicht als etwas, mit dem man vernünftig reden oder verhandeln konnte, das sich irgendwie beeinflussen ließe, sondern als etwas, das man nur erdulden konnte.
    Eine ebenfalls ungemein zähe Sorte kam nach Hilgers Erfahrung am seltensten vor. Das waren die Männer, die unter Druck auf eine Art Kernpersönlichkeit zurückgriffen, aus der sie Kraft und Trost schöpften. Dox gehörte offenbar der letzten Kategorie an. Diese Menschen wendeten sich nicht von dem Vernehmer ab, aber sie versuchten auch nicht, ihn zu beeinflussen. Hilger hätte nicht sagen können, ob Dox klar war, was er da tat, aber mit seinen Witzeleien wollte er beweisen, dass er immer noch er selbst war. Und solange er noch er selbst war, hatte er nach wie vor die Kontrolle, und alles konnte nicht so schlimm sein.
    Genau deshalb waren Männer wie Dox so schwer zu brechen. Es war nicht nur eine Frage von Schmerzen. Schmerzen waren etwas Oberflächliches. Ein Mann wie Dox konnte nur tief im Innern gebrochen werden. Schon bei einem Dschihadisten war so etwas eine unangenehme Aufgabe, bei einem Amerikaner, einem ehemaligen Soldaten wie Dox, konnte es wirklich grauenvoll sein.
    »Aus Ihrer Akte weiß ich, dass Sie das SERE-Training absolviert haben«, sagte Hilger. »Hat man mit Ihnen auch Waterboarding gemacht?«
    SERE war die Abkürzung für eine militärische Spezialausbildung und stand für Survival, Evasion, Resistance, Escape. Der Zweck der Frage war ein zweifacher: erstens, um Erinnerungen zu wecken, die Beklemmung auslösen würden; zweitens, um anzudeuten, dass Hilger eine Menge über Dox wusste, dass er ihn vollständig in der Hand hatte.
    »Sagen Sie’s mir«, erwiderte Dox, und Hilger dachte: Touché.
    »Hat man«, fuhr Hilger fort. »Sie haben fast fünf Minuten durchgehalten. Ihre Ausbilder waren beeindruckt.«
    Dox lächelte. »Die haben mir ein Fleißkärtchen gegeben.«
    »Wenn es nicht im Klassenraum stattfindet, ist es anders. Schlimmer.«
    Dox blickte auf seine gefesselten Füße. »Ach wissen Sie, nur weil die derzeitigen Weicheier an der Regierung sagen,

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